Sind die Bürgergeld-Regelsätze angemessen? Ministerium in Beweisnot

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Das Sozialgericht Karlsruhe beschäftigt sich mit der Frage, ob die Regelsätze der Grundsicherung von 2021-2023 mit dem Grundgesetz vereinbar waren. Wir berichteten, dass das Gericht starke Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit hat. Das geht aus einem Beschluss vom 17. April 2025 hervor. (S 12 AS 2069/22).

Deshalb wurde jetzt, laut dem Sozialaktivisten Harald Thomé, die Vernehmung eines Referatsleiters des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales angeordnet. Termin dafür ist der 24. Juni 2025.

Regelsätze decken nicht die Inflation ab

Harald Thomé schlüsselt auf, welche konkrete Kritik das Sozialgericht Karlsruhe an den Regelsätzen der Jahre 2021-2023 hat. Erstens sei, so Thomé, die Erhöhung der Regelsätze zum 1. Januar 2022 um nur 0,76 Prozent mit dem Grundgesetz nicht konform. Denn die Inflationsrate sei zur gleichen Zeit zweistellig gewesen.

Defizit trotz Einmalzahlung

Zweitens ergebe sich in der Zeit zwischen 2021 und 2023 ein Kaufkraftverlust von rund 835 Euro brutto. Zwar habe es in der Pandemie eine einmalige Hilfe gegeben, doch diese gleiche das Defizit nicht aus. Dieses liege netto immer noch bei rund 485 Euro.

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Unangemessen träge

Drittens sei das Berechnungssystem unangemessen träge, so Thomé. Das Gericht nannte hier einen Zeitverzug von 18 Monaten aufgrund der statistischen Datenerhebung und eine nur alle fünf Jahre stattfindende Fortschreibung.

Mit diesen langen Zeiträumen lässt sich folglich nicht auf rapide Preissteigerungen infolge einer Inflation reagieren und auch nicht auf einen Kaufkraftverlust in unvorhergesehenen Krisen.

Was sagt das Bundesverfassungsgericht?

Bereits 2014 forderte das Bundesverfassungsgericht, Regelleistungen fortlaufend auf den tatsächlichen Bedarf hin zu überprüfen und zeitnah an diesen anzupassen. Das Sozialgericht Karlsruhe kam, laut Thomé, zu dem Schluss, dass diese Vorgabe in den Jahren von 2021 bis 2023 nicht eingehalten worden sei.

Wie geht es weiter?

Das Sozialgericht in Karlsruhe entscheidet nicht selbst, ob eine Regelung der Verfassung entspricht. Es formuliert vielmehr eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht, und dieses trifft dann die Entscheidung. Der nächste Schritt ist jetzt, die Aussagen des Referenten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu hören.

Diese wird das Gericht daraufhin prüfen, ob sie eine überzeugende Rechtfertigung liefern für die Methode, nach der die Regelsätze in berechnet wurden. Die Beurteilung des Gerichts fließt dann in die Vorlage ein.

Welche Bedeutung hat die Vorlage?

Wenn das Sozialgericht Karlsruhe die Rechtfertigung des Ministeriums für die Ermittlung des Regelbedarfs nicht für überzeugend hält, können die Konsequenzen weit über diese konkrete Frage hinausgehen. Stellt sich nämlich heraus, dass die Regelbedarfe zwischen 2021 und 2023 falsch ermittelt wurden, dann folgt daraus logisch eine Kritik am gegenwärtigen Berechnungsverfahren selbst.

Dies führt zu der Verpflichtung, Methoden zu nutzen, die der sozialen Wirklichkeit angemessen sind. Harald Thomé schließt: “Es wird also spannend am 24. Juni 2025!” Wir bei gegen-hartz. de hoffen, dass das Sozialgericht Karlsruhe seine Einschätzung im Sinne der Leistungsberechtigten trifft.