Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs für den Erlass einer einstweiligen Anordnung verneint
Wenn Bezieher von Bürgergeld im Eilverfahren vor Gericht vortragen, dass ihnen ein Umzug in eine andere Wohnung aus gesundheitlichen Gründen unmöglich sei, greift dieser Einwand nicht durch. Denn hierzu fehlt es an einer entsprechenden Glaubhaftmachung, etwa in Form der Vorlage entsprechender ärztlicher Befundberichte für – beide – Antragsteller ( LSG BW Az. L 2 AS 1476/25 ER-B ).
Ärztlich – wünschenswerte Unterstützung beim Umzug reicht nicht aus bei nicht genereller Umzugsunmöglichkeit
Amtsärztliche Feststellung, dass aufgrund der Erkrankungen bei der Durchführung des Umzugs Unterstützung Wünschenswert wäre, reicht nicht zur Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes bei Gericht, wenn der Umzug nicht generell ausgeschlossen ist
Dies muss um so mehr gelten, wenn die Antragsteller amtsärztlich untersucht wurden und die Amtsärztin aufgrund der Erkrankungen des Antragstellers zwar Unterstützung bei der Durchführung des Umzugs für – wünschenswert – , nicht indes einen Umzug als solchen für ausgeschlossen hielt.
Absage des Termin zur amtsärztlichen Untersuchung durch die Antragstellerin
Somit konnte sich das Gericht nicht von der Unzumutbarkeit des Umzugs für die Antragstellerin überzeugen, denn wenn die Antragsteller es, wie hier, selbst in der Hand haben, durch Vorlage ärztlicher Bescheinigungen ihrer behandelnden Ärzte substantiiert zur geltend gemachten Unmöglichkeit eines Umzugs vorzutragen und diesen glaubhaft zu machen.
Das Gericht weißt auf wichtigen Punkt hin zur Unzumutbarkeit beim Umzug aus gesundheitlichen Gründen und behinderungsbedingt eine Haltung eines Therapiehundes erforderlich ist
1. Die Vorlage von Bescheinigungen über vorübergehende Arbeitsunfähigkeit genügt nicht, die Unmöglichkeit eines Umzugs glaubhaft zu machen, wenn die Antragsteller seit der Kostensenkungsaufforderung im Dezember 2023 davon Kenntnis haben, dass ihre Wohnung unangemessen teuer ist und sie seitdem Gelegenheit hatten, sich um eine Wohnung zu bemühen.
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Bescheid prüfen2. Nicht glaubhaft machen konnten die Antragsteller, dass die (neue) Wohnung behinderungsbedingt ebenerdig sein oder einen Fahrstuhl haben müsse und sich behinderungsbedingt ein Therapiehund als Hinderungsgrund auswirke (man habe schon mehrere Ablehnungen wegen Hundehaltung erhalten), weist das Gericht darauf hin, dass es auch insoweit – sowohl bezüglich der Notwendigkeit einer gehbehinderungsgerechten Wohnung als auch bezüglich der behinderungsbedingten Notwendigkeit der Haltung eines Hundes (der Antragsteller gab in seiner Selbstauskunft gegenüber dem Immobilienmakler an, er habe einen Dackel und eine Katze) – an einer Glaubhaftmachung durch die Antragsteller fehlt.
Fazit
1. Im einstweiligem Rechtsschutz vor Gericht müssen die Antragsteller die Unzumutbarkeit eines Umzugs aus gesundheitlichen Gründen glaubhaft gemacht, zum Beispiel durch Vorlage entsprechender ärztlicher Befundberichte.
2. Die Vorlage von Bescheinigungen über vorübergehende Arbeitsunfähigkeit genügt nicht, die Unmöglichkeit eines Umzugs glaubhaft zu machen, wenn die Kostensenkungsaufforderung schon mehr wie 1 Jahr zurück liegt.
3. Machen Leistungsbezieher für die neue Wohnung geltend, dass diese zum Beispiel über einen Fahrstuhl verfügen muss, sie behinderungsbedingt ebenerdig sein muss und dass die Haltung eines Therapiehundes erlaubt ist, muss der Antragsteller dies glaubhaft machen, allein der Wunsch reicht nicht aus.
Anmerkung vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock/ Praxistipp zum Bürgergeld/ Sozialhilfe
1. Sozialhilfeträger/ Jobcenter müssen bei besonders schwer verfügbaren, behindertengerechten Wohnungen auch Kosten oberhalb der Angemessenheitsgrenze übernehmen ( es war eine barrierefreie Wohnung notwendig und die potentiellen Vermieter mussten einen Therapiehund zulassen), denn bei Verschlossenheit des Wohnungsmarkts muss der Sozialhilfeträger im Einzelfall die tatsächlichen Kosten der Unterkunft übernehmen ( SG Aurich Az. S 13 SO 26/21 in Anlehnung an BSG, Urteil vom 06.10.2022 – B 8 SO 7/21 R ).
2. Ist der Wohnungsmarkt für Behinderte bzw. Leistungsempfänger verschlossen, muss das Jobcenter bei Vorliegen der Voraussetzungen die tatsächlichen Unterkunftsbedarfe übernehmen ( § 22 Abs. 1 SGB 2 ). Das Jobcenter muss nach Hinweis des Gerichts einer alleinerziehenden Mutter mit ihrem behindertem Kind ( Pflegestufe 5 ) die tatsächliche Miete bezahlen,
Das gilt auch, wenn nur die Behinderung eines Mitgliedes der Bedarfsgemeinschaft entscheidungserheblich ist ( SG Aurich Az. S 55 AS 378/23 ).