Bußgeld, weil ein Hartz IV Bezieher einen Job anfing

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Hartz IV Beziehende stehen ständig unter dem Verdacht, Sozialleistungsbetrug zu begehen. Selbst dann, wenn sie sich eigentlich aus dem Hilfesystem verabschiedet und einen Arbeitsplatz gefunden haben. Von einem aktuellen Fall berichtet der Verein “Sanktionsfrei e.V.”.

Bringschuld bei Hartz IV

Im SGB II besteht eine Meldepflicht. Das Jobcenter muss im Grundsatz immer darüber informiert werden, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Leistungsbeziehers verändert habt. Eine Meldepflicht besteht nicht nur bei der Aufnahme eines neuen Jobs, sondern beispielsweise auch bei einer Erbschaft.

Hartz IV Antrag nach Lockdown

Wer Sozialleistungen wie Hartz IV bezieht, unterliegt einer sog. Bringschuld. Das bedeutet, die Meldung muss ohne Aufforderung des Jobcenters erfolgen. Genau diese Bringschuld hat André K. abgeleistet und sollte dennoch ein saftriges Bußgeld bezahlen.

André ist selbstständig musste aufgrund des ersten Lockdowns Hartz IV Leistungen beantragen. Als die erste Impfkampagne begann, bewarb er sich bei einem Impfzentrum und wurde eingestellt. Das teilte er sogleich dem Jobcenter mit.

Bußgeldverfahren trotz Meldung ans Jobcenter

Nur kurze Zeit später musste Andre´feststellen, dass gegen ihn und seine Frau ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eröffnet wurde. Ein entsprechendes Anschreiben mit einem hohen Bußgeld fand er in seinem Briefkasten.

Weil die Impfkampagne sofort starten sollte und händeringend Mitarbeiter gesucht wurden, konnte André sofort die Stelle antreten.

Überzahlung an das Jobcenter zurückerstattet

“Wenn spontan eine Arbeit aufgenommen wird, findet fast immer eine „Überzahlung“ statt, da Hartz IV-Leistungen zum Ende eines Monats für den kommenden Monat ausgezahlt wird. Dieses Geld hat André unaufgefordert zurückgezahlt”, berichtet Helena Steinhaus, Gründerin von Sanktionsfrei.

Das Problem: André konnte den Arbeitsvertrag nicht vorlegen und zunächst nur eine mündliche Zusage. Der Impfstart war seinerzeit hektisch und das Deutsche Rote Kreuz (DRK) stellte den Vertrag erst einige Monate später aus. “Aber was soll man tun,wenn die Dokumente nicht vorliegen?”, fragt Steinhaus.

Allerdings hatte die Arbeitsvermittlerin im Jobcenter bereits ihr “OK” gegeben, dennoch eröffnete die Leistungsabteilung ohne eine Rücksprache mit der Arbeitsvermittlerin ein Ordnungswidrigkeitsverfahren.

Anwalt Freitag und Frau Steinhaus

Es mussten zwei Verhandlungen folgen um Recht zu erhalten

André legte daraufhin einen Widerspruch ein. Dieser wurde seitens des Jobcenters nicht stattgegeben, weshalb der Verein ihn unterstützte und insgesamt zwei Mal vor Gericht zog. Bei der zweiten Verhandlung vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin gelang letztlich der Durchbruch.

“Erst durch die Zeugenaussage der Arbeitsvermittlerin bei der zweiten Verhandlung hat die Richterin endlich geglaubt, dass die beiden Bereiche des Jobcenters völlig aneinander vorbei gearbeitet und André von Anfang an die Wahrheit gesagt hat.” Zum Abschluss fragt sich Steinhaus dann: “Wieviele unnötige Arbeitsstunden und Kosten hat das wohl verursacht?”