Bürgergeld: Warum muss man die Untätigkeitsklage selbst zahlen?

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Jobcenter oder andere Behörden haben bestimmte Fristen einzuhalten, um über Ihren Antrag zu entscheiden. Passiert in dieser Zeit nichts, dann können Sie eine Untätigkeitsklage erheben, um dafür zu sorgen, dass die Zuständigen die Angelegenheit zügig bearbeiten. Wenn die Klage allerdings nicht notwendig ist, dann müssen Sie die außergerichtlichen Kosten tragen. Das entschied letztlich das Bundesverfassungsgericht und zuvor das Sozialgericht Konstanz. (1 BvR 1021/24).

Widerspruch und Missverständnis

Die Betroffene beantragte im April 2023 Bürgergeld. Am 11. Mai 2023 bekam sie vom zuständigen Jobcenter zwei Bescheide. Mit dem einen wurden rückwirkend Leistungen für April 2023 bewilligt, der zweite umfasste den Zeitraum von Juni 2023 bis Mai 2024.

Die Frau dachte, Sie hätte keinen Bescheid für Mai 2023 bekommen zu haben und legte deshalb am 27. Mai 2023 Widerspruch ein. Das Jobcenter wies diesen am 9. Oktober 2023 zurück. Es erklärte, für Mai 2023 seien ihr wegen zu hohen Einkommens keine Leistungen gewährt worden.

Untätigkeitsklage und Einlenken des Jobcenters

Trotz dieser Auskunft reichte die Betroffene am 3. November 2023 beim Sozialgericht Konstanz eine Untätigkeitsklage gegen das Jobcenter ein. Das Jobcenter wies den Vorwurf der Untätigkeit zurück. Die Ablehnung der Leistungen für Mai 2023 sei im Bescheid vom 11. Mai 2023 enthalten gewesen. Trotzdem gewährte die Behörde am 15. Dezember 2023 rückwirkend Leistungen für diese Zeit.

Sozialgericht erstattet keine außergerichtlichen Kosten

Damit war die Klage für die Betroffene erledigt und sie forderte jetzt die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten. Das Sozialgericht lehnte dies ab. Es begründete die Ablehnung damit, dass eine Untätigkeitsklage nicht notwendig gewesen sei.

Sie hätte den vor Gericht verhandelten Sachverhalt durch eine einfache Nachfrage beim Jobcenter klären können und sich in den im Mai erhaltenen Bescheiden darüber informieren können, ob einen Entscheidung für Mai 2023 getroffen worden sei.

Betroffene legt Verfassungsbeschwerde ein

Da ihr das Jobcenter die zuerst abgelehnten Leistungen nachträglich doch zusprach, sah sie sich im Recht und erhob Verfassungsbeschwerde gegen das Sozialgericht Konstanz. Sie begründete die Beschwerde mit dem Willkürverbot im Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Das Bundesverfassungsgericht stellte sich jedoch nahtlos hinter das Sozialgericht Konstanz und erläuterte, warum dessen Entscheidung richtig gewesen sei. Dass die Leistungen im Rahmen der Untätigkeitsklage zugesprochen worden seien, rechtfertige es nicht notwendig, auch die außergerichtlichen Kosten zu übernehmen.

Hier unterstützte das Bundesverfassungsgericht die Ausführungen des Sozialgerichts. Die Unklarheiten hätten sich durch eine Nachfrage auflösen lassen. Die Klage sei nicht erforderlich gewesen, und insofern hätte sie auch keinen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten.

Eindeutig liege auf keine Verstoß gegen das Willkürverbot vor. Das sei weder aus den Akten ersichtlich noch aus den Ausführungen der Klägerin. Vielmehr sei die Rechtsanwendung des Sozialgerichts Karlsruhe vertretbar gewesen.

In anderen Fällen werden die Kosten übernommen

Der Grund, warum die Klägerin die außergerichtlichen Kosten selbst tragen musste, war also die fehlende Notwendigkeit der Klage. Das Verfassungsgericht klärte in einem anderen Fall, wann Betroffene nicht erst beim Jobcenter nachfragen müssen.

Keine Nachfrage bei Fristüberschreitung nötig

In einem anderen Untätigkeitsverfahren (1 BvR 311/22) hatte das Jobcenter die gesetzliche Frist zur Entscheidung über den Antrag überschritten. Hier klärte das Verfassungsgericht, dass die Betroffene einen Anspruch auf Übernahme ihrer außergerichtlichen Kosten hatte.

Wenn die Frist überschritten ist, in der einen Behörde einen Antrag bearbeiten muss, brauchen Sie keine Nachfrage bei den zuständigen Mitarbeitern zu stellen, sondern können nahtlos eine Untätigkeitsklage erheben.

Im Verwaltungsrecht liegt diese Frist in der Regel drei Monate seit Antragstellung oder Einlegen des Widerspruchs. Im Sozialrecht beträgt die Frist generell bei sechs Monaten für Anträge und bei drei Monaten für Widersprüche.

In dem vor dem Sozialgericht Konstanz verhandelten Fall versäumte das zuständige Jobcenter jedoch keine Frist. Ein Missverständnis hätte sich durch einfache Nachfrage klären lassen.