Die Sozialhilfeträger müssen eine mietvertraglich vereinbarte Betreuungspauschale bei der Übernahme der angemessenen Unterkunftskosten berücksichtigen. Entschieden vom BSG, Urteil vom 14.04.2011 – AZ: B 8 SO 19/09 R -.
Bei der Betreuungspauschale handelt es sich um Kosten der Unterkunft im Sinne von § 29 SGB XII ( heute § 35 SGB XII ), weil es sich um eine zwingende Verpflichtung aus dem Mietvertrag handelt, die zudem als Auflage im Bescheid an den Vermieter über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus enthalten ist.
Das BSG: Die monatliche Betreuungspauschale ist entgegen der Ansicht des Sozialhilfeträgers als Element der Unterkunftskosten anzusehen.
Begründung: Keine Erhöhung des Regelsatzes aufgrund der Betreuungspauschale – so aber das LSG.
Denn die Betreuungspauschale ist bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen.
Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen gemäß § 42 Satz 1 SGB XII unter anderem die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 35 SGB XII ( damals § 29 SGB XII).
Kosten bei Mietwohnungen erfassen in der Regel nur die Mietnebenkosten
Aber zu den Kosten bei Mietwohnungen zählen zwar regelmäßig neben den tatsächlichen Mietkosten nur die Mietnebenkosten, wie sie sich aus dem Mietvertrag ergeben.
Betreuungspauschalen sind Kosten der Unterkunft
Dem Grunde nach sind aber auch Betreuungspauschalen, wenn sie – wie hier – als einheitliches Rechtsgeschäft zwingend mit Begründung und Fortführung des Mietverhältnisses verbunden sind, geeignet, als Teil des Bedarfs für Unterkunft und Heizung nach § 35 Abs 1 Satz 1 SGB XII angesehen zu werden.
Betreuungspauschalen sind keine Betriebskosten im Rahmen der Betriebskostenverordnung
Auch sind die Betreuungspauschalen nicht als teil der Mietnebenkosten anzusehen; denn sie sind keine Betriebskosten iS von § 556 Bürgerliches Gesetzbuch iVm § 2 Betriebskostenverordnung.
Unterkunftskosten sind nicht zwingend auf die Übernahme von (Kalt-)Miete und Betriebskosten beschränkt
Denn § 35 SGB XII bestimmt, dass Leistungen für die Unterkunft in Höhe der “tatsächlichen Aufwendungen” erbracht werden. Diese tatsächlichen Aufwendungen umfassen regelmäßig alle Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben.
Begrifflich können hierunter auch Aufwendungen für Sach- oder Dienstleistungen fallen, die zwar ihrer Art nach nicht dem Grundbedürfnis Wohnen dienen, aber mit den vertraglichen Vereinbarungen betreffend der Unterkunft derart verknüpft sind, dass die Unterkunft ohne diese Aufwendungen nicht erlangt oder erhalten werden kann.
Vor allem, wenn sie nicht zur Disposition des Leistungsberechtigten stehen und in diesem Sinne einen unausweichlichen Kostenfaktor der Wohnung darstellen.
BSG sieht in diesem Einzelfall die Betreuungspauschale als unausweichlich an
Weil die Vermieterin nur an Menschen vermietet, die im Mietvertrag zugleich eine Betreuungspauschale vereinbaren.
Keine Absenkung des Regelsatzes um die Betreuungspauschale – keine abweichende Festlegung des Regelbedarfs
Denn abzustellen ist im Rahmen einer erforderlichen Gesamtbetrachtung nur auf einem erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichenden Bedarf von nicht nur unbedeutendem wirtschaftlichen Umfang sowie auf nicht nur möglicherweise eintretende Ersparnisse.
Rechtstipp Sozialrechtsexperte Detlef Brock
SG Dresden, Urteil vom 22. März 2022 – S 21 SO 150/18 –
Betreutes Wohnen: Kosten für eine Betreuungspauschale sind vom Grundsicherungsträger als Kosten der Unterkunft zu übernehmen ( Orientierungssatz RA Dr.Jur. Jens- Torsten Lehmann )
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Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.