Das Jobcenter überschreitet mal wieder seine Befugnisse hinsichtlich des Datenschutzes bei Bürgergeld – Empfängern und das Gericht erklärt der Behörde, was es darf und was nicht.
Inhaltsverzeichnis
Gericht begrenzt Auskunftspflicht der Vermieter gegenüber Jobcentern
Jobcenter dürfen von Vermietern – keine vollständige Betriebs- und Heizkostenabrechnung inklusive aller Anlagen- fordern.
Vermieter sind gegenüber dem Jobcenter bei einem Betriebs- und Heizkostenguthaben des Leistungsbeziehers aber zur Auskunft verpflichtet.
Für weitergehende Informationen, wie z. B. Daten über das Verbrauchsverhalten der Leistungsberechtigten, die Angabe der Höhe der Abschläge, die Anzahl der Nutzer usw., bietet hingegen das Gesetz ( § 60 SGB II ) keine Auskunftsverpflichtung, auch wenn die Informationen sich im Rahmen der Aufgaben des Leistungsträgers bewegen.
Vermieter müssen gegenüber dem Jobcenter – nur Auskunft erteilen – , ob ein Guthaben vorliegt
Eine Auskunftspflicht des Vermieters nach § 60 Abs 1, Abs 2 Satz 1 1. Fall SGB II gegenüber dem Jobcenter über Betriebsguthaben seiner Mieter, die im SGB II Leistungsbezug stehen oder solche Leistungen beantragt haben, erstreckt sich nur auf die – Auskunftserteilung – selbst.
Vermieter muss keine Beweisunterlagen vorlegen
Sie umfasst nicht die Vorlage von Beweisunterlagen.
Keinesfalls kann die vollständige Betriebs- und Heizkostenabrechnung inklusive aller Anlagen, die auch Daten über das Verbrauchsverhalten der Leistungsbezieher, die Anzahl der Nutzer usw. ausweist, herausverlangt werden.
Das gibt mit heutigem Tage aktuell das LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 19.03.2025 – L 2 AS 511/21 – bekannt.
Begründung
Schon der Gesetzgeber hat den Umfang der Auskunftsverpflichtung im Rahmen der Überprüfung der Leistungsberechtigung eingeschränkt.
Anders als die Auskunftspflicht für Arbeitgeber (§ 57 SGB II), die sich auf alle Tatsachen bezieht die für die Entscheidung über einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Buch erheblich sein können bezieht sich die Auskunftspflicht des Dritten i. S. des § 60 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 1. Alt. SGB II sachbezogen nur auf die Erbringung von Leistungen bzw. die Verpflichtung zu Leistungen selbst.
Dies wird deutlich durch die Formulierung Leistungen erbringt bzw. zu Leistungen verpflichtet ist „hat (…) hierüber“ Auskunft zu erteilen.
Vermieter sind nur zur Auskunftserteilung verpflichtet
Nur diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung hat der Gesetzgeber geregelt.
Die Auskunftspflicht umfasst nicht automatisch auch die Vorlage von Beweisunterlagen (Belegen).
Auch der Senat hat zu § 60 Abs. 4 Satz 1 SGB II bereits entschieden, dass diese Norm nicht zur Abforderung von Unterlagen (Belege über die Höhe der Einkünfte), sondern nur zur Einholung von Auskünften ermächtigt (Urteil vom 27. März 2014 – L 2 AS 877/12 – ).
Eine solche enge Interpretation des Wortlautes – Auskunft zu erteilen -, wie sie auch das BSG anwendet, ist angesichts des Umstandes, dass die Verpflichtung zur Auskunftserteilung als Ordnungswidrigkeit bußgeldbewehrt ist (§ 63 Abs. 1 Nr. 4 SGB II) und durch die Mittel der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden kann, sachgerecht.
