Bericht: So ignorieren Jobcenter den Datenschutz von Hartz IV Beziehern

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Seit Beginn der Hartz IV-Gesetze kommt es immer wieder zu meldepflichtigen DatenschutzverstรถรŸen bei den Agenturen fรผr Arbeit und Jobcentern. Seit der Corona-Krise haben die VerstรถรŸe stark zugenommen. Das ergeht aus einer kleinen Anfrage der Fraktion “Die Linke” an die Bundesregierung.

Die Corona-Krise zeigt wie in einem Brennglas die Schwachstellen beim Umgang mit besonders sensiblen Daten. Beziehende von Sozial- und Sozialversicherungsleistungen mรผssen z.T. sensibelste Informationen zum Beziehungsstatus, zu Wohnverhรคltnissen sowie zu Einkommens- und Vermรถgensverhรคltnissen offenlegen.

Mangelde Sensibilitรคt im Umgang mit dem Datenschutz

Auf Grund des Konstrukts der sogenannten Bedarfsgemeinschaft bei Hartz IV gilt dies nicht nur fรผr die Daten der Unterstรผtzungsbedรผrftigen, sondern auch fรผr die von Familienmitgliedern sowie Partnerinnen und Partnern.

“Dass sie derzeit nicht immer darauf vertrauen kรถnnen, dass diese Informationen nicht an unberechtigte Dritte gelangen, ist aus meiner Sicht nicht hinnehmbar”, kritisiert die Arbeitsmarktexpertin der Linken, Katja Kipping.

Mangelde Sensibilitรคt im Umgang mit dem Datenschutz zeigten die Jobcenter in der Vergangenheit immer wieder: So hat das Jobcenter Gรผtersloh im Jahr 2019 persรถnliches Datenmaterial, ohne dieses vorher zu schreddern, fรผr jeden zugรคnglich in fรผnf blauen Papiertonnen entsorgt. Im Jobcenter Cochem Zell wurden, ebenfalls 2019, sensible Daten so archiviert, dass auch Mitarbeitende aus anderen Behรถrden wie dem Veterinรคramt Zugang zu diesen hatte. Zwei Beispiele von vielen.

Starke Zunahme der meldepflichtigen DatenschutzverstรถรŸe

Die Antwort auf eine Anfrage an die Bundesregierung zeigt: Die Zahl der meldepflichtigen DatenschutzverstรถรŸe bei den Agenturen fรผr Arbeit seit Beginn der Corona-Pandemie stark zugenommen. Im erstem Halbjahr 2021 lag die Zahl der Meldungen fast 60 Prozent รผber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Vergleicht man das erste Quartal 2021 mit dem ersten Quartal 2020, dem Beginn der Pandemie, so lag die Steigerung sogar bei gut 75 Prozent.

Fehlversendungen der Poststellen

Die DatenschutzverstรถรŸe betreffen sowohl Datenschutzverletzungen bei zentral verwalteten informationstechnischen Verfahren, als auch z.B. Fehlversendungen der Poststellen der Behรถrden vor Ort. Im Jahr 2020 wurden 6.326 VerstรถรŸe gemeldet, 2021 waren es schon im ersten Halbjahr gut 5.000 Fรคlle.

Schon in der Vergangenheit haben Prรผfberichte des Bundesbeauftragten fรผr den Datenschutz eklatante Mรคngel offenbart. RegelmรครŸig sind die Datenschutzbeauftragten der Jobcenter nicht ausreichend fรผr Ihre Tรคtigkeit freigestellt oder nicht qualifiziert.

Sozialleistungsakten wurden mit anderen Verwaltungsakten archiviert, so dass ein groรŸer Mitarbeiterkreis auch anderer Behรถrden Zugang zu den diesen hatte. (Vgl. beispielhaft Kontrollbericht Jobcenter Cochem Zell) Fehlversendungen, die nach Angaben der Bundesregierung derzeit 85 % der DatenschutzverstรถรŸe ausmachen, wurden bereits in vergangen Datenschutzkontrollbesuchen moniert. (Vgl. beispielhaft Kontrollbericht BA Main) “Dass solche Versรคumnisse weiterhin tausendfach auftreten, sehe ich als ein eklatantes Versagen der Verantwortlichen”, so Kipping.