Hartz IV Ratgeber: Schwangerschaft & Eltern

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Hartz IV: Schwangere und Eltern von Kindern unter 3 Jahren haben im SGB II besondere Rechte, allerdings auch bestimmte Pflichten.

Dieser Hartz IV Ratgeber soll Eltern von Kindern unter drei Jahren sowie schwangeren Müttern im Arbeitslosengeld II (ALG II) Bezug helfen, sich im Arge Dschungel zu recht zu finden. Weitere Ratgeber finden Sie auch in unserem Hartz4 Forum.

Mehrbedarfe
– Ab der 13. Schwangerschaftswoche hat die Schwangere Anspruch auf 17% Mehr, berechnet von ihrer maßgeblichen Regelleistung (80%, 90% oder 100% des Regelsatzes; § 21 Abs. 2 SGB II).

– Während der Schwangerschaft hat die Schwangere Anspruch auf Erstausstattungen für Schwangerschaftsbekleidung (§ 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB II).

– Unmittelbar vor der Geburt hat die Schwangere Anspruch auf Erstausstattungen für das Baby (§ 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB II).

Zur dieser Erstausstattung gehört das, was nicht vorhanden ist und benötigt wird. Zu beachten ist dabei, dass jedes Kind einen eigenen Anspruch auf Erstausstattung hat. Es ist also nicht zulässig, bei Mehrlingsgeburten den Anspruch zu kürzen. Einen Überblick über den Umfang der Erstausstattung bietet dieses Dokument ab Seite 43: pdf. Sofern man Gelder zur Erstausstattung bei anderen Organisationen erhält, werden diese auf die Leistungen des § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB II angerechnet und mindern diese entsprechend, stellen aber aufgrund ihrer Zweckbindung kein Einkommen dar. Erforderlich für die Geltendmachung dieser Ansprüche ist der Nachweis der Schwangerschaft und des vorr. Entbindungstermins, i.d.R. durch Vorlage und Kopie der 1. Seite des Mutterpasses.

Unterhalt
Aufgrund Schwangerschaft und Geburt entstehen nach BGB Ansprüche der Schwangeren/Mutter und des Kindes bzw. dem Leistungsträger gegenüber den Kindsvater, insbesondere wenn dieser auch nach der Geburt des Kindes nicht mit der Schwangeren zusammen lebt. Nach § 1615l BGB hat der Kindsvater der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren. Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten, die infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung außerhalb dieses Zeitraums entstehen, wozu u.a. die Kosten der Erstausstattung der Schwangeren und des Kindes nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB II gehören. Nach der Geburt besteht der Anspruch des Kindes auf Unterhalt. Falls der Kindsvater nicht zahlt, zahlungsunfähig ist oder unbekannt, besteht Anspruch auf Unterhaltsvorschuß des Jugendamtes. Diese Ansprüche muss die Schwangere/Mutter geltend machen, da diese den Leistungen des SGB II vorrangig sind. D.h. konkret, dass hinsichtlich der Geltendmachung dieser Ansprüche Mitwirkungspflichten der Schwangeren/Mutter bezüglich Nennung des Namens und Aufenthaltes des Kindsvaters bestehen, sofern die Schwangere/Mutter diese Ansprüche nicht geltend macht (§§ 34a und 60 SGB II).

Wohnung
Im SGB II hat jeder Person einen individuellen, eigenen Anspruch. D.h. dass das Kind ab seiner Geburt einen eigenen Anspruch auf Wohnraum hat.
Die Größe des Wohnraumes richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften des soziale Wohnungsbaues des jeweiligen Bundeslandes. Dieser Anspruch bedingt einen Umzugsgrund nach § 22 Abs. 2 S. 2 SGB II.

Elterngeld
Elterngeld wird in Höhe von 300 Euro pro Kind und Monat nicht auf das ALG II angerechnet. Alles was darüber liegt wird voll auf das ALG II angerechnet (§ 11 Abs. 3a SGB II). Bezieht man bereits für ein Kind Elterngeld, wird von der Familienkasse geraten, sich das Elterngeld für das 2. Kind, bzw. das für das 1. Kind rückwirkend, voll auszahlen zu lassen, weil sonst das Eltergeld des 1. Kindes auf das des 2. Kindes angerechnet wird. Vergessen wird dabei oft, den Betroffenen darüber aufzuklären, dass diese Anrechnung nur den Teil des Elterngeldes des Kindes betrifft, der den Sockelbetrag von 300€ übersteigt (§ 3 Abs. 2 BEEG). Hintergrund dieser Regelung ist, bei Anspruch auf Eltergeld für mehrere Kinder die Höhe des Elterngeldes auf einen Betrag von 300€ pro Kind zu begrenzen. Es verbleibt/besteht also grundsätzlich immer ein Anspruch auf 300€ Elterngeld – sowohl für das 1. als auch jedes weitere Kind. Da aber ohnehin alles Elterngeld, das über 300€ liegt, beim ALG II voll angerechnet wird, trifft die Anrechnung des Teils Elterngeldes des 1. Kindes, welcher über 300€ liegt, auf das Elterngeld des 2. Kindes, der über 300€ liegt, einen ALG II Empfänger nicht. Denn ob dieser Teil des Elterngeldes des 1. Kindes nun beim Elterngeld des 2. Kindes angerechnet wird, oder beim ALG II, ist vollkommen egal.

