Wegen der „Corona-Krise“ haben die Jobcenter ihre Türen geschlossen. Beratung und Verhandlungen finden nur noch telefonisch statt. Doch das könnte sich als Problem herausstellen.
Wegen Corona sind Jobcenter geschlossen
Wer momentan einen Antrag auf Arbeitslosengeld stellen möchte, muss diesen postalisch an die Agentur für Arbeit senden oder vor Ort einwerfen. Ein persönliches Beratungsgespräch findet dann telefonisch statt.
In Rahmen des Telefonats werden auch die Inhalte der Eingliederungsvereinbarung besprochen, in der Jobcenter und Antragsteller ihre gegenseitigen Pflichten und Leistungen vertraglich festlegen. Dazu gehören mögliche Leistungen des Jobcenters wie der Hinweis auf Stellenangebote und die Frist innerhalb welcher sich der Antragsteller oder die Antragstellerin auf die entsprechende Stelle bewerben muss bzw. wie viele Eigenbewerbungen monatlich verschickt werden müssen.
Das findet normalerweise in einem persönlichen Gespräch statt, an dessen Ende die Vereinbarung vom Antragsteller bzw. Arbeitsuchenden und Bearbeiterin oder Bearbeiter gemeinsam unterzeichnet wird. Heute wird die Vereinbarung nach dem Telefonat dem Antragsteller postalisch zugesandt, und soll unterschrieben wieder an das Jobcenter zurückgeschickt werden.
„Massiver Eingriff in die Privatautonomie“
Wie der Weser-Kurier am 16.07.2020 berichtete, zweifelt der selbst arbeitslose Jurist Marcus Funke die Gültigkeit telefonischer Vereinbarungen zwischen Jobcenter und Antragstellern an und sein Anwalt teilt diese Ansicht. Eingliederungsvereinbarungen müssten „zusammen“ geschlossen werden. Das sei unter den gegebenen Umständen aber nicht der Fall.
Derzeit keine negativen Folgen?
Das Jobcenter Bremen teilte zwar mit, dass es zurzeit keine negativen Folgen für Betroffene gebe, wenn diese die telefonisch besprochenen Vereinbarungen des Vertrags nicht einhielten, doch Funke und sein Anwalt sehen Antragsteller generell in einer „Zwangsposition“ gegenüber den Jobcentern, wenn diese eine Eingliederungsvereinbarung schließen. Da sie auf die Leistungen des Jobcenters angewiesen sind, könnten Verhandlungen auf Augenhöhe auch im persönlichen Gespräch gar nicht stattfinden – bei telefonischen Absprachen sei dies noch stärker der Fall.
Auch der Bundesrechnungshof hatte bereits im Dezember 2018 Zweifel an den Eingliederungsvereinbarungen geäußert. Diese seien oftmals fehlerhaft und es bleibe unklar, wer welche konkreten Leistungen zu erbringen habe.
Muss eine Eingliederungsvereinbarung unterschrieben werden?
Betroffene müssen eine Eingliederungsvereinbarung nicht unterschreiben. Das Jobcenter hat zwar die Möglichkeit, die Vereinbarung durch einen Verwaltungsakt vorzuschreiben, doch dagegen können Betroffene wiederum rechtlich vorgehen.
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