Hartz IV: Besondere Behördenwillkür in Nürnberg?

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Sind Sozialleistungsempfänger in Nürnberg besonderer Behördenwillkür ausgesetzt? Spezialbett für einen Schwerkranken war nur durch eine Spendenaktion des Erwerbslosen Forum Deutschland möglich. Stadt Nürnberg verweigerte sich

Nürnberg/Bonn. Das Erwerbslosen Forum Deutschland (EFD) wirft der Stadt Nürnberg vor, dass diese mit kranken und behinderten Hartz IV- und Sozialleistungsbeziehern willkürlich umgeht. So sind der Initiative mittlerweile Fälle bekannt, wo zumindest durch das Verhalten der Behörde der Krankheitsverlauf sekundär mit verschlechtert wurde. Das ELO kann sich mittlerweile nicht mehr des Eindruckes erwehren, dass gerade Menschen, die ihre Rechte wahrnehmen wollen und sich nicht jeder scheinbar willkürlichen Handlung und Forderung von Sachbearbeitern unterwerfen wollen, besonders benachteiligt werden.

Dringend benötigtes Spezialbett für Schwerkranken bisher verweigert
So musste das EFD z.B. für einem Menschen mit einer schweren Erkrankung durch eine Spendenaktion das bewegen, was Sache der Ämter gewesen wäre. Er benötige ein Spezialbett. Weder die ARGE und noch das Sozialamt in Nürnberg fühlten sich zuständig, unkomplizierte und schnelle Hilfe zu gewähren.

Ausgerechnet Hartz IV-Betroffene haben das das Bett ermöglicht
Ausgerechnet Hartz IV-Betroffene hatten deshalb in einer beispiellosen Aktion 967,50 Euro gespendet. "Sollte der Mann seine Ansprüche mit unserer Hilfe juristisch durchsetzen können, bekämen wir das Geld wieder und könnten es dann für andere Notlagen einzelner verwenden. Uns ist es aber wichtig, dass wir nicht durch Spendengelder das auffangen, was Behörden und der Gesetzgeber versäumen. Die Stadt Nürnberg soll wissen, dass wir hier sehr aktiv werden und sie wird letztendlich zahlen,“ so Martin Behrsing vom Erwerbslosen Forum Deutschland. Pikant an der Sache war: der Betroffene hatte zuvor einen Beschwerdebrief an die europäische Menschenrechtskommission geschrieben und beispielhaft Menschenrechtsverletzungen durch Hartz IV aufgeführt.

Willkürliche Zahlungsverzögerungen und Leistungseinstellungen
In einem anderen Fall wurde ein ebenfalls schwer kranker Mann zuerst von ARGE und nun mittlerweile vom Sozialamt immer wieder mit völlig willkürlichen Entscheidungen an den Rand des Totalzusammenbruchs gebracht. Er hatte in Nürnberg schon in der Vergangenheit schlimmstes erlebt, so war er unter anderem mit 11 Jahren Opfer eines Überfalls mit schwerer Körperverletzung geworden. Bereits im letzten Jahr wurde er von der damals noch zuständigen ARGE durch Umzugsaufforderungen unter Druck gesetzt. Dies obwohl er schwer krank war und medizinisch ein Umzug auch nicht möglich war. Zudem pflegte er seine 78jährige Mutter, die auf seine ständige Hilfe angewiesen war. Nur durch eine TV-Sendung ließ sich damals der Umzug abwenden. Nur zwei Tage nach der Trauerfeier wurde er erneut zum Umzug gedrängt und auf Grund seiner Erkrankungen von der ARGE zum Sozialamt abgeschoben. Dem Sozialamt waren von Anfang alle Umstände und die Krankheiten bekannt. Aber auch dieses ließ erst davon ab, nachdem mittlerweile erneute Gutachten von Ärzten vorlagen. Gegenüber dem Erwerbslosen Forum Deutschland sagte der Mann, dass eine amtsärztliche Untersuchung bei der Stadt Nürnberg sich darauf reduzierte, dass die Amtsärztin ihm einen Vortrag über Finanzprobleme der Stadt Nürnberg gehalten habe. Einsicht in die ärztlichen Unterlagen wollte man nicht nehmen und auch Untersuchungen hat es nicht gegeben.
Nachdem dies abgewendet schien stellte das Sozialamt Anfang April die Leistungen ein, weil angeblich nicht alle Unterlagen bzw. man auf lückenlose Kontoauszüge pochte. Dort durften noch nicht einmal Kleinstausgaben geschwärzt sein. Nur die Vorlage einer höchstrichterlichen Entscheidung überzeugte das Sozialamt schließlich.

Verdacht wegen Betruges des Sozialleistungsträgers
Der Mann dachte, dass er nun endlich seine dringend benötigten Behandlungen in Angriff nehmen könne.
Letzte Woche erreichte ihn ein Brief des Sozialamtes mit der Androhung einer Strafanzeige wegen Betruges. Seine Leistungen hätte man vorsorglich schon einmal eingestellt. Angeblich hätte er Zinseinkünfte und es wurde ihm ein Konto mitgeteilt, was er weder kennt noch besitzt.

In Nürnberg scheinen sich jedoch die gleichen Sachverhalte bei denselben Personen zu wiederholen. Schon Anfang 2006 erreichte den Mann ein ähnliches Schreiben der ARGE Nürnberg. Auch hier ging es um dasselbe Konto mit dessen Zinseinkünften. Laut Auskunft der ARGE wären diese Informationen vom Finanzamt gekommen. Das Finanzamt bestätigte jedoch dem Mann, dass es weder von der Existenz eines solchen Kontos wüsste, noch dass es Informationen an die ARGE weitergegeben hätte. Auch die Bank zeigte sich erstaunt und bestätigte ebenfall, dass es nie eine geschäftliche Beziehung gegeben hätte. Für die ARGE Nürnberg war der Fall erledigt. Nicht jedoch für das Sozialamt: Dieselben Vorwürfe mit denselben angeblichen Tatbeständen. Sein Sozialgeld wurde gleichzeitig vorsorglich gesperrt.

"Nachdem wir beide Menschen schon längere Zeit kennen, gewinnen wir den Eindruck, dass es sich in beiden Fällen um willkürliche Schikane handelt. Beide haben ihre Rechte wahrgenommen und Öffentlichkeit hergestellt. Dies scheint den Behörden ein Dorn im Auge zu sein. Weder eine schnelle Hilfe beim Kauf eines Spezialbettes, noch die Einhaltung elementarer Rechte im zweiten scheinen in Nürnberg zu funktionieren, " so Martin Behrsing in Bonn.

Wir weisen darauf hin, dass das Erwerbslosen Forum Deutschland die relevanten Unterlagen zur Dokumentation der Fälle besitzen. (19.06.2007)