Die Zwangsräumung einer hochschwangeren Frau aus ihrer Wohnung darf nicht zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr für sie und das noch ungeborene Kind führen. Bestimmt ein Amtsgericht die Zwangsräumung der Wohnung, muss das Grundrecht der Mieterin auf körperliche Unversehrtheit berücksichtigt werden, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag, 5. Juni 2025, veröffentlichten Beschluss (Az.: 2 BvQ 32/25).
Sozialamt verwies auf Container-Notunterkunft
Verweist eine Gemeinde die betroffene Familie auf eine Unterbringung in einer Container-Notunterkunft, muss dort die medizinische und hygienische Versorgung des noch ungeborenen Kindes gewährleistet sein, forderten die Karlsruher Richter.
Damit hatte der Antrag einer Familie aus dem Raum Schwabach in Unterfranken auf einstweilige Anordnung und Aussetzung der Zwangsräumung Erfolg. Ihr Vermieter hatte beim Amtsgericht Schwabach die Zwangsräumung erwirkt.
Die Familie hatte vor Gericht zwar eine Bescheinigung eines Krankenhauses vorgelegt, welche die Schwangerschaft der Frau und einen kurz bevorstehenden Kaiserschnitt belegte.
Sie führten auch an, dass ein Mindestmaß an medizinischer und hygienischer Grundversorgung des Kindes in der von der Gemeinde angebotenen Notunterkunft in einem Container nicht möglich sei.
Bundesverfassungsgericht betont Recht auf körperliche Unversehrtheit
Das Gericht räumte dem Interesse des Vermieters an seinem Grundrecht auf Eigentum dennoch Vorrang ein. Es führte aus, dass die Frau „erneut schwanger geworden sein soll“ und die erneute Schwangerschaft im Hinblick auf ihre finanzielle Situation „geradezu fahrlässig“ erscheine.
Eine nähergehende Prüfung, inwieweit die Zwangsräumung zu einer erheblichen Gesundheitsgefährdung von Mutter und Kind führen könnte, wurde vom Amtsgericht nicht durchgeführt.
Mit Beschluss vom 18. Mai 2025 gab das Bundesverfassungsgericht dem Antrag auf einstweilige Anordnung statt und setzte die Zwangsräumung bis zur Entscheidung über eine noch einzulegende Verfassungsbeschwerde, längstens jedoch für sechs Monate aus.
Zwangsvollstreckung wird nicht eingestellt
Eine mit der Zwangsräumung verbundene Lebens- oder Gesundheitsgefahr bedeutet zwar noch nicht, dass die Zwangsvollstreckung eingestellt werden muss. Bestehen jedoch „geeignete Maßnahmen“, mit denen dieser Gefahr begegnet werden kann, ist die Zwangsräumung weiter möglich.
Das Amtsgericht habe hier aber weder die vorgebrachten Gesundheitsgefahren ausreichend geprüft, noch untersucht, ob die Versorgung des Kindes in der in Aussicht gestellten Notunterkunft in einem Container in zumutbarer Weise sichergestellt werden könne. Damit drohe eine Verletzung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit. fle