Die Rentenkasse muss Versicherte aktiv darüber informieren, dass Sie statt einer Vollrente auch eine Teilrente beziehen können. Wenn die Rentenversicherung dies versäumt, dann kann Sie auch rückwirkend verpflichtet werden, eine Teilrente zu gewähren. So urteilte das Sozialgericht Hannover. (Az: S 78 R 8/ 21)
Was bedeutet Teilrente?
Seit 2017 können Rentenberechtigte statt einer vollen Altersrente Ihre Rente auch nur teilweise beantragen, und dies in einem weiten Rahmen. Bei einer Teilrente müssen Sie mindestens zehn Prozent Ihrer Rente beziehen, und maximal 99,99 Prozent. Die Höhe können Sie frei wählen.
Wer hat Anspruch auf eine Teilrente?
Grundsätzlich kann jeder Teilrente beantragen, der zu einer gesetzlichen Altersrente berechtigt ist, und das Alter von 63 Jahren erreicht hat (Altersrente für langjährig Versicherte). Beim Anspruch auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist eine Teilrente sogar schon mit 62 Jahren möglich.
Der Anspruch besteht für alle gesetzlichen Altersrente: also für die generelle Altersrente zur Regelaltersgrenze ebenso wie für die vorzeitige Altersrente für langjährig Versicherte mit Abzügen, für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen und auch für die vorzeitige Altersrente für besonders langjährig Versicherte ohne Abschläge.
Pflege bei Vollrente
Eine Versicherte hatte geklagt, die seit November 2018 eine gesetzliche Vollrente bezog und über den Rentenbeginn hinaus einen Familienangehörigen pflegte. Mit einer Teilrente hätte sie weiterhin Pflichtbeiträge in die Rentenversicherung über die Pflegekasse eingezahlt, und so ihre Rente erhöht.
Die Rentenversicherung ist in der Pflicht
Das Sozialgericht Hannover entschied zugunsten der Klägerin. Wenn die Rentenversicherung weiß, dass eine Versicherte weiterhin nicht erwerbsmäßig Angehörige pflegt, dann ist Aufklärung Pflicht, so die Richter.
Die Rentenkasse hätte die Betroffene also informieren müssen, dass Sie eine Teilrente beanspruchen kann. Außerdem sei die Rentenversicherung verpflichtet gewesen, der Frau die versicherungsrechtlichen Vorteile zu erläutern. Da die Rentenkasse diese Aufklärung unterließ, muss Sie den Rentenantrag der Klägerin rückwirkend neu bescheiden.
Das Gericht begründete diesen Anspruch auf Information durch das „gesetzgeberische Ziel“ des seit 2017 gültigen Gesetzes zur Teilrente. Diese Möglichkeit wird wegen ihrer Flexibilität auch Flexirente genannt. Das Ziel der Flexirente sei es, Weiterarbeiten nach der Regelaltersgrenze attraktiv zu machen und zudem die Absicherung im Alter zu verbessern.
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Teilrente und Teilzeitarbeit
Die Teilrente ist ausdrücklich dafür gedacht, sich den Lebensunterhalt für eine bestimmte Zeit durch eine Mischung aus Einkommen und Rente zu sichern. Sie soll die Möglichkeit bieten, den Übergang vom Erwerbsleben zur Altersrente flexibel zu gestalten und nach den eigenen Bedürfnissen und Lebensplänen zu organisieren.
Ein großer Vorteil im Vergleich zur Vollrente besteht darin, dass Teilrentner weiterhin einen Anspruch auf Krankengeld und Arbeitslosengeld haben. Besonders günstig ist die Teilrente für Menschen wie die Klägerin, die Angehörige nicht erwerbsmäßig pflegen.
Die Rentenversicherung erklärt dazu: „Grundsätzlich zahlt die Pflegekasse bei Bezug einer Vollrente nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für Personen, die nicht erwerbsmäßig häuslich pflegen.
Mit (…) Teilrente (…) können Pflegende jedoch erwirken, dass die Pflegekasse auch nachdem die Regelaltersgrenze erreicht wurde, weiterhin Beiträge zur Rentenversicherung zahlt.
Dieses Urteil stärkt die Rechte der Versicherten
Das Sozialgericht Hannover stärkt die Rechte der Rentenberechtigten. Denn mit der Entscheidung ist klar: Es reicht nicht aus, wenn die Deutsche Rentenversicherung auf Ihrer Webseite über die Vorteile einer Teilrente bei der Pflege Angehöriger informiert.
Die Mitarbeiter der Rentenkasse müssen bei Kenntnis Betroffene vielmehr aktiv und persönlich darüber aufklären, dass Sie in diesem Fall von einer Teilrente profitieren würden.