Wer 2026 weiterarbeitet, sammelt für das gleiche Gehalt etwas weniger Rentenansprüche. Grund sind neue Rechengrößen in der Sozialversicherung: Steigt das maßgebliche Durchschnittsentgelt, sinken pro Jahr die Entgeltpunkte – und damit langfristig die Rentenhöhe.
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Rechengrößen 2026: Was konkret beschlossen ist
Das Bundesarbeitsministerium hat am 9. September 2025 den Entwurf der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2026 vorgelegt; das Bundeskabinett fasste am 8. Oktober 2025 den Beschluss. Damit werden die jährlichen Orientierungswerte – etwa Beitragsbemessungsgrenzen und das vorläufige Durchschnittsentgelt der Rentenversicherung – entsprechend der Lohnentwicklung fortgeschrieben. Ermessen besteht dabei nicht.
Für die Rente entscheidend ist das vorläufige Durchschnittsentgelt 2026: Es liegt bei 51.944 Euro (2025: 50.493 Euro). Dieses Maß bestimmt, wie viele Entgeltpunkte Sie aus Ihrem Jahreseinkommen erwerben. Je höher das Durchschnittsentgelt, desto mehr Einkommen braucht es für einen vollen Punkt.
Weitere Eckwerte 2026 (Auszug):
Größe | 2025 | 2026 |
Vorläufiges Durchschnittsentgelt GRV (jährlich) | 50.493€ | 51.944€ |
BBG allgemeine Rentenversicherung (monatlich/jährlich) | 8.050 € / 96.600 € | 8.450 € / 101.400 € |
BBG knappschaftliche RV (monatlich/jährlich) | 9.950 € / 119.400 € | 10.400 € / 124.800 € |
BBG gesetzliche Krankenversicherung (monatlich) | 5.512,50€ | 5.812,50€ |
Jahresarbeitsentgeltgrenze (GKV-Pflichtgrenze, monatlich) | 6.150€ | 6.450€ |
(Quelle der Werte: BMAS, Bundesregierung, DRV.)
So wirken die neuen Werte auf Ihre Entgeltpunkte
Entgeltpunkte (EP) berechnen sich aus Ihrem Jahresbrutto geteilt durch das maßgebliche Durchschnittsentgelt. Beispiel mit konstant 45.000 Euro Jahreslohn:
- 2025: 45.000 € ÷ 50.493 € = 0,891 EP
- 2026: 45.000 € ÷ 51.944 € = 0,866 EP
Die Differenz beträgt 0,025 EP pro Jahr. Ein Entgeltpunkt ist seit 1. Juli 2025 40,79 Euro brutto im Monat wert. Damit „fehlen“ aus diesem einen Arbeitsjahr rechnerisch rund 1 Euro Monatsrente – auf heutiger Wertbasis.
Über 30 oder 40 Erwerbsjahre summiert sich das spürbar. Wichtig: Die Rentenwerte ändern sich jährlich, das Beispiel zeigt den Mechanismus vereinfacht.
Gilt das auch für alle, die 2026 in Rente gehen?
Wer 2026 in den Ruhestand wechselt, nimmt alle bisher gesammelten Entgeltpunkte mit. Betroffen ist nur der Teil, der 2026 noch erarbeitet wird. Wer 2026 nicht mehr einzahlt, spürt den Effekt kaum; wer weiterarbeitet, sammelt für dieses Jahr etwas weniger Punkte.
Maßgeblich bleibt außerdem der aktuelle Rentenwert, der jeweils zum 1. Juli angepasst wird. 2025 stieg er auf 40,79 Euro je Entgeltpunkt. Wie der Wert 2026 ausfällt, entscheidet sich erst im Frühjahr 2026.
Warum gleiche Arbeit weniger Punkte bringt
Die Kopplung an die Lohnentwicklung sorgt für den Effekt: Steigt das Durchschnittsentgelt, dann sinken die Entgeltpunkte aus einem gleichbleibenden Gehalt. Das System vergleicht Ihr Einkommen immer mit dem gesamtdeutschen Durchschnitt.
