Verletztenrente kann gepfändet werden

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BGH: Geldleistung zählt wie normales Arbeitseinkommen

25.11.2016

Karlsruhe (jur). Eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung kann gepfändet werden. Die laufende Geldleistung gilt wie Arbeitseinkommen, überschuldete Personen können allerdings Pfändungsfreigrenzen geltend machen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 24. November 2016, veröffentlichten Beschluss (Az.: IX ZB 66/15).

Vor Gericht war eine 73-jährige Rentnerin aus Karlsruhe gezogen. Im September 2014 wurde bei ihr wegen zu hoher Schulden das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Insolvenzverwalter wollte einen Teil ihrer monatlichen Einkünfte pfänden. Dabei zählte er die reguläre Altersrente der Frau und ihre Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusammen. Nach Abzug der Pfändungsfreigrenze ergebe sich ein pfändbarer Betrag von monatlich 10,47 Euro, so der Insolvenzverwalter.

Die Rentnerin widersprach. Zum einen würden beide Renten jeweils unter der Pfändungsfreigrenze liegen. Zum anderen sei die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung insgesamt unpfändbar. Denn sie gleiche unter anderem einen erlittenen Körper- beziehungsweise Gesundheitsschaden aus.

In seinem Beschluss vom 20. Oktober 2016 entschied der BGH, dass die Verletztenrente genauso wie reguläres Arbeitseinkommen zu werten ist und damit bis auf die Pfändungsfreigrenze gepfändet werden kann. Nach dem Sozialgesetzbuch I seien zwar Eltern- und Betreuungsgeld, Mutterschafts- und Wohngeld sowie Geldleistungen, die den durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwand ausgleichen sollen, unpfändbar.

Die Verletztenrente solle jedoch keinen Mehraufwand für einen Körper- oder Gesundheitsschaden ausgleichen. Sie gleiche vielmehr nur die infolge der Verletzung erlittene Erwerbsminderung und den damit verbundenen Einkommensverlust aus. Damit bestehe eine Lohnersatzfunktion. Die Verletztenrente diene der Sicherung des Lebensunterhalts. Nach dem Gesetz seien solche laufenden Geldleistungen bei der Pfändung wie Arbeitseinkommen zu behandeln

Schließlich gehörten auch schuldrechtliche Forderungen zu den im Grundgesetz garantierten Eigentumsrechten. Pfändungsverbote seien nur aus Gründen des Sozialstaatsprinzips gerechtfertigt, „um die eigene Lebensgrundlage durch Pfändungsfreibeträge zu sichern“, so der BGH. Bei krankheitsbedingten Mehraufwendungen könne die Rentnerin allenfalls die Erhöhung des unpfändbaren Betrages verlangen. Bei der Berechnung der Pfändungsfreigrenzen dürften wie andere verschiedene Einkünfte auch, die reguläre Altersrente und die Verletztenrente zusammengezählt werden. fle/mwo