Rente mit Schwerbehinderung: Änderung ab 1. Januar 2026 betrifft jetzt unmittelbar viele

Lesedauer 4 Minuten

Zum 1. Januar 2026 greift für die Altersrente schwerbehinderter Menschen eine neue Regel. Für alle Geburtsjahrgänge ab 1964 endet die bislang geltende Vertrauensschutz- und Übergangslogik. Künftig gibt es die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ohne Abschläge erst mit 65 Jahren; eine vorgezogene Inanspruchnahme ist frühestens mit 62 Jahren möglich – dann dauerhaft mit Abschlägen.

Damit entfällt für die neuen Jahrgänge die Möglichkeit, vor dem 62. Geburtstag in diese Rentenart zu wechseln. Das ist mehr als eine Detailkorrektur: Es ist der Startpunkt einer einheitlichen Regel für alle nach dem 31. Dezember 1963 Geborenen.

Wer anspruchsberechtigt ist – die Voraussetzungen im Überblick

Anspruch auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen hat, wer bei Rentenbeginn einen Grad der Behinderung von mindestens 50 nachweist und die allgemeine Wartezeit von 35 Jahren erfüllt. Diese 35 Jahre setzen sich aus rentenrechtlichen Zeiten zusammen; maßgeblich ist, dass die Schwerbehinderteneigenschaft im Zeitpunkt des Rentenbeginns vorliegt. Eine bloße Gleichstellung reicht nicht aus.

Abschläge verstehen: 0,3 Prozent pro Monat – lebenslang

Wer die Rente vor dem maßgeblichen Alter von 65 Jahren bezieht, akzeptiert einen festgeschriebenen Abschlag von 0,3 Prozent je vorgezogenem Monat – maximal 10,8 Prozent bei drei Jahren Vorziehung. Das ist keine temporäre Kürzung, sondern wirkt auf die gesamte Bezugsdauer.

Im Beispiel reduziert sich eine rechnerische Monatsrente von 1.750 Euro bei drei Jahren Vorziehung um 189 Euro auf rund 1.561 Euro. Über 20 Jahre summiert sich der Minderbezug auf mehr als 45.000 Euro.

Rechtlicher Rahmen: Von der Übergangsregel zum § 37 SGB VI

Die Neuregelung beruht auf dem Übergang vom bisherigen Übergangsrecht (§ 236a SGB VI) zur dauerhaften Regelung des § 37 SGB VI. Für nach dem 31. Dezember 1963 Geborene gilt ausschließlich § 37: abschlagsfreie Rente ab 65, vorzeitige Rente ab 62 mit Abschlägen.

Der zuvor gewährte Vertrauensschutz des § 236a – der in älteren Jahrgängen einen früheren Zugang ermöglichte – greift für diese Jahrgänge nicht mehr. Hintergrund ist die bereits 2007 beschlossene stufenweise Anhebung der Altersgrenzen im Zuge des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes.

Warum das viele jetzt unmittelbar betrifft

Der Jahrgang 1964 vollendet 62 Jahre im Jahr 2026 und ist damit der erste, der vollständig unter die neue Logik fällt. Wer früher noch mittels Vertrauensschutz vor dem 62. Geburtstag oder mit geringeren Abschlägen in die Rente kam, hat diese Option künftig nicht mehr.

Für viele Betroffene, deren gesundheitliche Leistungsfähigkeit eine durchgehende Erwerbstätigkeit bis 65 erschwert, entsteht damit ein spürbares Planungsrisiko – entweder länger arbeiten oder geringere monatliche Leistungen hinnehmen.

Gestaltungsspielräume: Schrittweise aussteigen, weiterarbeiten, Rentenpunkte sichern

Trotz strengerer Altersgrenzen bleibt der Übergang flexibel. Seit dem 1. Januar 2023 können Bezieher vorgezogener Altersrenten unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird.

Wer eine Teilrente wählt oder parallel weiterarbeitet, kann – sofern Beiträge gezahlt werden – zusätzliche Entgeltpunkte aufbauen und so die spätere Rentenhöhe steigern.

Für viele wird damit ein gestufter Ausstieg attraktiv: zuerst Teilrente plus Beschäftigung, später der vollständige Ruhestand. Die Entscheidung sollte immer die individuelle Steuer- und Beitragswirkung einbeziehen.

