Wer Hartz IV kritisierte, kritisierte auch die Regelleistungen die nicht das Existenzminimum sicherten. Als das Bürgergeld eingeführt wurde, erwuchs die Hoffnung, dass nun alles viel besser werden würde. Vor allem wurde erwartet, dass nunmehr die Regelleistungen vor Armut schützen.
Bürgergeld-Regelsätze decken die Kosten nicht
Die Anpassungen des Bürgergeldes bleiben jedoch weit unter dem, was soziale Organisationen wie der Paritätische Wohlfahrtsverband mit fachlicher Expertise als Deckung der realen Kosten fordern. Dabei geht es nicht um „Geschenke“, sondern um eine in der Verfassung festgeschriebene Pflicht: Armut im Sinne eines dauerhaften Sinkens unter das Existenzminimum zu vermeiden.
Inflation wird eingerechnet
Der Regelsatz beim Bürgergeld für einen Alleinstehenden liegt derzeit bei 502 Euro im Vergleich zum damaligen Hartz IV Satz von 449 Euro. Diese 53 Euro Plus basieren auf dem § 28 a SGB XII, welches eine Fortschreibung des Regelbedarfs vorgibt.
Im Unterschied zu Hartz IV soll dieser Regelbedarf an die Inflation angepasst werden. Dies ist zwar ein Fortschritt, bleibt aber unzureichend. Denn die realen Steigerungen der Lebenshaltungskosten durch die Inflation und Preissteigerung fallen massiver aus, als der Regelsatz auffängt. Dies analysierten Sozialverbände.
Die Basisfortschreibung
Das Bürgergeld berechnet als Basisfortschreibung des Regelsatzes die zwölf Monate vom 1. Juli des vorletzten bis zum 30. Juni des letzten Jahres – im Vergleich zu der entsprechenden Zeit in den Jahren zuvor. Damit werden die Differenzen in der Entwicklung der Preise und Löhne einbezogen und der Regelsatz entsprechend angeglichen.
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Die ergänzende Fortschreibung
Die ergänzende Fortschreibung vergleicht zusätzlich das zweite Quartal des vorletzten Jahres mit dem zweiten Quartal des letzten Jahres. Hier wird jedoch nur die Preisentwicklung berücksichtigt bei den Produkten und Dienstleistungen, die aus dem Regelbedarf bezahlt werden.
Der Haken an der Sache ist folgender: Die Inflation selbst fließt nicht in diese Berechnung ein. Eine Orientierung allein an den Preissteigerungen wäre nur dann valide, wenn der Geldwert sich nicht geändert hätte. Steigende Preise plus Inflation bedeuten aber eine doppelte Minderung und damit Gefahr der Verarmung.
Wie hoch soll der Regelbedarf steigen?
Im November 2022 ging der Existenzminimumsbericht der Bundesregierung für 2024 von einem um sechs bis acht Prozent erhöhten Regelbedarf aus. Bei heute 502 Euro würden bei sechs Prozent 30,12 Euro mehr ausbezahlt, bei acht Prozent 40,16 Euro.
Weit unter den realen Bedürfnissen
Diese 2024 mögliche Anpassung liegt weit unter den realitätsbezogenen Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Diese lagen bei mindestens 725 Euro statt 502 Euro.
Außerdem müssten, laut dem Verband, die Stromkosten gänzlich übernommen werden und dürften nicht auf Kosten des Regelsatzes gehen. Eine angepasste Berechnung mit den Methoden, die der Einschätzung von 725 Euro zugrunde liegt müsste bei der derzeitigen Preissteigerung und Inflation sogar bei mehr als 800 Euro eines Regelsatzes liegen. Andernfalls droht ein Schlittern unter das Existenzminimum.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.