Unzumutbares Urteil: Regelmäßig verspätete Rente trotz Existenznot zumutbar

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Gericht verneint Rechtsschutzintresse bei verspäteten Rentenzahlungen

Regelmäßig verspätete Rentenzahlungen von der Deutschen Rentenversicherung begründen nach Ansicht des LSG Schleswig-Holstein (AZ: L 7 R 11/25 B ER) kein Rechtsschutzinteresse für den Antragsteller, obwohl er deswegen seine Miete nur unpünktlich zahlen konnte.

Rentner stellt Eilantrag bei dem Sozialgericht Kiel auf Verpflichtung der Rentenversicherung zur pünktlichen Rentenzahlung

Den Eilantrag des Rentners lehnt das Sozialgericht Kiel mit der Begründung ab, dem Rentner drohten keine „unzumutbaren Nachteile“, so dass er nicht „konkret in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht“ sei.

Ein drohender Wohnraumverlust könne zwar einen Anordnungsgrund begründen. Nachweise dafür, dass ihm eine Wohnungskündigung konkret droht, habe der Rentner indessen – „trotz diesbezüglicher gerichtliche Aufforderung“ – nicht beigebracht.

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt aus Kiel kritisierte bereits mehrfach an verschiedenen Stellen diese Rechtsprechung und sieht sie als problematisch an.

Denn anders als die fristlose Kündigung lässt sich eine fristgerechte Kündigung nicht durch (Nach-) Zahlung der Miete heilen und Amtsgerichte haben immer wieder entschieden, dass selbst die häufigere verspätete Zahlung der Miete nur um wenige Tage eine fristgerechte Wohnraumkündigung rechtfertigen kann.

Ob eine Wohnraumkündigung „droht“, weiß ein Mieter deswegen erst, wenn die Kündigung im Briefkasten liegt. Dann aber ist es zu spät – auch für ein gerichtliches Eilverfahren vor dem Sozialgericht etwa auf Mietschuldenübernahme, denn dann heißt es:

Kein Rechtschutzbedürfnis mehr, weil sich das Mietverhältnis ohnehin nicht mehr retten lässt (vgl. etwa Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 14.12.2023, L 6 AS 127/23 B ER), so ausdrücklich RA Helge Hildebrandt ( Erstveröffentlichung in HEMPELS 6/2025 ).

Auch Sozialreferent Harald Thome von Tacheles e.V. äusserte sich dazu in seinem aktuellem Newsletter 18/2025 vom 01.06.2025:

“Wenn kein Rechtsschutzinteresse besteht, aber wirtschaftliche Not, könnten die RentnerInnen in SH (und anderswo, auch in jedem Monat einen Antrag nach § 37a SGB XII auf ein Überbrückungsdarlehen stellen. Das ist möglich mit einem Schonvermögen bis zu 10.000 EUR pro Person.

Von diesem Darlehen müssen sie dann auch nur max. 281,50 EUR (pro Monat) zurückzahlen, wirtschaftlich ein sehr gutes Geschäft für die RentnerInnen in SH, die Sozialämter und ggf. auch die Gerichte werden sich hinterher bedanken. In dieser Konstellation besteht ein Rechtsschutzinteresse. ”

Anmerkung von Detlef Brock- Sozialrechtsexperte von Tacheles e. V.

Solche Urteile sind einfach nur als ” Weltfremd ” zu bezeichnen.

Es kommt aber noch besser, denn in letzter Zeit ist vermehrt festzustellen, dass immer dann, wenn Behörden wie Rentenversicherungsträger, Arbeitsämter ( SGB 3 Leistungen ) aufgrund von Personalmangel und Überlastung, Antragsteller weg schicken und sie an das Jobcenter/Sozialamt verweisen.

Die Jobcenter bedanken sich natürlich dafür und haben somit noch weniger Zeit für wirkliche Bürgergeld-Empfänger. Es handelt sich hierbei nicht mehr um Einzelfälle!

Wenn Bürokratieabbau keine hohle Phrase sein soll, kann es doch nicht sein, einen zweiten Träger zu beschäftigen, nur weil einer nicht in die Hufen kommt! Diese Meinung unterstütze ich und sie basiert auf Aussage vieler kritischer Rechtsanwälte.

Praxistipp

Das SG Karlsruhe, hat zum Beispiel mit Beschluss vom 08.05.2025 – S 12 R 1202/25 ER – geurteilt, dass es keinen Grund gibt für eine gerichtliche Eilanordnung wegen beitragsfinanzierter Rentenleistungen, wenn zur Existenzsicherung Leistungen nach dem SGB XII tatsächlich bezogen werden, mangels Bedürftigkeit abgelehnt oder nicht beantragt wurden.

Auch so eine Wahnsinnsentscheidung, wo man wieder auf das Sozialamt verweist, weil die Rentenversicherung selbst nicht in die Hufe kommt.