Wenn Hartz IV Beziehende einen neuen Job finden, müsste sich das Jobcenter eigentlich freuen. Weil aber die Hotline der Behörde nicht erreichbar war, konnte die Betroffene allerdings nicht anzeigen, dass sie keine Sozialleistungen mehr benötigt. Das Jobcenter leitete daraufhin ein Bußgeldverfahren ein.
Amtsgericht kassierte Bußgeldbescheid gegen ehemalige Hartz IV Bezieherin
Weil eine Hartz IV Bezieherin einen neuen Arbeitsplatz fand, aber das Jobcenter über die Hotline kaum erreichbar war, leitete das Jobcenter ein Bußgeldverfahren ein. Vor dem Amtsgericht Iserlohn wurde über das Ordnungswidrigkeitenverfahren verhandelt und schon nach 20 Minuten eingestellt.
Eigentlich sollte sich ein Jobcenter darüber freuen, wenn Leistungsberechtigte einen neuen Arbeitsplatz finden. Doch wer vegeblich versucht den neuen Job bei der Behörde via Hotline anzuzeigen und nicht durch kommt, muss mit einem saftigen Bußgeldbescheid rechnen.
Genauso erging es Martina S. Folgenden Bußgeldbescheid bekam sie:
„Nach meinen Feststellungen haben Sie folgende Ordnungswidrigkeit begangen: Nach den Feststellungen haben Sie am 09.04.2018 eine Beschäftigung bei der Firma **** aufgenommen. Diesen Sachverhalt haben Sie nicht rechtzeitig mitgeteilt, denn Sie reichen den Arbeitsvertrag erst am 04.Mai 2018 ein.
Bei AntragsteIlung erklärten Sie, dass Ihnen bekannt sei, dass Sie dem Jobcenter MK unverzüglich alle Veränderungen, insbesondere der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, anzuzeigen haben, die gegenüber den im Antrag angegebenen Verhältnissen eintreten. Aufgrund der verspäteten Mitteilung haben Sie Leistungen für die Zeit vom 01. April 2018 bis 31. Mai 2018 in Höhe von 703,48 Euro zu Unrecht erhalten.“
Jobcenter-Hotline nicht erreichbar
Martina S.* hatte jedoch vergeblich versucht über die Hotline das Jobcenter zu informieren. Immer wieder berichteten auch wir über die Nichterreichbarkeit der Behörden in Zeiten der Pandemie. Die Anrufe blieben erfolglos. Auch hatte Martin S. um Rückrufe gebeten, die allerdings seitens des Jobcenters nicht erfolgten.
Fehlende Erreichbarkeit des Jobcenters ist keine verspätete Mitteilung
Dieser Argumenation folgte auch das Gericht. Eine fehlende Erreichbarkeit des Jobcenters ist gerade keine „verspätete Mitteilung“, wie Rechtsanwalt Lars Schulte-Bräucker betonte.
Zudem hätte eine Überzahlung ohnehin nicht vermieden werden können. Die Zahlungsanweisungen der Jobcenter erfolgen in der Regel ab dem 20. des Monats, so dass behauptete „Überzahlungen“ sehr oft unvermeidbar seien, so das Fachanwalt für Sozialrecht. In diesem speziellen Einzelfall waren von Karfreitag bis Ostermontag weitere Arbeitsfreie Tage zu berücksichtigen.
Achtung bei Scancenter
In diesem Zusammenhang machte der Anwalt noch auf eine weitere gängige Praxis der Jobcenter aufmerksam. Schriftlich eingereichte Mitteilungen werden zunächst an ein “Scancenter” z.B. in Köln weitergeleitet, wo sie eingelesen und dann in digitalisierter Form an die Jobcenter übertragen würden.
Auf diese Weise können schnell verzögerte Mitteilungen bis zu 7 Tagen entstehen. Auch dann können Leistungsberechtigte Nachteile erleiden.
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