Das Landessozialgericht (LSG) Hamburg hat mit Urteil vom 26. Juni 2025 (Az. L 4 AS 135/20) entschieden, dass Jobcenter die Kosten für eine SCHUFA-Auskunft, die im Zusammenhang mit der Anmietung einer neuen Wohnung verlangt wird, nicht als gesonderte Leistung zu übernehmen haben.
Solche Ausgaben sind aus dem Regelbedarf nach dem SGB II zu bestreiten. Zudem verwies das Gericht darauf, dass Betroffene ihr Auskunftsrecht gegenüber der SCHUFA nutzen können, die eine Datenkopie nach Art. 15 DSGVO unentgeltlich bereitstellt.
Was wurde verhandelt?
Ausgangspunkt des Verfahrens war der Antrag einer Leistungsbezieherin auf Übernahme der Kosten für eine Bonitätsauskunft, die Vermieter im Zuge einer Wohnungsbewerbung regelmäßig verlangen.
Das Jobcenter lehnte ab mit der Begründung, die Ausgabe sei vom Regelbedarf umfasst; im Übrigen bestehe die Möglichkeit, eine kostenlose Selbstauskunft bei der SCHUFA einzuholen.
Die Klägerin verfolgte ihr Begehren weiter – ohne Erfolg. Die Entscheidung des LSG bestätigt damit die Ablehnungspraxis der Grundsicherungsträger in vergleichbaren Konstellationen.
Regelbedarf statt Einmalleistung
Nach dem SGB II sind laufende, typischerweise wiederkehrende und in der Lebensführung zu erwartende Ausgaben durch den Regelbedarf abgedeckt. Dazu zählen auch Kosten, die mit der Teilnahme am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben verbunden sind – einschließlich solcher Aufwendungen, die bei üblichen Vertragsabschlüssen oder Bewerbungsprozessen entstehen.
Vor diesem Hintergrund qualifizierte das LSG die Gebühren für eine Bonitätsauskunft nicht als gesonderten, unabweisbaren Mehrbedarf, sondern als vom Regelbedarf zu deckende Position. Die Entscheidung steht damit in der Linie landessozialgerichtlicher Rechtsprechung, die nur in eng begrenzten Ausnahmefällen eine zusätzliche Kostenübernahme bejaht.
Bedeutung des Auskunftsrechts nach DSGVO
Besonderes Gewicht legt das Urteil auf den Hinweis, dass Leistungsberechtigte ihr datenschutzrechtliches Auskunftsrecht nutzen können. Die SCHUFA stellt eine „Datenkopie nach Art. 15 DSGVO“ kostenfrei zur Verfügung.
Diese enthält die über die betroffene Person gespeicherten Daten und ist ausdrücklich als unentgeltliche Auskunft angelegt; zusätzliche Kopien dürfen erst bei offenkundig exzessiven Anfragen bepreist werden.
In der Praxis wird die kostenlose Datenkopie häufig einmal jährlich abgerufen, was auch Verbraucherberatungen so empfehlen; rechtlich ist die starre Jahresgrenze jedoch nicht normiert, sondern ergibt sich aus Zumutbarkeits- und Missbrauchserwägungen der Verordnung.
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Bescheid prüfenPraxisfrage: Datenkopie oder kostenpflichtiger „BonitätsCheck“?
Für die Wohnungssuche verlangen viele Vermietende eine kompakte, vorzeigbare Bescheinigung. Die SCHUFA bietet hierfür den kostenpflichtigen „BonitätsCheck“ an, während die kostenlose Datenkopie nach Art. 15 DSGVO inhaltlich umfangreich ist und sensible Informationen enthalten kann. Verbraucherschützer raten, die Datenkopie – falls sie ausnahmsweise vorgelegt wird – sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls nicht relevante oder besonders sensible Angaben zu schwärzen.
Dass Vermieter die kostenpflichtige Variante bevorzugen, begründet jedoch nach der Entscheidung des LSG keinen Anspruch auf Übernahme der Gebühr durch das Jobcenter. Die Kosten verbleiben im Verantwortungsbereich des Leistungsberechtigten.
Einordnung der Anmerkung von Detlef Brock
In seiner Anmerkung zum Urteil betont der Sozialrechtsexperte Detlef Brock drei Punkte: Die Kosten einer SCHUFA-Auskunft sind nicht vom Jobcenter zu übernehmen; sie gelten als regelbedarfsrelevant; und Leistungsbeziehende sind darauf zu verweisen, ihr Recht auf eine kostenlose Selbstauskunft geltend zu machen.
Konsequenzen für Leistungsbeziehende
Für Bürgergeld-Empfängerinnen und Empfänger bedeutet das Urteil, dass sie die Ausgaben für kostenpflichtige Bonitätsnachweise grundsätzlich aus dem Regelbedarf bestreiten müssen.
Wer eine Bonitätsauskunft benötigt, sollte zunächst die kostenfreie Datenkopie nach Art. 15 DSGVO bei der SCHUFA anfordern und die Inhalte auf Aktualität sowie Richtigkeit prüfen. Kommt die Vorlage der Datenkopie in Betracht, empfiehlt sich eine sparsame Weitergabe nur der für den Mietprozess erforderlichen Informationen.
Die Entscheidung des LSG setzt damit einen klaren Maßstab und schafft Rechtssicherheit in einer häufigen Alltagsfrage der Wohnungssuche unter Leistungsbezug.
Bewertung und Ausblick
Das Urteil ist in seiner Signalwirkung deutlich: Die Grundsicherung dient nicht dazu, marktübliche Komfort- oder Zusatzprodukte zu finanzieren, solange eine sachlich gleichwertige, zumutbare und kostenfreie Alternative existiert.
Zugleich bleibt eine soziale Schieflage erkennbar, wenn Vermieter ausschließlich kostenpflichtige Zertifikate akzeptieren. Diese Marktpraxis – so zeigt die Debatte um die Auffindbarkeit und Akzeptanz der kostenlosen Datenkopie – ist nicht Gegenstand des SGB-II-Leistungsrechts, wirft aber verbraucher- und datenschutzrechtliche Fragen auf.
Ob sich hier künftig Standards zugunsten datensparsamer Nachweise etablieren, wird weniger durch die Sozialgerichtsbarkeit als durch Vermietungsbranche, Aufsichtsbehörden und Gesetzgeber zu beantworten sein.