310 Euro Bürgergeld-Zuschuss zum Zuckerfest vom Jobcenter? – ein Faktencheck

Lesedauer 2 Minuten

Ein TikTok-Video verbreitet sich derzeit viral. Darin wird behauptet, dass muslimische Bürgergeldempfänger Anspruch auf einen Zuschuss zum Zuckerfest in Höhe von 310 Euro haben. Was steckt dahinter?

Reißerische Überschriften und falsche Versprechungen

Die reißerischen Schlagzeilen spiegeln die aktuelle Stimmung in den sozialen Medien wider, wo Hetze und Fake News zunehmend auf fruchtbaren Boden fallen. Völlig übertriebene Zahlen und Boni verbreiten sich in diesem Umfeld wie ein Lauffeuer und werden oft für bare Münze genommen.

Auch einige “Bürgergeld-Seiten”, die sich als “sozialen Verein” tarnen, berichten immer wieder über angebliche Sonderzahlungen, die sich bei genauerem Hinsehen beispielsweise als “Fotowettbewerb” einer kleinen Gemeinde entpuppen. Das Ziel dieser Seiten: Klickzahlen und Verwirrung.

Der Fall des Tiktok-Clips: 310 Euro zum Zuckerfest?

Ein aktuelles Beispiel ist ein sich viral verbreitendes Tiktok-Video, in dem behauptet wird, Bürgergeldempfänger könnten sich problemlos hunderte Euro vom Jobcenter abholen, während arbeitende Menschen leer ausgingen. In dem Video zeigt ein Mann stolz 310 Euro und behauptet, das Geld stamme vom Jobcenter. Es sei an seinen Bekannten, einen Flüchtling, gegangen, der das Amt um Unterstützung für das muslimische Zuckerfest (Eid al-Fitr) gebeten habe.

Der Sachverhalt: Keine solche Zahlung vom Jobcenter

Eine Recherche ergab, dass der Clip vor dem Bahnhof in Nordhorn aufgenommen wurde. Träger des dortigen kommunalen Jobcenters ist der Landkreis Grafschaft Bentheim, der die angebliche Zahlung dementiert.

Das Sozialgesetzbuch II sehe solche Zusatzzahlungen, wie sie in dem Video behauptet werden, nicht vor. Eine Sprecherin des Jobcenters erklärte: “Die hier angesprochene Zahlung wegen des Zuckerfestes ist kein Bestandteil des Bürgergeldes”.

Gleichstellungsgesetz und Religionsfreiheit

Eine solche Zusatzzahlung würde nicht nur gegen das Sozialgesetzbuch verstoßen, sondern auch eine Benachteiligung darstellen, die gegen das Gleichbehandlungsgesetz verstößt.

Das heißt, Zahlungen an Angehörige bestimmter Religionen würden nichtreligiöse Menschen benachteiligen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestätigt, dass es keine zusätzlichen oder einmaligen Leistungen aus religiösen Gründen gibt.

Unklar ist auch, ob der angebliche Bekannte des Mannes überhaupt Anspruch auf Bürgergeld hat. Flüchtlinge, mit Ausnahme von Personen aus der Ukraine, erhalten das Bürgergeld erst, wenn sie anerkannt sind oder eine Arbeitserlaubnis haben. Ansonsten erhalten sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Der Influencer schweigt

Der Mann aus dem Video, der diese Lüge nicht zum ersten Mal verbreitet hat, hat sich auf Nachfrage nicht geäußert. Auch der Bitte um einen Nachweis, dass die 310 Euro tatsächlich vom Jobcenter gezahlt wurden, kam er nicht nach. Dies zeigt einmal mehr, dass oft viel Lärm um angebliche Fakten gemacht wird, aber keine substantiellen Beweise für diese Behauptungen geliefert werden können. Hauptsache die Klickzahlen stimmen.

Kritisches Hinterfragen notwendig

Abschließend bleibt zu sagen, dass es wichtig ist, die Inhalte solcher Videos und Nachrichten kritisch zu hinterfragen. Leider sind viele Menschen nicht an Fakten interessiert, sondern suchen lediglich Bestätigung für politische Aussagen, die von Populisten, vermeintlich sozialen Vereinen und Influencern verbreitet werden.

Wir sollten stets darauf achten, uns nicht von emotional aufgeladenen Behauptungen täuschen zu lassen und uns auf gut recherchierte Informationen zu stützen. Nur so können wir eine sachliche Diskussion über wichtige Themen wie das Bürgergeld führen und Missverständnisse und Fehlinformationen vermeiden.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

Wird geladen ... Wird geladen ...