Bürgergeld: Mieterhöhung ist unwirksam bei zu kleiner Schrift

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Der Text zu Mieterhöhung muss für den Leser mühelos lesbar sein. Ist die Schriftgröße zu klein, ist die Mieterhöhung unwirksam.

Nach Abschluss mehrerer Arbeiten an einem Mietshaus hatte die Vermieterin die Miete erhöht. Zur Begründung verwies sie auf eine beigefügte Kostenzusammenstellung und Berechnung der Mieterhöhung. Diese konnte allerdings von der Mieterin nicht gelesen werden. Die Vermieterin hatte eine Schriftgröße von 4–5 gewählt. Die größten Buchstaben waren maximal 2 mm hoch. Die meisten kleineren Buchstaben und Ziffern waren im Bereich von 1 mm.

Die Mieterin weigerte sich deshalb, die Mieterhöhung zu akzeptieren.

Das Landgericht Darmstadt bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Ein Anspruch auf Zahlung der erhöhten Miete bestehe nicht, da die Modernisierungsmieterhöhung formell unwirksam sei. Denn die Begründung zur Mieterhöhung sei nicht ausreichend lesbar ( LG Darmstadt, Urteil vom 28.5.2024, 8 S 7/23 ).

Das Gesetz sieht keine normierte Mindestgröße von Text oder Zahlen vor

Das Gesetz sieht für Erklärungen in Textform keine normierte Mindestgröße von Text oder Zahlen vor. Es liege aber in der Natur der Sache, dass der Zweck der Textform nur erreicht werde, wenn der Text für einen Durchschnittskunden mühelos lesbar ist.

Dies war laut Gericht hier nicht der Fall.

Denn die Schriftgröße von 4–5 liege unterhalb der typischerweise noch als ausreichend anzusehenden Schriftgröße von 6. Die geringe Schriftgröße werde auch nicht durch sonstige Faktoren wie etwa eine besondere Schärfe des Druckbildes ausgeglichen, was im konkreten Fall auch nicht gegeben war. Die Schrift war vielmehr mindestens teilweise leicht verschwommen.

Anmerkung:

Natürlich ist diese Entscheidung zum Mietrecht ergangen, doch wenn ein Bezieher von Sozialleistungen eine Mieterhöhung von seinem Vermieter bekommen sollte, muss darauf geachtet werden, dass der Text auch lesbar ist – Ist die Schriftgröße zu klein, ist die Mieterhöhung unwirksam.

Praxistipp

Wenn eine Mieterhöhung für unwirksam vom Jobcenter gehalten wird, ist darauf hinzuweisen, dass das Jobcenter in so einem Fall den Hilfebedürftigen – beraten und bzw. unterstützen muss ( BSG Rechtsprechung – § 14 SGB I ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist der Leistungsträger/ Jobcenter bei einem Sozialrechtsverhältnis verpflichtet, den Hilfebedürftigen bei der Geltendmachung von Rechten gegen den Vermieter zu unterstützen (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2011 – B 14 AS 15/11 R; Urteil vom 17. Februar 2015, B 14 KG 1/14 R – )

Er darf ihn nicht lediglich auf seine – Selbsthilfemöglichkeiten – verweisen. Diese Beratungspflicht ist weitreichend, sie geht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bis zur eigenen Beteiligung des Leistungsträgers an einem zivilrechtlichen Rechtsstreit.

Hinweis für Bezieher von Bürgergeld

Sanktionen im SGB II: Mit Minischrift kann das Jobcenter nicht wirksam Sanktionen androhen

Sanktionen rechtswidrig: „Optische Mängel“ führen zur Unwirksamkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung

Denn eine Rechtsfolgenbelehrung erfüllt ihre Warnfunktion nicht, wenn sie formal in einer Schriftgröße gehalten ist, die deutlich unterhalb der Schriftgröße des übrigen Schreibens liegt.

Das Jobcenter – muss dafür Sorge tragen, dass Warnhinweise, die es zu erteilen hat, von einem Leistungsberechtigten üblicherweise auch wahrgenommen werden.

Dem kommt das Jobcenter nicht nach durch die deutlich kleinere Schrift. Denn bereits das Lesen der Rechtsfolgenbelehrung ist erheblich erschwert, so verschwimmen auf den ersten Blick die einzelnen Zeilen.

Ohne Absätze ist die inhaltliche Strukturierung für den Lesenden und die Realisierung des Inhaltes zudem deutlich erschwert.

Insgesamt führt die formale Ausgestaltung der Rechtsfolgenbelehrung eher dazu, sie unbeachtet zu lassen anstatt die darin enthaltenen Warnungen zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen.

Eine Unübersichtliche Rechtsfolgenbelehrung macht den – Sanktionsbescheid – rechtswidrig, denn die Warnfunktion der Rechtsfolgenbelehrung ist nur bei ausreichender optischer Gestaltung gewährleistet.

Eine Rechtsfolgenbelehrung erfüllt ihre Warnfunktion nicht, wenn sie formal in einer Schriftgröße gehalten ist, die deutlich unterhalb der Schriftgröße des übrigen Schreibens liegt.