Verwaltungsgericht darf nicht blind dem Papier glauben

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Bundesverfassungsgericht schรผtzt vor รผbereilter Abschiebung

Wenn ein Verwaltungsgericht einen Asylantrag als โ€žoffensichtlich unbegrรผndet” einstufen will, hรคngen die Hรผrden hierfรผr hoch. Das Gericht muss sich dabei deutlich auch mit dem Vorbringen des Flรผchtlings auseinandersetzen, forderte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Freitag, 8. Mรคrz 2019, verรถffentlichten Beschluss (Az.: 2 BvR 1193/18). Hintergrund ist, dass es bei einem โ€žoffensichtlich unbegrรผndeten” Antrag nach dem Verwaltungsgericht keine weiteren Rechtsmittel gegen eine Abschiebung mehr gibt.

Danach kann ein Mann aus dem Sudan jedenfalls vorerst in Deutschland bleiben. Seinen Papieren nach war er 2017 als โ€žForscher” nach Deutschland gekommen. Vor dem Bundesamt fรผr Migration und Flรผchtlinge (BAMF) trug er allerdings vor, er sei Automechaniker gewesen. Er sei drei Monate lang in einem โ€žFoltergefรคngnis” gewesen, habe dann aber nach Sรผdsudan und schlieรŸlich nach Uganda fliehen kรถnnen. Bei einer Rรผckkehr in den Sudan drohe ihm Folter. Nach Berichten von Menschenrechtsorganisationen seien auch Flรผchtlinge gefoltert worden, die 2017 aus Belgien in den Sudan zurรผckgeschoben wurden.

Die Papiere, die ihn als โ€žForscher” des sudanesischen Landwirtschaftsministeriums ausweisen, hรคtten ihm seine Schlepper gegeben, erklรคrte der Sudanese. Dies sei notwendig gewesen, um รผberhaupt ein Visum fรผr Deutschland zu bekommen.

Das BAMF glaubte mehr dem Papier. Das Vorbringen des Sudanesen widerspreche seinen Angaben im Visumantrag und sei daher offensichtlich unwahr. Auch seine Antrรคge auf Asyl, Flรผchtlingseigenschaft oder zumindest subsidiรคren Abschiebeschutz seien deshalb โ€žoffensichtlich unbegrรผndet”.

Stuft das BAMF einen Antrag auf Asyl oder Schutz nicht nur als โ€žunbegrรผndet”, sondern als โ€žoffensichtlich unbegrรผndet” ein, besteht Rechtsschutz nur vor einer einzigen Instanz. Hier schloss sich das Verwaltungsgericht Potsdam mit einem Eilbeschluss dem BAMF an, ohne sich mit dem Vorbringen des Sudanesen auseinanderzusetzen.

Das jedoch ist zu wenig, entschied nun das Bundesverfassungsgericht. Es verwies die Klage zur erneuten Prรผfung an das Verwaltungsgericht zurรผck.

Zur Begrรผndung verwiesen die Karlsruher Richter auf den Umstand, dass hier nur eine einzige Instanz fรผr den Rechtsschutz zur Verfรผgung steht. Eine solche Beschrรคnkung sei zwar zulรคssig, erhรถhe aber die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die โ€žWahrheitserforschung” durch dieses Gericht. Wolle es die Einstufung als โ€žoffensichtlich unbegrรผndet” bestรคtigen, mรผsse es schon im Eilverfahren รผber eine grobe Prรผfung oder reine Prognose hinausgehen und den Sachverhalt โ€žerschรถpfend” prรผfen.

Dem werde hier die Entscheidung nicht gerecht. Sowohl das BAMF als auch das Verwaltungsgericht hรคtten sich allein auf die Widersprรผche zwischen dem Visumantrag und dem spรคteren Vorbringen des Flรผchtlings bezogen. Spรคtestens das Verwaltungsgericht hรคtte sich aber auch mit den von dem Sudanesen hierfรผr vorgebrachten Erklรคrungen auseinandersetzen mรผssen, forderte das Bundesverfassungsgericht in seinem jetzt schriftlich verรถffentlichten Beschluss vom 25. Februar 2019. Vรถllig unplausibel und deswegen โ€žoffensichtlich” unwahr seien diese jedenfalls nicht. mwo/fle