Hartz IV: Recht auf Nachhilfe bestätigt

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Urteil: Jobcenter muss Kosten für Nachhilfeunterricht zurückzahlen

18.02.2014

Die Übernahme von Nachhilfekosten durch das Jobcenter ist im Rahmen der Leistungen für Bildung und Teilhabe nicht auf die Dauer von zwei Monaten beschränkt. Das entschied das Sozialgericht (SG) Dortmund. Nach bisheriger Rechtsprechung wurden Nachhilfekosten nur im zeitlich begrenzen Rahmen übernommen. Dabei spielte es keine Rolle, ob der Schüler weiterhin eine Lernförderung benötigt oder nicht. Diese unsinnige Regelung hob das SG nun mit seinem Urteil vom 20. Dezember 2013 auf (Aktenzeichen: S 19 AS 1036/12).

Jobcenter gewährte Nachhilfeunterricht nur für zwei Monate
Im verhandelten Fall hatte eine alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern auf die Übernahme der Kosten für Nachhilfeunterricht geklagt. Eine der Töchter hatte eine Lernschwäche in Mathe, die ihre Versetzung gefährdete. Da die Realschule keine Förderprogramme oder Hausaufgabenhilfe in diesem Fach anbot, beantragte die Hartz IV-Bezieherin die Kostenübernahme für Nachhilfeunterricht zunächst beim zuständigen Jobcenter Märkischer Kreis. Die Kosten beliefen sich auf 78 Euro monatlich für einen 90 minütigen Gruppenunterricht pro Woche.

Das Amt stimmte dem Gesuch der Mutter zu und gewährte den Nachhilfeunterricht für die Tochter für zwei Monate. Im ersten Halbjahr des darauf folgenden 9. Schuljahres weigerte sich das Jobcenter jedoch, weiterhin für die Nachhilfekosten aufzukommen. Trotz einer Bescheinigung der Klassenlehrerin und der Fachlehrer, aus der die Notwendigkeit der Lernförderung hervorging, lehnte das Amt eine weitere Kostenübernahme ab.

Im zweiten Halbjahr stellte die Mutter wieder einen Antrag auf außerschulische Lernförderung, da ohne den Nachhilfeunterricht die Versetzung der Tochter gefährdet gewesen wäre. Das bescheinigten die Lehrer in einer Stellungnahme. Das Jobcenter lehnte dennoch das Gesuch ab, da die Leistungen zur Lernförderung für maximal zwei Monate und nicht für einen längeren Zeitraum – wie im Fall der Realschülerin – gezahlt werden könnten. Die Mutter reichte daraufhin Klage ein.

SG unterstreicht Chancengerechtigkeit bei Bildung
Das SG Dortmund entschied mit seinem Urteil zu Gunsten der Klägerin. Die Stellungnahmen der Lehrer würden belegen, dass die Nachhilfe geeignet und erforderlich zur Erreichung des Lernziels sei, hieß es in der Urteilsbegründung. Zudem ergebe sich aus den gesetzlichen Vorgaben keine zeitliche Begrenzung für die Lernförderung. Vielmehr müsse sich die Dauer des Nachhilfeunterrichts an dem Förderungsbedarf des Kindes orientieren. Eine pauschale Begrenzung stehe der Verwirklichung von Chancengerechtigkeit für Kinder von Eltern in Hartz IV-Bezug entgegen, die durch das Bundesverfassungsgericht angemahnt wurde.

Das Jobcenter wurde dazu verpflichtet, rückwirkend die Nachhilfekosten für ein Schulhalbjahr (78,00 Euro pro Monat) zu übernehmen. Die Mutter hatte sich das Geld vom Munde abgespart, um ihrer Tochter trotz der Weigerung des Jobcenters die Lernförderung zu ermöglichen. Das Mädchen erreichte dank der Nachhilfe die Fachoberschulreife und macht derzeit ihr Fachabitur. (ag)

Bild: Karl-Heinz Laube / pixelio.de

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