Mit 67 automatisch in Rente gehen – Das sollte man wissen

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Viele gesetzlich Rentenversicherte gehen davon aus, dass ihr Arbeitsverhältnis am Tag des 67. Geburtstags kraft Gesetzes erlischt. Doch das ist ein verbreiteter Irrtum. Weder das Bürgerliche Gesetzbuch noch das Sozialgesetzbuch VI sehen eine automatische Beendigung vor.

Von Wichtigkeit ist vielmehr, ob im individuellen Arbeitsvertrag oder – häufiger – im anwendbaren Tarifvertrag eine sogenannte Beendigungsklausel vereinbart wurde. Sofern eine solche Regelung fehlt, läuft der Vertrag unverändert weiter.

In diesem Fall müsste entweder die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ordentlich kündigen oder der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden, wobei letzteres die Einhaltung der gesetzlichen oder tarifvertraglichen Kündigungsschutzvorschriften voraussetzt.

Was steht in einer Beendigungsklausel – und ist sie bindend?

Eine Beendigungsklausel legt fest, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des gesetzlichen Regelrentenalters endet. Im Kern handelt es sich um eine Befristung auf Zeit, die nach geltender Rechtsprechung zulässig ist.

Dennoch ist sie kein unabänderliches Schicksal. Will die Belegschaftsangehörige oder der Mitarbeiter nach dem 67. Geburtstag weiterarbeiten und ist der Arbeitgeber einverstanden, kann die sogenannte „aufgeschobene Befristung“ einvernehmlich verlängert oder durch einen Folgevertrag ersetzt werden.

Entscheidend sind eine rechtzeitige Kommunikation und schriftliche Vereinbarungen, denn ohne eine entsprechende Neuregelung endet das Arbeitsverhältnis tatsächlich automatisch.

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Welche Optionen habe ich, wenn ich über das Regelalter hinaus tätig bleiben möchte?

Ist weder eine Beendigungsklausel vorhanden noch steht der Arbeitgeber dem Wunsch nach Weiterarbeit entgegen, bestehen mehrere Gestaltungsmöglichkeiten:

  • Fortführung in Vollzeit: Das bestehende Arbeitsverhältnis läuft einfach weiter. Arbeitszeit, Vergütung und sonstige Konditionen bleiben unverändert, bis eine Seite kündigt oder erneut eine Befristung vereinbart wird.
  • Teilzeit nach § 41 SGB VI: Der Vertrag kann in beiderseitigem Einvernehmen auf eine geringere Wochenarbeitszeit umgestellt werden – ein Modell, das insbesondere Fachkräfte nutzen, die ihr Know-how erhalten, aber körperliche oder zeitliche Belastungen reduzieren wollen.
  • Minijob: Ein Übergang in eine geringfügige Beschäftigung kann sich lohnen, wenn der Zuverdienst eine bestimmte Grenze nicht überschreitet und die Hauptmotivation eher in sozialer Teilhabe oder Projektarbeit liegt.

Wichtig ist, jede Veränderung schriftlich zu fixieren, um spätere Auslegungsstreitigkeiten zu vermeiden.

Wie wirken sich Beiträge zur Rentenversicherung nach 67 auf meinen Geldbeutel aus?

Mit Erreichen des Regelrentenalters greift eine Besonderheit: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich von ihrem eigenen Beitragsanteil befreien lassen. Die Entscheidung ist freiwillig und muss der Deutschen Rentenversicherung (DRV) aktiv mitgeteilt werden. Gleichwohl bleibt der Arbeitgeberanteil auch dann fällig, wenn die Beschäftigten selbst keine Beiträge mehr zahlen. Diese 9,3 Prozent fließen in den Solidarpool der Rentenversicherung – sie erhöhen nicht die individuelle Rente.
Widerspricht man der Befreiung und zahlt weiterhin den vollen Arbeitnehmeranteil, ergeben sich zwei finanzielle Effekte:

  1. Rentensteigerung durch laufende Beiträge: Die zusätzlichen Entgeltpunkte werden einmal jährlich, meist zum 1. Juli, angerechnet und erhöhen dauerhaft die Monatsrente.
  2. Zuschlag für aufgeschobenen Rentenbeginn: Für jeden Monat, in dem der Bezug der Altersrente verschoben wird, erhöht sich der Auszahlungsbetrag um 0,5 Prozent. Ein ganzes Jahr späterer Rentenbeginn führt somit zu einem Plus von 6 Prozent – zusätzlich zu den oben genannten Entgeltpunkten durch eigene Beiträge.