Abschläge dämpfen: Sonderzahlungen ab 50 und steuerliche Effekte

Ab dem 50. Lebensjahr besteht die Möglichkeit, künftige Abschläge durch Sonderzahlungen ganz oder teilweise auszugleichen. Die Rentenversicherung erteilt dazu auf Antrag – Formular V0210 – eine verbindliche Auskunft über die zulässige Höhe und die zu erwartende Wirkung.

Solche Ausgleichszahlungen gelten grundsätzlich als begünstigte Altersvorsorgeaufwendungen und können steuerlich geltend gemacht werden; beteiligt sich der Arbeitgeber, sind bis zur Hälfte der Beiträge sogar steuer- und beitragsfrei.

Ob, wann und in welcher Höhe sich diese Strategie lohnt, hängt von Einkommen, Steuersatz und geplantem Rentenbeginn ab und sollte rechnerisch sauber hinterlegt werden.

Konkrete Vorbereitung: Was jetzt sinnvoll ist

Wer 1964 oder später geboren ist und einen Schwerbehindertenausweis mit GdB ≥ 50 besitzt oder anstrebt, sollte den persönlichen Zeitplan kritisch prüfen. Wichtig sind eine aktuelle Rentenauskunft, die Klärung offener Zeiten und die rechtzeitige Beratung zur optimalen Kombination aus Rentenbeginn, eventueller Teilrente, Hinzuverdienst und möglicher Sonderzahlung.

Weil die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft bei Rentenbeginn zwingend nachzuweisen ist, gehören auch Statusprüfung und gegebenenfalls Widerspruchs- oder Neufeststellungsverfahren in die Planung.

Offizielle Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung und unabhängige Rentenberater können die finanziellen Auswirkungen eines vorgezogenen Bezugs mit und ohne Ausgleichszahlungen konkret beziffern und Alternativen gegenüberstellen.

Praxisbeispiel: Jahrgang 1964, Schwerbehindertenausweis, Rentenstart planen

Frau K., geboren 1964, arbeitet seit mehr als 35 Jahren im öffentlichen Dienst und hat einen anerkannten Grad der Behinderung von 60. Ihre aktuelle Rentenauskunft weist für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen eine monatliche Bruttorente von 1.750 Euro aus – allerdings erst ohne Abschläge mit 65. Im Jahr 2026 vollendet sie ihr 62. Lebensjahr.

Nach der neuen Rechtslage könnte sie dann zwar in Rente gehen, müsste aber einen lebenslangen Abschlag von 0,3 Prozent je vorgezogenem Monat hinnehmen. Bei 36 Monaten vorzeitigem Rentenbeginn ergibt das 10,8 Prozent. Aus 1.750 Euro würden 1.561 Euro werden; der dauerhafte Minderbetrag beträgt 189 Euro im Monat, über 20 Jahre gerechnet rund 45.360 Euro.

Nach Beratung entscheidet sich Frau K. gegen einen sofortigen Rentenbeginn mit 62. Stattdessen reduziert sie ab 2026 ihre Wochenarbeitszeit deutlich und bleibt bis 65 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. So vermeidet sie jeden Abschlag und sammelt weiter Entgeltpunkte, was ihre spätere Rente leicht erhöht. Parallel prüft sie eine mögliche Ausgleichszahlung, verwirft diese Option aber, weil der Kapitalbedarf in ihrem Fall hoch wäre.

Zum 65. Geburtstag wechselt sie 2029 in die abschlagsfreie Rente – mit einer etwas höheren Monatsrente als in der Auskunft von heute und ohne lebenslange Kürzung.

Fazit: Einheitliche Regeln – mehr Eigenverantwortung

Mit 2026 beginnt für schwerbehinderte Versicherte der nach 1963 Geborenen eine neue Zeitrechnung: abschlagsfrei ab 65, vorgezogen ab 62 – und keine Ausnahmen über Vertrauensschutz mehr. Das erhöht die Planungsanforderungen, eröffnet über Hinzuverdienst und Teilrenten aber auch flexible Pfade in den Ruhestand.

Wer frühzeitig rechnet, seine Anspruchsvoraussetzungen prüft und ggf. Ausgleichszahlungen strategisch nutzt, kann die finanziellen Folgen deutlich abmildern – und vermeidet, dass die Weichen erst dann gestellt werden, wenn die Spielräume schon geschrumpft sind.

Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine individuelle Beratung. Rechtsstand und Zahlenangaben wurden zum Zeitpunkt der Veröffentlichung anhand amtlicher Quellen geprüft; im Einzelfall können abweichende Regelungen und Übergangstatbestände gelten.