Unabhängig von der allgemeinen Frage, ob die Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft Beweisurkunden für die abgefragten Tatsachen mit umfasst, war die Abforderung der Betriebs- und Heizkostenabrechnung hier rechtswidrig
Denn die vom Jobcenter angeforderten Unterlagen gehen weit über den Beleg der zulässiger Weise zu erfragenden Tatsachen hinaus. Die geforderte Beweisurkunde betrifft jedenfalls auch Belege zu – – nicht mehr zulässigen Auskunftsverlangen – .
Denn das Jobcenter forderte die – vollständige Betriebs- und Heizkostenabrechnung inklusive aller Anlagen.
In Bezug auf das mögliche Betriebs- und Heizkostenguthaben besteht – eine Auskunftspflicht des Vermieters gegenüber dem Leistungsträger.
Für weitergehende Informationen, wie z. B. Daten über das Verbrauchsverhalten der Leistungsberechtigten, die Angabe der Höhe der Abschläge, die Anzahl der Nutzer usw., bietet hingegen § 60 SGB II keine Auskunftsverpflichtung, auch wenn die Informationen sich im Rahmen der Aufgaben des Leistungsträgers bewegen.
Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, dass in Bezug auf die Auskunftspflicht des Vermieters sich das Auskunftsersuchen des Jobcenters nach ( § 60 SGB II ) – allein darauf beziehen kann, ob es nach der Betriebs- und Heizkostenabrechnung ein Guthaben gab (und ob dieses die Heizung oder die Betriebskosten betraf) und gegebenenfalls ob dieses ausgezahlt wurde, bzw. was damit passiert ist.
Weitergehende Fragen und Anforderungen können im Rahmen der Ermittlung des Sachverhaltes (Offizialmaxime) zwar vom Jobcenter gestellt werden, aber nicht im Rahmen einer als Verwaltungsakt durchsetzbaren und bußgeldbewehrten Auskunftspflicht nach § 60 SGB II.
Anmerkung vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock
Ich denke, dass das Gericht hier völlig zu Recht geurteilt hat, dass Vermieter – nicht verpflichtet sind – bei Heizkostenguthaben zum Beispiel Daten wie die Anzahl der Nutzer oder Abschläge bekannt zu geben.
Eine solche Abrechnung, wie hier vom Jobcenter gefordert, vorzulegen, gehört nämlich zu den Mitwirkungsobliegenheiten des Leistungsempfängers und nicht des Vermieters.
Legt der Hilfeempfänger die Unterlagen nicht vor, kann das Jobcenter zum Beispiel die Leistungen erst mal nur vorläufig gewähren oder Leistungen können auch teilweise versagt werden aufgrund fehlender Mitwirkung.
Was Anderes gilt aber, wenn der Leistungsempfänger die geforderten Unterlagen nicht vorlegen kann, weil zum Beispiel der Vermieter der Vater ist und dieser die Herausgabe der Betriebskostenabrechnung verweigert. Dann hat das Jobcenter die Pflicht sich die Unterlagen vom Vermieter selbst zu besorgen und dem Leistungsempfänger dürfen keine Nachteile aus dem Verhalten des Vermieters entstehen.
Jobcenter dürfen von Bürgergeld-Empfängern nichts Unmögliches abverlangen
Zusammenfassend ist auszuführen:
Dass in Bezug auf die Auskunftspflicht des Vermieters sich das Auskunftsersuchen des Leistungsträgers nach § 60 SGB II allein darauf beziehen kann, ob es nach der Betriebs- und Heizkostenabrechnung ein Guthaben gab (und ob dieses die Heizung oder die Betriebskosten betraf) und ggf. ob dieses ausgezahlt wurde, bzw. was damit passiert ist.
Weitergehende Fragen und Anforderungen können im Rahmen der Ermittlung des Sachverhaltes (Offizialmaxime) zwar gestellt werden, aber nicht im Rahmen einer als Verwaltungsakt durchsetzbaren und bußgeldbewehrten Auskunftspflicht nach § 60 SGB II.