Für viele lohnt sich daher eine genaue Modellrechnung unter Einbeziehung von Steuerbelastung und Krankenversicherungsbeiträgen.

Geht das Plus sofort aufs Konto?

Nein. Die DRV prüft Fortzahlungen und Zuschläge gesammelt und gewährt die Erhöhung rückwirkend zum Sommer eines jeden Jahres. Bis dahin laufen die Gehaltsabrechnungen weiter wie gehabt, lediglich ohne Arbeitnehmeranteil, sofern man die Befreiung gewählt hat.

Welche finanziellen Risiken und Chancen birgt der Aufschub?

Die Verlängerung des Erwerbslebens kann die Altersbezüge spürbar steigern, birgt aber auch Risiken. Wer die Rente um zwölf Monate hinausschiebt, muss zunächst ein Jahr auf Bezüge verzichten.

Rechnet man den Entgeltverzicht gegen die spätere Aufstockung, zeigt sich, dass sich der Aufschub durchschnittlich nach acht bis neun Jahren auszahlt. Die tatsächliche Rentabilität hängt jedoch von individuellen Faktoren wie Gesundheitszustand, familiärer Finanzplanung und persönlichem Sicherheitsbedürfnis ab.

Wie verändert sich der Versicherungsschutz im Betrieb?

Grundsätzlich bleiben gesetzliche Unfall‑, Kranken‑ und Pflegeversicherung bestehen, solange ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fortgeführt wird.

Wird das Einkommen jedoch auf einen Minijob reduziert und der Arbeitnehmer von seinen Rentenversicherungsbeiträgen befreit, entfällt für ihn der Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag aus dem Beschäftigungsverhältnis; statt­dessen gilt weiterhin die Versicherung als Rentner. Privat Versicherte sollten prüfen, ob sich Prämien erhöhen oder reduzieren, wenn sich das Gesamt‑brutto ändert.

Was gilt steuerlich bei Arbeit nach dem Regelaltersgrenzdatum?

Seit der Abschaffung der Hinzuverdienstgrenzen für Altersvollrentner im Jahr 2023 können Erwerbseinkünfte uneingeschränkt zur Rente hinzukommen. Lohn‑ und Renteneinkünfte werden gemeinsam zur Einkommensteuer herangezogen. Wichtig ist also der persönliche Steuersatz.

Beachten sollte man außerdem Freibeträge für Werbungskosten oder Altersentlastungsbeträge. Wer über 64 Jahre alt ist, bekommt einen prozentual sinkenden, aber noch immer spürbaren Steuerbonus.

Eine frühzeitige Beratung durch Lohnsteuerhilfe oder Steuerberatungskanzlei verhindert böse Überraschungen bei der Jahresabrechnung.

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Welche Fristen und Formalitäten sollte ich im Blick behalten?

Spätestens drei Monate vor dem 67. Geburtstag empfiehlt sich das Gespräch mit der Personalabteilung, insbesondere wenn eine Beendigungsklausel greift.

Wird eine Weiterbeschäftigung vereinbart, sollte die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht oder ihr Widerruf rechtzeitig schriftlich bei der DRV eingereicht werden. Andernfalls werden Beiträge automatisch mit oder ohne Arbeitnehmeranteil abgeführt – je nachdem, welche Option im letzten Versicherungsverlauf hinterlegt ist.

Wie finde ich die für mich beste Lösung?

Die DRV bietet kostenfreie Beratungen an, ebenso Sozialverbände wie der Sozialverband Deutschland (SoVD) oder die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See für spezielle Branchen.

Wer tarifvertraglich organisiert ist, erhält zusätzliche Unterstützung durch Gewerkschaften. Eine individuelle Beratung und das Durchgehen verschiedener Möglichkeiten – sofortige Rente, Teilzeitplus, Minijob, Vollzeitverlängerung – schafft Klarheit über Netto‑Auswirkungen

Fazit: Kündigung mit 67 ist kein Automatismus

Der 67. Geburtstag markiert nicht automatisch das Ende der Erwerbsarbeit. Entscheidend sind die vertraglichen Regelungen und der persönliche Wunsch, ob und wie lange man weiterarbeiten möchte.

Wer sich rechtzeitig informiert, kann die zusätzliche Zeit im Beruf nutzen, seine Altersbezüge steigern und zudem einen Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung leisten.

Eine frühzeitige Abstimmung mit Arbeitgeber, Rentenversicherung und Steuerberatung schafft Handlungsspielräume und verhindert, dass wichtige Fristen unbemerkt verstreichen.