Stadt wollte schwerkranken Obdachlosen einsperren

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Die Bußgeldstelle Dortmund wollte einen schwerkranken Obdachlosen in Erzwingungshaft setzen, weil dieser Bußgelder unter anderem wegen Betteln anhäufte. Das Amtsgesricht lehnte die Haft ab. “Der Beschluss ist eine Ohrfeige für verfehlte Politik der Stadt Dortmund”, kommentierte Harald Thomé die Entscheiung des Gerichts.

In einem Beschluss hat das Amtsgericht Dortmund Erzwingungshaft gegen einen obdachlosen, drogenabhängigen und im Rollstuhl sitzenden Obdachlosen abgelehnt. Der Betroffene sollte insgesamt 7.325 EUR Bußgelder wegen diverser Ordnungswidrigkeiten aufgrund von Betteln und Verstoß gegen die Coronaschutzverordnung zahlen.

Erzwingungshaft kann nicht im Ansatz seinen Zweck erfüllen

Der Richter erkannte schnell, dass die Erzwingungshaft nicht im Ansatz seinen Zweck erfüllen könnte, da der Mann nicht im Ansatz in der Lage sei, die Geldbußen zu zahlen. Der Mann hat außer durch Betteln keine Einkünfte und erhält auch keine Hartz IV- bzw. Sozialhilfeleistungen.

Das Gericht begründete seine Auffassung damit, dass es die Aufgabe der Bußgeldstelle gewesen wäre, “Bußgelder in einer Höhe festzusetzen, die unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einen angemessenen Sanktionscharakter haben.”

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Der Betroffene verfüge „über keinerlei Einkommen“ und „lebt ‚von der Hand in den Mund‘“. Es sei „nicht ersichtlich, inwieweit der Betroffenen denn seine Lebensführung bei derart hohen Geldbußen und derart bescheidenen Lebensverhältnissen noch einschränken können soll.“

Wenn die Bußgelder mehrere tausende Euro betragen, ist dies nicht der Fall. “Mit Erzwingungshaft sollen Zahlungsunwillige und Zahlungsunfähige gebeugt werden” so das Amtsgericht Dortmund in seinem Beschluss Az: 730 OWi 237/21.

Gericht kritisierte Vorgehen der Ordnungsbehörde

Das Gericht kritisierte auch das Vorgehen der Ordnungsbehörde. Bei der Ahndung der Verstöße „ist das Bußgeld in schematischer Anwendung teilweise enorm erhöht worden, was sogar zur Festsetzung eines einzelnen Bußgeldes on Höhe von 2.200,00 € geführt hat. Die offensichtlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen sind dabei nicht berücksichtigt worden.“

Es wäre darum „Sache der Bußgeldbehörde schon bei der Ahndung der Ordnungswidrigkeit nur solche Geldbußen festzusetzen, die unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch einen angemessenen Sanktionscharakter haben.“ Die Erzwingungshaft soll „ausdrücklich gerade nicht den Zahlungsunfähigen treffen“, so das Gericht in seinem Urteil.

Harald Thomé von der Sozialinitiative „Tacheles“ in Wuppertal wertet es als Erfolg: „Die Summen sind übermäßig, und für Menschen, die mittellos, obdachlos und schwerbehindert sind, ein absoluter Witz. Es ist ein Skandal und das hat das Amtsgericht hervorragend herausgearbeitet.“

Urteil muss Konsequenzen für die Stadtverwaltung haben

Für Thomé muss das Urteil auch Konsequenzen für die Stadtverwaltung haben: „Es muss zum Anlass genommen werden, dass es im Wohnungs- und Obdachlosenbereich eine Amnestie für alle Altfälle gibt.“ Gleichzeitig ist dieser Beschluss eine Ohrfeige für die Stadt Dortmund und ihre Bußgelddrangsalierung gegen Obdachlose.

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