Die Linke fordert 500 Euro ALG II Regelsatz

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Hartz 4: Erhöhung des Eckregelsatzes von 347,– auf 500,– Euro
Die Arbeitsgemeinschaft „Arbeit und Armut in Hamburg“ fordert eine Erhöhung des Eckregelsatzes für Alg II-, Grundsicherungs- und Sozialhilfe-Empfänger von derzeit 347,– Euro auf zukünftig 500,– Euro (daraus ergibt sich eine Erhöhung der Regelsätze für Kinder unter 14 Jahren von derzeit 207, — auf 300,– Euro, sowie für Kinder von 15-18 Jahren von derzeit 276,– auf 400,– Euro).

Eine Anhebung des Eckregelsatzes wird von unterschiedlichsten Institutionen seit längerem gefordert. So fordert beispielsweise der Paritätische Wohlfahrtverband schon seit fast 2 Jahren eine Erhöhung auf 420,– Euro. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der LINKEN, Klaus Ernst, nannte erst vor wenigen Tagen ebenfalls den Betrag von 420,– Euro.

Wie fast alle Erwerbslosenverbände, Initiativen, der Hauptvorstand der GEW, Erwerbslosenräte in ver.di, sowie nunmehr auch „DIE LINKE. Hessen“, halten wir Beträge von unter 500,– Euro für nicht akzeptabel. Hartz IV ist nicht nur ein massives Programm zur Leistungskürzung für Erwachsene, sondern auch für weit von über eine Million Schulkinder. Weil die Grundbedürfnisse von Schulkindern von Hartz IV betroffenen Familien missachtet werden, wird nicht einmal mehr ihre Zahl erhoben.

1. Bemessungsgrundlage falsch
Der Paritätische hält sich an die Bemessungsgrundlagen des Eckregelsatzes, stellt seine Forderungen also auf den Boden von Hartz IV. Er kann daher eine Erhöhung des Ernährungsanteils nicht fordern; denn die Ernährungsausgaben der unteren Verbrauchergruppen wurden zu 100 Prozent anerkannt. Genau hier liegt der Hase aber im Pfeffer: Zur Grundlage für den Bedarf von Eltern und Kindern wurde die Bedürfnisstruktur von Kleinrentnern erklärt (Einkommens- und Verbrauchs-Stichprobe, EVS). Diese aber geben für die im
Regelsatz vorgesehenen Bedürfnisse rd. 20% weniger aus als unter 65-jährige Personen, insbesondere weniger für Verkehrsmittel, Nachrichtenübermittlung, Ernährung, Freizeit und Gaststätten. Etwas anderes als den Rentnerregelsatz gibt die Regelsatzverordnung nicht her, die die unteren 20% der Einpersonenhaushalte der EVS zur Grundlage macht. Die Hälfte dieser Haushalte besteht nun mal aus RentnerInnen.

Die im Regelsatz anerkannten Ausgaben sind letztendlich fiktive Beträge, da sie den realen Ausgaben nicht entsprechen. Aus dem Ernährungs-Budget werden häufig andere nicht aufschiebbare Kosten finanziert. So werden für Strom, Instandhaltung und Anschaffungen, Telefon, Internet, Verkehrsmittel, Rückzahlungen von Schulden und Unterhaltsverpflichtungen Beträge benötigt,
die eigentlich für die Ernährung vorgesehen waren. Bei einer Studie von 1998 in Baden-Württemberg wurde festgestellt, dass nur 50 Prozent des offiziellen Ernährungsanteils für Ernährung verwandt wurden. Neue Untersuchungen gibt es bisher wohl nicht.

Es ist festzuhalten, dass die Nichtanerkennung von durchschnittlichen Grundbedürfnissen der Eltern auch die Ernährungsausgaben für ihre Kinder unter das offizielle Niveau absenken.

2. Gestiegene Kosten
Die im Regelsatz enthaltenen Stromkosten betrugen in der alten Sozialhilfe 1998 Euro 26,31. Seitdem sind die Stromkosten um ca. 27 Prozent gestiegen. Heutzutage müssten also ca. 34,– Euro anerkannt werden. Im Regelsatz sind aber nur 20,74 Euro enthalten. Die Ausgaben für Gesundheit sind um etwa 25 Prozent höher, als in der EVS 2003 erfasst. Im Regelsatz finden sie überhaupt keine Berücksichtigung. Der Regelsatzanteil von ca. 15,– Euro für den öffentlichen Nahverkehr deckt den Bedarf nicht einmal ansatzweise.
Die Lebensmittelpreise, insbesondere für Milchprodukte, wurden gerade erst erheblich erhöht.

3. Essen und Trinken: Kürzung um 30 Prozent in den letzten zwanzig Jahren
Vor genau 20 Jahren standen einem zehnjährigen Schulkind 2,62 Euro/Tag zur Verfügung. Heute sind es 2,27 Euro/Tag. Mit Einführung von Hartz IV wurde Schulkindern unter 14 Jahren 20 % der Leistung für „Essen und Trinken“ entzogen. Am 1. Juli d. J. wurde der Betrag um genau um einen Cent erhöht. Damit ist der Aufschwung auch unten angekommen. 1987 hatten 10jährige Kinder in Armutsfamilien 15,5 Prozent mehr für Ernährung zur Verfügung. Da die Nahrungsmittelpreise in den letzten 20 Jahren um 20%
gestiegen sind, handelt es sich um eine reale Kürzung von 30%. (Die Linke Hamburg, 23.08.07)