Hartz IV Ratgeber: ALG II Anspruch für Kinder

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Hartz IV Ratgeber: Anspruch auf ALG II Sozialleistungen für Kinder, Schüler und Jugendliche

Mit Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches II (SGB II, auch Hartz IV genannt) am ersten Januar 2005 wurden auch Änderungen in den Familienverhältnissen wirksam. Genauer gesagt: die Wahrnehmung (armer) Privatverhältnisse durch das Gesetz hat sich mehrfach geändert. 2005 zählten z. B. 18-jährige Kinder nicht mehr zur Familie, die im SGB II-deutsch nun Bedarfsgemeinschaft heißt und die im Übrigen auch aus nur einer Person bestehen kann. Ein Jahr später, nach einer Hetzkampagne gegen junge Erwachsene, wurden diese jedoch wieder Teil der Familie, wenn sie noch bei ihren Eltern wohnen und zwischen 18 und 25 Jahren alt sind. Seither können junge Erwachsene in Deutschland eher nach Afghanistan in den Krieg als von zuhause ausziehen.

Letzteres dürfen sie vor Erreichen des 25 Lebensjahres mit Erlaubnis der ARGE nämlich nur in besonderen Fällen (z.B bei ständigem massiver Streit mit den Eltern). Mit der Einführung der bedarfsabhängigen Sozialleistung für erwerbsfähige Menschen, dem Arbeitslosengeld II (Alg II), wurden Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf dem Niveau der Sozialhilfe zusammengeführt. „Die vorgesehenen Regelsätze schützen jedoch nicht vor Armut,
sondern schreiben sie fest“, so der Paritätische Wohlfahrtsverband einleitend in seiner Broschüre: „zum Leben zu wenig“. Bundesweit lebt inzwischen jedes 5. Kind in Armut. Kinder gut verdienender Eltern haben, lt. den Ergebnissen des 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, 7,4-fach bessere Chancen ein Studium zu beginnen als Kinder von Eltern niedriger Einkommen. Damit die geringen Möglichkeiten von Kindern, die in Bedarfsgemeinschaften leben, auch genutzt werden können, sollen diese hier zusammengefasst und im Überblick dargestellt werden.

Hartz IV Regelsätze für Kinder
Kindern von 0 -5 Jahren wird ein monatlicher Betrag von 215 € als bedarfsdeckend zugestanden, Kindern von 6 – 13 Jahren 251 € und von 14 bis 17 Jahren 281€. Die Höhe der ALG II Regelleistung für Kinder wird dabei anhand der Regelleistung von Erwachsenen bestimmt. Sie ist aber nicht unabhängig von der politischen Entwicklung zu sehen. Das zeigt die Einführung eines höheren Bedarfs für Kinder zwischen 6 – 13 Jahren zum 1 Juli 2009 (vorher wurden Kinder von 0 – 13 Jahren in einen Topf geworfen!). Diese Unterscheidung, die der Gesetzgeber eigentlich mit der
Einführung des Alg II abgeschafft hatte, hat er vor allem wegen des Drucks von Erwerbslosen und ihren Verbände wieder ins Gesetz geschrieben. Und zwar, nachdem das Landessozialgericht Hessen und das Bundessozialgericht unsere Kritik an der mangelnden Differenziertheit der Kinder- Regelsätze aufgegriffen hatten. Zusätzlich gibt es noch für einige weinge Sonderbedarfe zusätzliche Leistungen.

Schwangerschaft & ALG Bezug
Werdende Mütter können ab der 13. Schwangerschaftswoche einen Mehrbedarf von 17% des jeweiligen Regelsatzes geltend machen. Also bei allein lebenden Schwangeren 17% von 359,00 € und bei in Ehe oder eheähnlich lebenden 17% von 323,00 Euro.

Für die Erstausstattung bei Schwangerschaft ist, wie schon in der Sozialhilfe, eine einmalige Beihilfe zu zahlen. Meistens wird eine Pauschale in Höhe von 77,00 € gewährt. Wird ein höherer Bedarf nachgewiesen, so muss die Besonderheit des Einzelfalles geprüft werden und evtl. im Widerspruchs- oder/ und Klageverfahren durchgesetzt werden. Schwangere, die nicht krankenversichert sind, haben Anspruch auf alle Kassenleistungen wie ärztliche Behandlung, Hebammenhilfe, Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln, stationäre und häusliche
Pflegeleistungen usw. (§ 50 SGB XII) und auch Schwangerschaftsabbruch. (Anträge sind bei den Krankenkassen zu stellen) Zusätzlich können, i. d. R. bis zum Ablauf des dritten Schwangerschaftsmonats, Leistungen der Bundesstiftung „Mutter und Kind“ beantragt werden, die nicht auf das Alg II angerechnet werden dürfen.

