Hartz IV: Bundesagentur stellt sich gegen Gerichtsentscheidung

Gerade in Zeiten der Pandemie sind internetfähige Computer für Schüler und Schülerinnen wichtig, um auch von Zuhause am Unterricht teilzunehmen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hatte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einen Mehrbedarfs nach § 21 Absatz 6 SGB II für einen „internetfähigen Computer nebst Zubehör“ anerkannt. Doch die Bundesagentur für Arbeit stellt sich in einer aktuellen Weisung gegen die Entscheidung.

Landessozialgericht entschied zugunsten von Schülern

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hatte entschieden (Az.: L 7 AS 719/20; B ER: L 7 AS 720/20 B), dass Schülern aus sog. Hartz IV Bedarfsgemeinschaften ein Mehrbedarf für die Anschaffung eines internetfähigen Computers zur Teilnahme am pandemiebedingten häuslichen Schulunterricht grundsätzlich ein Mehrbedarfs nach § 21 Absatz 6 SGB II zu gewähren sei.

Viele Anträge gingen bei den Jobcentern ein

Auch aufgrund unserer Berichterstattung stellen nunmehr zurecht viele Familien einen Antrag auf Mehrbedarf für ihre Kinder. Das bemerkt auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) und widmet sich dem Thema eigens in einer neuen Weisung an die Jobcenter. Die oberste Sozialbehörde weist darin die Jobcenter an, einen solchen Mehrbedarf nicht anzuerkennen. Offen stellt sich damit die Bundesbehörde gegen die Entscheidung des Landessozialgerichts.

Angeblich bereits Bestandteil des Regelbedarfs

Zur Begründung führt die BA an, dass internetfähige Computer (Hardware und Software) sowie Zubehör bereits im Hartz IV Regelbedarf berücksichtigt seien. Bei der Regelbedarfsermittlung, die stetig kritisiert wird, da sie statistisch kleingerechnet wird, sei bei der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) eine solche Anschaffung mit eingerechnet worden. Es würden nach Auffassung der BA keine Erkenntnisse vorliegen, “die eine systematisch bedingte Untererfassung eines entsprechenden Bedarfs im Rahmen der EVS” belegen würden.

Nur Darlehen seien zu gewähren

Die BA weist daher die Jobcenter an, lediglich ein Darlehen zu gewähren, wenn keine Computer oder Drucker durch die Schule für die häusliche Verwendung zur Verfügung gestellt werden. Ein solches Darlehen muss dann monatlich vom Regelsatz mühsam wieder abgezahlt werden. Die Schulen sollen bescheinigen, dass ein “digitales Endgerät” benötigt wird.

Taschenspieltertrick der BA

Somit wird selbst ein Anspruch auf ein Darlehen zunichte gemacht. Es ist nämlich so, dass kaum eine Schule bescheinigen wird, dass zwingend ein digitales Endgerät benötigt wird. Die Schule muss nämlich bescheinigen, „dass zur Teilnahme am Unterricht zwingend ein internetfähiges digitales Endgerät zur Verfügung stehen muss.“ Da aber Schulen einen gesetzlichen Bildungsauftrag haben, wird den Eltern eine solche Bescheinigung kaum ausgestellt.

“Die Bundesagentur für Arbeit stellt sich somit gegen die Interessen ihrer Kunden und erschwert deutlich die Bildungschancen von Kindern”, kritisiert Sebastian Bertram von Gegen-Hartz. “Das ist ein Fall von Rechtsbeugung”.

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