Die Auszahlung als Einmalbetrag ist für ALG II Bezieher aufgrund des Freibetrags äußerst fatal! Denn der Freibetrag im SGB II von 300€ gilt pro Monat – auch bei einem Einmalbetrag. Statt 12 Monate lang jeden Monat 300€ frei zu haben, hat man nur einmal 300€ frei – der Rest wird angerechnet. Angenommen man hätte Anspruch auf 300€ Elterngeld je Monat für 12 Monate, dann erhält man bei monatlicher Auszahlung 12 Monate lang 300€ jeden Monat, die aufgrund des Freibetrages beim ALG II nicht angerechnet werden, insgesamt also 3.600€. Lässt man sich diesen Gesamtanspruch von 3.600€ aber in einem Betrag auszahlen, wird dieser im Monat der Auszahlung auf das ALG II angerechnet, aber eben auch nur der Freibetrag von 300€ abgezogen – statt bei monatlicher Auszahlung 0€, werden bei einmaliger Auszahlung 3.300€ auf das ALG II angerechnet.

Elternzeit
Arbeitslose haben keinen Anspruch auf Elternzeit (§ 15 Abs. 1 BEEG). Der Anspruch auf Elternzeit besteht aber bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes (§ 15 Abs. 2 BEEG). Sollte man also zwischenzeitlich wieder Arbeit finden, könnte man diesen Anspruch innerhalb dieser Frist noch geltend machen.

Mutterschaftsgeld
Mutterschaftsgeld wird von den gesetzlichen Krankenkassen während der Schutzfristen 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Entbindung sowie für den Entbindungstag gezahlt. Mutterschaftsgeld wird voll auf Elterngeld angerechnet. Vor der Geburt wird es als sonstiges Einkommen auf ALG II angerechnet. Sofern die Schwangere daneben kein anderes Einkommen hat, von dem der Freibetrag von 30€ nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V abgezogen wird, muss dieser beim Mutterschaftsgeld abgezogen werden.

Eltern von Kindern unter 3 Jahren
Solange sich ein Kind unter 3 Jahren im Haushalt befindet, kann sich ein Elternteil auf die Betreuung dieses Kindes berufen und jeden Job sowie jede Maßnahme zur Eingliederung folgenlos verweigern (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II, Weisung der BA ab Rz 10.10). Welcher Elternteil sich darauf beruft, ist alleinige Entscheidung der Eltern. Die Betreuung durch Dritte ist hierbei nicht vorrangig. Wird trotzdem eine Betreuung durch Dritte in Anspruch genommen, entfällt der Verweigerungsanspruch dadurch nicht.

Eltern von Kindern ab 3 Jahren
Sobald ein Kind 3 Jahre ist, muss man nachweisbar alle Möglichkeiten der Betreuung durch Dritte nutzen. Eine Kostenübernahme/ -erstattung der Betreuungskosten ist dabei über das Jugendamt möglich (§§ 22 ff SGB VIII). Nur wenn eine Betreuung durch Dritte nicht möglich ist, kann man der Vermuttlung weiterhin nicht zur Verfügung stehen. Wenn während der job- oder maßnahmebedingten Abwesenheit des Elternteiles die Betreuung des Kindes durch Dritte oder den anderen Elternteil nicht oder nicht vollständig gewährleistet ist (Umfang und Lage der Arbeitzeit), oder aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten des Kindes (z.B. Hyperaktivität) nicht möglich ist, besteht auch bei Kindern ab 3 Jahren ein Grund, einen Job oder Maßnahme zur Eingliederung folgenlos verweigern (Weisung der BA zu § 10 SGB II ab Rz 10.10).

Besonderheiten für Kinder, die mit Kindergeld, Unterhalt und Wohngeld ihren Bedarf decken können
Kinder, die ihren Bedarf aus eigenem Einkommen decken können, haben gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V auch als Minderjährige Anspruch auf den dort genannten Freibetrag von 30€ von ihrem Einkommen, da sie ja gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nicht mehr mit einem volljährigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dieser muss beim sog. Kindergeldübertrag berücksichtig werden. KiGe ist eigentlich Einkommen des KiGe-Berechtigten, wird beim ALG II aber wegen der Zweckbestimmung dem Kind zugeordnet, solange dieses das KiGe für seinen Bedarf benötigt.

Das hat zur Folge, dass der Teil des KiGe, welchen das Kind nicht zur Deckung seines Bedarfes benötigt, wieder Einkommen des KiGe-Berechtigten wird, der sog. Kindergeldübertrag, wobei hier ein Freibetrag von 30€ gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V jeweils beim Kind und beim KiGe-Berechtigten abgezogen werden muss, sofern dieser Freibetrag nicht bereits bei anderem Einkommen der jeweiligen Person abgezogen wird. (aus Hartz IV Forum, 03.05.2009)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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