In der Praxis noch eher selten, aber arbeitsrechtlich zulässig, können auch Arbeitnehmer ihren Chef abmahnen. Eine Abmahnung durch den Arbeitnehmer muss jedoch arbeitsrechtlich begründet sein. Wir zeigen, wann es sinnvoll ist und wie es geht.
Inhaltsverzeichnis
Arbeitsvertrag wird vom Chef nicht eingehalten
Immer wieder machen Arbeitnehmer die Erfahrung, dass ihnen bei der Einstellung viel versprochen wurde, was später nicht eingehalten wird.
Während Arbeitnehmer eine Abmahnung fürchten, wissen viele Arbeitgeber nicht, dass auch sie abgemahnt werden können. In welchen Fällen dies gerechtfertigt ist, beschreiben wir in diesem Artikel.
Auch Arbeitgeber dürfen abgemahnt werden
Das Arbeitsrecht kennt das Mittel der Abmahnung, um ein bestimmtes Verhalten zu beanstanden und damit auf die Verletzung des Arbeitsvertrages hinzuweisen. Der Abgemahnte hat nun die Möglichkeit, die Vertragsverletzung zu korrigieren.
Grundsätzlich kann also eine Abmahnung ausgesprochen werden, wenn der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt.
“Arbeitnehmer können also entweder den Arbeitgeber oder auch den Vorgesetzten abmahnen, wenn dieser sich im arbeitsrechtlichen Sinne falsch verhält”, bestätigt Rechtsanwalt Christian Lange.
Wann kann ein Arbeitnehmer den Vorgesetzten oder Chef abmahnen?
Gründe einer Abmahnung seitens des Angestellten gegenüber des Arbeitgebers können beispielsweise sein:
- Lohnkürzungen ohne Grund
- Es wurden die vereinbarten Spesen und Zuschläge nicht gezahlt
- Der Lohn wurde wiederholt zu spät gezahlt
- Der Arbeitgeber zahlt keinen Lohn
- Der Chef fordert Überstunden, die vertraglich nicht vorgesehen sind
- Sexuelle Belästigungen oder Mobbing durch Kollegen und der Arbeitgeber unternimmt nichts, obwohl er/sie darüber bereits in Kenntnis gesetzt wurde
- “Bossing” – also Mobbing durch einen Vorgesetzten oder Chef
- es werden keine Pausenzeiten gewährt
- Weitere Gründe, die gegen den Arbeitsvertrag verstoßen
Abmahnung immer schriftlich
Eine Abmahnung sollte immer schriftlich erfolgen. Im Arbeitsrecht ist dies zwar nicht vorgeschrieben, jedoch kann die Abmahnung später vor dem Arbeitsgericht als Beweismittel dienen, wenn es zu einer Kündigung kommt.
Es sollte sichergestellt werden, dass die Abmahnung dem Abgemahnten auch zugeht. Dies geschieht am besten per Einschreiben mit Rückschein oder durch persönliche Übergabe der Abmahnung in Gegenwart eines Zeugen.
Abmahnung sollte sehr genau beschrieben sein
“Bei einer Abmahnung sollte immer der Grund präzise beschrieben sein”, rät Lange. Hierfür muss der Abmahnende genau beschreiben, wann der Arbeitgeber was genau, wo unterlassen oder nicht getan hat. Es muss zudem darauf hingewiesen sein, warum das abgemahnte Fehlerhalten gegen das Arbeitsrecht bzw. gegen den Arbeitsvertrag verstößt.
In der Abmahnung kann auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses angedroht werden, wenn der Abmahnungsgrund nicht abgestellt wird. Wer in einem größeren Betrieb arbeitet, kann auch den Betriebsrat einschalten. Dieser hat ein Informationsrecht.
Wenigstens einmal das Gespräch vorab suchen
Bevor eine Abmahnung an den Chef oder Vorgesetzten geschickt wird, sollte immer vorher das Gespräch gesucht werden. Oft können so Probleme aus dem Weg geräumt werden.
Weitere Hilfen
Wenn Sie das Gefühl haben, dass aus dem Betrieb “vertrieben” werden sollen, lesen Sie diesen Artikel, um sich entsprechend zu wehren.
Wer als Arbeitnehmer selbst abgemahnt wurde, sollte diesen Artikel lesen, um sich entsprechend zur Wehr setzen.
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