Während der Regelsatz des Bürgergeldes trotz anhaltender Teuerung nicht angepasst und auch kein Inflationsausgleich gezahlt wird, sollen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine 16 Ministerinnen und Minister laut einem Gesetzentwurf eine steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro erhalten.
Die “Bild am Sonntag” veröffentlichte Details aus dem Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums, der für die Mitglieder der Bundesregierung eine einmalige Sonderzahlung von 1.240 Euro für den Monat Juni sowie eine monatliche Sonderzahlung von 220 Euro für die Monate Juli 2023 bis Februar 2024 vorsieht.
Insgesamt sollen die Ministerinnen und Minister sowie der Bundeskanzler damit eine steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro erhalten. Das jedenfalls sieht der Gesetzesentwurf vor, der unserer Redaktion vorliegt.
Bürgergeld-Regelleistungen zu niedrig
Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle war selbst die Erhöhung der Regelsätze beim Bürgergeld zu Jahresbeginn zu gering. Die Regelleistungen müssten “auf mindestens 725 Euro angehoben werden, um wirksam vor Armut zu schützen und einen Inflationsausgleich zu bieten”, heißt es im Fazit der Auswertung.
Eine Anpassung der Regelsätze für Bürgergeldempfänger an die Inflation lehnt die Bundesregierung bislang jedoch ab. Stattdessen verweist sie auf die nächste Anpassung zum Jahreswechsel und die bisherigen Maßnahmen zum Inflationsausgleich.
Inflationsausgleich angelehnt an den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst
Wie kommt es, dass die Bundesregierung für sich selbst einen Inflationsausgleich beschließen will? Dem Bericht zufolge soll die Regelung des Gesetzentwurfs eins zu eins aus einem Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes für Bund und Kommunen übernommen werden.
Dieser Tarifabschluss soll nicht nur für Beamte, Richter, Soldaten und Pensionäre gelten, sondern auch auf die Mitglieder des Kabinetts ausgedehnt werden. Dazu müsste das Ministergesetz entsprechend geändert werden.
Das Innenministerium bestätigte, dass sich der Gesetzentwurf derzeit in der Ressortabstimmung befinde und eine politische Beratung noch nicht stattgefunden habe.
Kritik auch seitens des Bundes der Steuerzahler
Unterdessen kritisierte der Bund der Steuerzahler die Pläne und forderte die Regierung auf, auf die Sonderzahlungen zu verzichten. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, äußerte sich gegenüber der “Bild am Sonntag” ablehnend:
“Es liegt immer noch kein Bundeshaushalt für das nächste Jahr vor, weil nicht genug gespart wird. Und jetzt bekommen die Minister die Inflationsprämie? Absolut falsches Signal! Hier sollten der Kanzler und die Kabinettsmitglieder ein Zeichen setzen und verzichten!”
Keine Neiddebatte sondern ein Unmut aus der Not heraus
Sebastian Bertram von “Gegen-Hartz.de” kritisiert das Vorhaben: “Während Bezieher von Bürgergeld, Rente und Grundsicherung oft schon Mitte des Monats nicht mehr wissen, wie sie den nächsten Lebensmitteleinkauf bezahlen sollen, will sich die Bundesregierung per Gesetz einen Inflationsausgleich genehmigen. Dass dies bei den wenigsten Bürgern gut ankommen wird, steht schon jetzt fest. Der berechtigte Unmut ist alles andere als eine Neiddebatte, sondern ein aus der Not geborener Unmut.”
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