Urteil: Wechsel zum Christentum reicht allein nicht als Abschiebeschutz

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OVG Koblenz: Taufe darf nicht formaler Akt sein

Allein eine Taufe und die damit einhergehende Mitgliedschaft in der katholischen Kirche schützt einen jungen gesunden afghanischen Flüchtling noch nicht vor einer Abschiebung in sein Heimatland. Nur wenn klar ist, dass der Flüchtling in Afghanistan auf seine christlich-religiöse Betätigung nicht verzichten kann und er „ernsthaft und nachhaltig” seine Entscheidung hin zum christlichen Glauben getroffen hat, kommt ein Abschiebehindernis infrage, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem am Dienstag, 3. März 2020, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 13 A 11356/19.OVG).

Damit darf ein afghanischer Flüchtling abgeschoben werden, der Ende 2015 nach einem Zwischenaufenthalt in Schweden in Deutschland einreiste und einen Asylantrag stellte. Im November 2016 wurde er rechtskräftig wegen Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Als sein Asylantrag abgelehnt wurde, wollte er gerichtlich ein Abschiebungsverbot feststellen lassen.

Er sei mittlerweile vom islamischen hin zum katholischen Glauben konvertiert und habe sich taufen lassen. Er befürchte wegen seines Übertritts zum christlichen Glauben bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine Gefahr für Leib und Leben. Ein katholischer Geistlicher bestätigte die ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung des Afghanen.

Doch an dieser Einschätzung ist das Gericht nicht gebunden, so das OVG. Die Koblenzer Richter hatten vielmehr Zweifel, ob der Kläger tatsächlich aktiv seinen katholischen Glauben leben will und seine religiöse Identität ihn in seinem Tun prägt. Zwar habe er sich eingehend mit den religiösen Grundlagen und der Praxis des katholischen Glaubens vertraut gemacht. Das für ihn die christlich-religiöse Betätigung unverzichtbar wäre, könne aber nicht festgestellt werden.

So setze sich der Kläger mit seinen begangenen Straftaten kaum auseinandern oder zeige Reue. Er habe auch nicht aktiv auf Entfernung seines Gebetsteppichs in seiner Haftzelle hingewirkt. Er habe auch erst ein Jahr nach der Taufe im Gefängnis einen Wechsel von seiner religiösen Austauschkost zur „Normalkost” vollzogen. Es fehle damit an Anhaltspunkten, dass die Taufe mehr war als ein formaler Akt.

Die schlechten allgemeinen Lebensverhältnisse und die instabile Sicherheitslage in Afghanistan seien führten ebenfalls nicht zu einem Abschiebungsverbot. Junge männliche afghanische Staatsangehörige seien bei einer Rückkehr in den Raum Kabul nicht von dem für ein Abschiebungsverbot „erforderlichen hohen Schädigungsniveau bedroht”, so das OVG in seinem Urteil vom 22. Januar 2020. fle

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