Sozialhilfe: Grundsicherung muss Sterbeversicherung übernehmen

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Das Bundessozialgericht urteilte: Beiträge zu einer Sterbegeldversicherung sind als höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch XII zu berücksichtigen.

Damit gab es zu guter Letzt einer Rentnerin Recht, die durch die Instanzen klagte, weil das zuständige Sozialamt ihre Beiträge für eine Sterbeversicherung nicht berücksichtigt hatte. (B 8 SO 22/22 R)

Grundsicherung ja, Sterbeversicherung nein

Die Klägerin kam 1940 zur Welt, lebt mit ihrer Tochter zusammen, bezieht eine Altersrente sowie Pflegegeld. 2016 beantragte sie Grundsicherung nach dem SGB XII. Diese wurde ihr vom 1.12.2016 bis zum 30.6.2018 bewilligt.

Berücksichtigt wurden Regelbedarf für Alleinstehende, ein ernährungsbedingter Mehrbedarf in Höhe von zehn Prozent des Regelsatzes, sowie 240 Euro für Unterkunft und Heizung.

Haftpflicht- und Hausratsversicherung wurden mit jeweils einem Zwölftel der jährlichen Aufwendungen vom Renteneinkommen abgesetzt. Das galt allerdings nicht für die Sterbeversicherung, und um diese drehte sich der juristische Streit.

Die Sterbegeldversicherung

Die Betroffene zahlte monatlich für eine Sterbegeldversicherung 53,68 Euro, zu entrichten über zehn Jahre. Abgeschlossen hatte sie diese bereits 2015, also vor dem Antrag auf Grundsicherung. Bezugsberechtigt ist ihre Tochter. Der Tod ist mit 4000 Euro, ein Unfalltod mit 8000 Euro versichert.

Die Klägerin hat kein einzusetzendes Vermögen.

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“Sterbegeldversicherung stets angemessen”

Sozialgericht und Landessozialgericht entschieden gegen die Klägerin. Vor dem Bundessozialgericht im Revisionsverfahren argumentierte, das Landessozialgericht hätte nicht mehr prüfen dürfen, ob die Sterbegeldversicherung dem Grunde nach angemessen sei. Denn nach der Neufassung des Paragrafen 33 Abs 2 SGB XII sei davon erstens stets auszugehen.

Da Sterbegeldversicherungen zweitens der Bestattung im Todesfall dienten, seien sie nicht als kapitalbildende Versicherungen zu betrachten, die auf ihre Angemessenheit geprüft werden müssten, wie es das Landessozialgericht beurteilt hatte.

Drittens entfalle laut Paragraf 33 Abs 2 SGB XII ein Ermessen der Leistungsträger, wenn die Versicherung vor Beginn der Leistungsberechtigung abgeschlossen sei.

Viertens seien die Beiträge auch im konkreten Einzelfall angemessen.

“Sterbeversicherung ist in der Sozialhilfe ein anerkannter Grund”

Dass Bundessozialgericht stimmte der Argumentation der Klägerin zu. So seien Sterbegeldversicherungen gesetzlich privilegiert, um den eigenen Bestattungsfall abzusichern und in der Sozialhilfe ein anerkannter Grund.

Generell gelte zwar, dass Sozialhilfe grundsätzlich nur zum Bestreiten des aktuellen Lebensunterhalts eingesetzt werden soll (und nicht zum Aufbau eines Vermögens). Doch Sterbegeldversicherungen hätten eine Sonderstellung gegenüber kapitalbildenden Versicherungen.

Der Klägerin gab das Bundessozialgericht auch insofern Recht, dass der Grund für eine bereits vor dem Leistungsbezug abgeschlossene Sterbegeldversicherung nicht mehr vor der Behörde dargelegt werden müsste.

Die Versicherungssumme von 4000 Euro bei natürlichem Tod und 8000 Euro bei Unfalltod sei ebenfalls angemessen, denn von einer Angemessenheit sei auszugehen, wenn die Versicherungssumme die Kosten für eine angemessene Bestattung und eine angemessene Grabpflege nicht überstiegen. (Hinweis Tacheles e.V.)