Etwa 8 – 12 Wochen vor Geburt eines Kindes kann ein Antrag auf Erstlingsausstattung gestellt werden. Auch hier werden meistens Pauschalen in Höhe von 154 € gezahlt. Dieser besondere Bedarf ist ebenfalls nicht in der Hartz IV Regelleistung berücksichtigt. Die Erstlingsausstattung gehört zum Bedarf der Mutter. (BVerwG 18 Otober 1990, FEVS 41, 309; § 15 Abs. 1 SGB XII; OVG Rheinland-Pfalz 30.03.2000, FEVS 2001,15)

Geburt
Neugeborene Kinder haben einen Bedarf für die Erstausstattung für die Wohnung (§ 23 Abs.3 Nr.2 SGB II), d. h. für z. B. die Wickelkommode, das Kinderbett, Matratze etc. Auch hier werden Pauschalen geleistet, beispielsweise in Oldenburg in Höhe von 158,00 Euro. Es muss also um die Übernahme aller tatsächlichen Kosten gekämpft werden!

Erziehungsgeld / Elterngeld

Arbeitslose Frauen und Männer mit Alg II- Bezug können 12 Monate lang Elterngeld in Höhe von 300 € je Kind bekommen, die nicht auf Alg II angerechnet werden. Weitere 2 Monate Elterngeld gibt es dazu, wenn auch der Partner bzw. die Partnerin das Kind zusätzlich 2 Monate betreut.

Kindergeld
Kindergeld wird als Einkommen auf die Regelleistung angerechnet und ist somit auch zu bereinigen (§ 11 Abs.1, 2). Für das 1. bis 3. Kind erhalten Sie z. Zt. je 154,00 €, für jedes weitere 179,00 €, ab dem 4. Kind wird die Summe der Kindergelder auf jedes Kind gleichmäßig verteilt. Kindergeld wird grundsätzlich bis zum 18. Lebensjahr gezahlt, arbeitssuchend gemeldeten Jugendlichen bis zum 21. Lebensjahr. Während eines Schulbesuchs oder einer Berufsausbildung bis zum 27. Lebensjahr, ebenso, wenn eine Berufsausbildung mangels eines Ausbildungsplatzes nicht begonnen oder fortgesetzt werden kann.

Kindergeld
Kindergeld wird als Einkommen auf die Regelleistung angerechnet und ist somit auch zu bereinigen (§ 11 Abs.1, 2). Für das 1. bis 3. Kind erhalten Sie z. Zt. je 154,00 €, für jedes weitere 179,00 €, ab dem 4. Kind wird die Summe der Kindergelder auf jedes Kind gleichmäßig verteilt. Kindergeld wird grundsätzlich bis zum 18. Lebensjahr gezahlt, arbeitssuchend gemeldeten Jugendlichen bis zum 21. Lebensjahr. Während eines Schulbesuchs oder einer Berufsausbildung bis zum 27. Lebensjahr, ebenso, wenn eine Berufsausbildung mangels eines Ausbildungsplatzes nicht begonnen oder fortgesetzt werden kann. Minderjährige sind lt. Bundeskindergeldgesetz (BKGG) nicht Kindergeld berechtigt. D.h. das Kindergeld gilt als Einkommen der Eltern. Ausnahme: Wenn das Kind mit Unterhalt, Kindergeld und Wohngeld seinen eigenen Bedarf einschl. der Unterkunftskosten
decken kann. Dann darf die ARGE den Teil des Kindergeldes bei den Eltern abrechnen, den das Kind nicht selbst für seinen Lebensunterhalt braucht. In diesem Sonderfall muss die ARGE aber jeweils 30 € Versicherungspauschale für das Kind und den Elternteil, mit dem es zusammenlebt, absetzen.

Tipp:
Ab 18-jährige, die nicht bei den Eltern wohnen, müssen, wollen sie das Kindergeld auf ihrem Konto erhalten, einen Antrag bei der Kindergeldkasse stellen. Die Behörde darf das Kindergeld nur dann anrechnen, wenn es auch tatsächlich gezahlt wird.

Kindergarten
Zwischen dem 3. Lebensjahr und dem Schuleintritt haben Kinder einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Die Übernahme der Kindergarten- beiträge müssen beim Jugendamt beantragt werden. Da Alg II-BezieherInnen immer unterhalb der Einkommensgrenze liegen, steht ihnen ein kostenloser Halbtagsplatz zu. Essen die Kinder in der Tagesstätte zu Mittag, dann werden in Oldenburg pauschal 28 € von der Regelleistung abgezogen (OVG Bremen, 21 April 1998 FEVS 51, 521 ff). Reisen der Kindergartengruppe können im Rahmen der Jugendhilfe übernommen
werden. Wenn Sie erwerbstätig sind, gehören die Kindergartenbeiträge zu den Werbungskosten (§ 11 Abs. 2 Nr. 5) und es ist zu prüfen, ob damit
die Werbungskostenpauschale überschritten wird. Ist das der Fall, können Sie beim Finanzamt die höhere Pauschale eintragen lassen und dadurch ihr Nettoeinkommen erhöhen.

