Die Höhe des Bürgergeldes im Jahr 2022 sei trotz der Preissteigerungen infolge der Covid-19-Pandemie und des Ukraine-Krieges ausreichend und damit verfassungsgemäß gewesen. Der Gesetzgeber habe zeitnah auf die Preissteigerungen reagiert und Grundsicherungsempfänger mit einer im Juli 2022 gewährten Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro unterstützt, urteilte am Dienstag, 2. Dezember 2025, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 7 AS 20/24 R, B 7 AS 30/24 R und B 7 AS 6/25 R).
Die obersten Sozialrichter verwiesen darauf, dass der Gesetzgeber die Preissteigerungen auch mit einer Anhebung der Regelbedarfe um 11,8 Prozent ab Januar 2023 aufgefangen habe. Der VdK prüft nun trotz Urteile des BSG eine Verfassungsbeschwerde.
Alleinerziehende Mutter mit drei Kindern klagte
Geklagt hatte eine alleinerziehende Mutter von drei minderjährigen Kindern aus Brandenburg an der Havel, ein alleinstehender Arbeitsloser aus Westfalen sowie ein Ehepaar aus dem Raum Neckar-Odenwald. Sie rügten, dass die Höhe der im Jahr 2022 gewährten Arbeitslosengeld-II-Leistungen, das heutige Bürgergeld, viel zu niedrig gewesen waren. Denn infolge der Covid-19-Pandemie und des Überfalls Russlands auf die Ukraine sei es zu drastischen Preissteigerungen, insbesondere bei Lebensmitteln, Heizöl und Gas gekommen.
Von Januar 2021 bis Oktober 2022 habe die Preissteigerung 12,97 Prozent betragen, so die klagende Alleinerziehende. Der Regelbedarf für Alleinstehende sei ab 2022 aber nur um drei Euro auf 449 Euro monatlich angehoben worden. Für den Streitmonat Oktober 2022 verlangte sie vom Jobcenter die Zahlung weiterer 53 Euro, damit die Preissteigerungen aufgefangen werden.
Jobcenter verwies auf Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro
Das Jobcenter hielt die Höhe des Arbeitslosengeldes II für ausreichend. Es verwies auch auf die vom Gesetzgeber im Juli 2022 gewährte Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro. Preissteigerungen seien damit abgedeckt worden. Zwar seien Lebensmittel teurer geworden, andere Bedarfe wie etwa Kino seien geringer ausgefallen.
Zweites Verfahren. Alleinstehender klagte
Im zweiten Verfahren rügte der alleinstehende Kläger, dass der Gesetzgeber viel zu spät auf die Preissteigerungen reagiert habe. Ähnlich argumentierte auch im dritten Fall das klagende Ehepaar.
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Bescheid prüfenDieses machte einen um rund 115 Euro höheren Regelbedarf pro Person geltend. Sie hätten auch nichts davon, dass die Preissteigerungen ab 2023 teils berücksichtigt worden sind. Denn seit Dezember 2022 befänden sie sich im Rentenbezug.
Unterdeckung von 10 Prozent der Regelleistungen müssen hingenommen werden
Das BSG lehnte eine Vorlage der Rechtsstreitigkeiten an das Bundesverfassungsgericht ab. Denn die existenzsichernden Leistungen seien „nicht evident unzureichend“ und damit verfassungsgemäß gewesen.
Auch eine Unterdeckung des Bedarfs von rund zehn Prozent sei vorübergehend hinzunehmen, so das BSG mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Asylbewerbleistungen. Diese Schwelle sei beim Bürgergeld unter Berücksichtigung der Einmalzahlung und der Regelbedarfserhöhung ab 2023 nicht überschritten worden.
Die Kasseler Richter betonten, dass der Gesetzgeber fortwährend und zeitnah prüfen muss, ob der Regelbedarf das Existenzminimum sichert.
Dieser Pflicht sei er nachgekommen. Die ab Januar 2023 geltende Erhöhung der Regelbedarfe in Regelbedarfsstufe 1 um 11,8 Prozent sei zwar „verzögert“ erfolgt. Dies sei aber „vertretbar“, gewesen. So sei die Inflation Ende 2021 noch gar nicht absehbar gewesen. Der Gesetzgeber habe daher die Entwicklung abwarten dürfen. Mit der im Juli 2022 gewährten Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro habe er zudem seine „Reaktionspflicht“ auf die inflationsbedingten Preissteigerungen erfüllt und zeitnah reagiert.
VdK will prüfen, ob Verfassungsbeschwerde eingelegt wird
Die Klägervertreter, darunter der Sozialverband VdK, wollen nun prüfen, ob sie gegen die Urteile eine Verfassungsbeschwerde einlegen. Eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Bundessozialgerichts ist ein außerordentlicher Rechtsbehelf zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Damit rügen Sie nicht einfach „falsches Sozialrecht“, sondern sagen, dass das BSG-Urteil Betroffene durch staatliches Handeln in einem Grundrecht (oder grundrechtsgleichen Recht) verletzt wurden.