Läuft der Arbeitsmarkt gut und die Löhne steigen, „rutschen“ Verdienste, die nicht mithalten, relativ nach unten – mit Folgen für die Punkte. Das ist gesetzlich so vorgesehen und wird jährlich per Verordnung nachvollzogen.
Wer spürt die Veränderungen am stärksten?
Menschen mit mittleren Einkommen merken den Rückgang pro Arbeitsjahr am ehesten. Wer knapp über Mindest- oder unterhalb der Bemessungsgrenze verdient, hat wenig Spielraum, zusätzliche Punkte zu schaffen.
Gutverdiener zahlen 2026 wegen höherer Grenzen etwas mehr Beiträge, erwerben aber – relativ zu ihrem hohen Einkommen – ebenfalls weniger Punkte, wenn ihr Lohn nicht im gleichen Maß wächst. Für die Rentenkasse bedeutet das langfristig geringere Ansprüche aus gleichbleibenden Löhnen.
Beispiel: Monatsrente pro Beitragsjahr
Zur groben Einordnung (vereinfachte Rechnung auf Basis des Rentenwerts ab 1. Juli 2025):
- 2025: 0,891 EP × 40,79 € ≈ 36,34 € Monatsrente je Beitragsjahr
- 2026: 0,866 EP × 40,79 € ≈ 35,35 € Monatsrente je Beitragsjahr
Die Differenz liegt bei rund 0,99 € im Monat pro Beitragsjahr. Über Jahrzehnte entsteht so ein dauerhafter Abstand. (Individuelle Faktoren wie Kinderzeiten, Teilzeit, Zu-/Abschläge bleiben unberücksichtigt.)
Häufige Missverständnisse – kurz erklärt
„Die Verordnung senkt die Renten.“
Nein. Die Verordnung ändert Rechengrößen. Ihre laufende Rente steigt oder fällt dadurch nicht. Anpassungen der Rentenhöhe regelt die jährliche Rentenanpassung zum 1. Juli. 2025 stiegen die Renten um 3,74 %.
„Ost und West haben unterschiedliche Werte.“
Seit 2025 gelten einheitliche Rentenwerte. Unterschiede bei Rechengrößen bestehen nicht mehr.
„Ein Rentenpunkt bleibt immer gleich viel wert.“
Der aktuelle Rentenwert verändert sich jährlich. Der Gegenwert eines Punktes ist nicht fix, sondern wird per Rentenanpassung neu festgelegt.
Was Sie jetzt konkret tun können
Prüfen Sie jährlich Ihre Renteninformation: Kontrollieren Sie die Zahl der Entgeltpunkte und die Hochrechnung. Weicht Ihr Einkommen vom Branchentrend ab, sollten Sie finanzielle Reserven einplanen; Orientierung bietet die DRV-Renteninformation. Stärken Sie zusätzlich Ihre betriebliche oder private Vorsorge.
Prüfen Sie Möglichkeiten der Entgeltumwandlung, Arbeitgeberzuschüsse und flexible Zusatzsparpläne. Wer 50 plus ist, kann mit Ausgleichszahlungen nach § 187a SGB VI mögliche Abschläge mindern – lassen Sie sich dazu beraten; eine individuelle Beratung übernehmen die Deutsche Rentenversicherung oder unabhängige Rentenberater.
Schließen Sie nach Möglichkeit Zeiten: Freiwillige Beiträge oder Nachzahlungen für Schul- und Ausbildungsphasen können Lücken verkleinern.
Behalten Sie außerdem Ihre Einkommensentwicklung im Blick. Wer Gehaltssteigerungen verhandelt, kann den Effekt steigender Durchschnittslöhne besser ausgleichen.
Politische Einordnung: Reformdruck bleibt
Die Verordnung zeigt ein strukturelles Dilemma: Die Rentenversicherung misst Ansprüche relativ zum Durchschnittslohn. Wer nicht im Takt der Löhne steigt, sammelt weniger Punkte. Das ist systemlogisch – und politisch umstritten, weil es Kaufkraftverluste schwerer abfedert.
Parallel steigen Beitragsgrenzen in RV und GKV 2026 spürbar. Die Debatte über langfristige Stabilisierung – von Zuschüssen bis Kapitalstock – wird daher an Fahrt gewinnen.