Schule
Schülerinnen und Schüler in allgemeinbildenden Schulen (Grund-, Haupt-, Realschulden, Gymnasien) bis zum 18. Lebensjahr sind Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft und erhalten bis zum 14. Lebensjahr sog. Sozialgeld, ab dem 15. Lebensjahr beziehen sie als Erwerbsfähige Alg II (207 € bzw. 276 €). Wer nicht auf eine allgemeinbildende Schule geht, muss sich beraten lassen; hier wird’s komplizierter. Die früher in der Sozialhilfe geleisteten einmaligen Beihilfen sind bis auf Ausnahmen jetzt pauschal in der Regelleistung enthalten. Das SGB II sieht eine einmalige Beihilfe für mehrtägige Klassenfahrten vor, die ausdrücklich nicht pauschaliert werden darf, sondern in jedem Fall in der tatsächlichen Höhe zu erstatten ist. Dies hat das Bundessozialgericht gerade klar bestätigt (BSG, Az: B 14 AS 36/07 R) und damit sparwütigen Kommunen einen Riegel vorgeschoben.

Und der Schulbedarf … ?
… ist in der Regelleistung nicht vorgesehen und wurde 2005 auch bei den einmaligen Leistungen nicht berücksichtigt. Ab 2009 sollen dafür nun je Kind unter 25 Jahre an allgemeinbildenden oder Berufsschulen im Jahr 100 € Beihilfe (Schulbedarf) gezahlt werden (§ 24a SGB II). Das Geld sollen die Behörden im August automatisch mit dem laufenden Alg II auszahlen. Schularbeitshilfen, Hausaufgabenhilfen laufen im Rahmen der Hilfe zur Erziehung, diese Lernhilfen sind einkommensunabhängig und müssen beim Jugendamt beantragt werden. Kinder mit Lese und/ oder Rechtschreibschwäche werden in diesem Rahmen gefördert. Infos: Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V. PF 1107, 30175 Hannover

Schülermonatskarte
Laut Urteil des Sozialgerichts Aurich (S 13 SO 18/05) sind abzüglich des im Regelsatz für „Verkehr“ vorgesehenen Anteils von
6%, die übersteigenden Kosten vom Träger des Alg II darlehensweise zu übernehmen. Inwieweit das Darlehn zurück gezahlt wird, unterliegt der Ermessensentscheidung des Trägers. Weiteres zur Schülermonatskarte & Hartz IV Bezug

Alleinerziehende:
Wer ohne Partner mit minderjährigen Kindern zusammenlebt und allein für deren Pflege und Erziehung sorgt, hat Anspruch auf einen Zuschlag für Alleinerziehende (Höhe des Zuschlags s. Tabelle). Diesen ALG II-Zuschlag erhalten auch minderjährige Kinder, die im Haushalt ihrer Eltern mit ihrem Kind zusammen leben.
Kinderzuschlag (§ 6 BKGG)

Die Berechnung des Kinderzuschlags ist kompliziert und die Einzelheiten darüber sollten in den ausführlichen Artikeln in den Leitfäden nachgelesen werden. Hier nur ein kurzer Einblick: Kinderzuschlag erhalten Eltern, die einerseits soviel verdienen oder über ein so großes Vermögen verfügen,
dass sie zwar sich selbst, nicht aber die im Haushalt lebenden minderjährigen Kinder unterhalten können. Diese Eltern erhalten unter Anrechnung
des ihren Eigenbedarf übersteigenden Einkommens bzw. Vermögens so viel Kinderzuschlag (max. 140,00 € je Kind) wie sie benötigen, um mit dem Kindergeld und sonstigem Einkommen (oder Vermögen) der Kinder den durchschnittlichen SGB II-Bedarf minderjähriger Kinder in den Bedarfsgemeinschaften sicher zu stellen. Der Kinderzuschlag wird längstens für 36 Monate gezahlt. Zwar werden Zuschlagsberechtigte nach SGB II-Maßstäben einer Bedürftigkeitsprüfung unterworfen, sie haben aber nicht dieselben Mitwirkungspflichten und unterliegen auch nicht den gleichen Kontrollen wie Alg II-BezieherInnen.

Der Kinderzuschlag wird als Ergänzungsleistung zum Kindergeld schriftlich bei der Familienkasse der zuständigen Arbeitsagentur beantragt. Wer sich nicht sicher ist, ob die Familie Alg II berechtigt ist oder den Kinderzuschlag erhält, sollte in jedem Fall den Antrag auf Alg II stellen um keine Zeit ohne Geld zu riskieren. Alg II wird erst ab Antragstellung gezahlt, der Antrag auf Kinderzuschlag kann auch rückwirkend gestellt werden. Es ist die Aufgabe des SGB II-Trägers (also der ARGE) den vorrangigen Anspruch festzustellen und ggf. an die Familienkasse und das Wohngeldamt zu verweisen. (11.09.2009)