Sozialhilfe: Anspruch auf ein Fitnessstudio? So hat das Gericht entschieden

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Ein seit Jahren unter gesetzlicher Betreuung stehender Antragsteller, der Sozialhilfe bezieht, begehrte die รœbernahme der Beitrรคge fรผr ein Fitnessstudio als Leistung der Eingliederungshilfe im Rahmen eines Persรถnlichen Budgets (Budget) oder als Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt.

Die Widersprรผche des Klรคgers wurden vom Sozialhilfetrรคger abgewiesen mit der Begrรผndung, Beitrรคge fรผr ein Fitnessstudio sind nach den Regelungen des Sozialhilferechts nicht รผbernahmefรคhig.

Kosten fรผr den Besuch eines Fitnessstudios sind grundsรคtzlich aus dem Regelsatz zu finanzieren

Das Sozialgericht Mรผnchen hat sich in einem bemerkenswerten Urteil ( Urteil vom 30.04.2025 – S 46 SO 72/24 – ) dahin geรคuรŸert, dass die Kosten des Besuchs eines Fitnessstudios – grundsรคtzlich – nicht als Leistungen der Eingliederungshilfe zur Sozialen Teilhabe zu รผbernehmen sind. Kosten fรผr den Besuch eines Fitnessstudios sind grundsรคtzlich aus dem Regelsatz zu finanzieren.

Die Voraussetzungen einer medizinischen Rehabilitation liegen nicht vor

Es handelt sich auch nicht um eine medizinische Rehabilitation nach ยง 109 SGB IX. Denn ein medizinisches Ziel mit direktem Bezug zur psychischen Erkrankung ist nicht vorhanden (zu dieser Unterscheidung von sozialer Teilhabe nach dem Leistungszweck BSG, Urteil vom 28.08.2018 – B 8 SO 5/17 R – ).

Kosten eines Fitnessstudios sind keine Leistungen zur sozialen Teilhabe

Bei den monatlichen Kosten eines Fitnessstudios handelt es sich – auch nicht um eine Leistung zur Sozialen Teilhabe gemรครŸ ยงยง 113 ff SGB IX. Diese Leistungen haben den Zweck, eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermรถglichen oder zu erleichtern.

Urlaubsreisen zum Beispiel als Form der Freizeitgestaltung stellen ein legitimes soziales Teilhabebedรผrfnis dar.

Sie kรถnnen allerdings auch Leistungen erfassen, denen als Teilhabeziel das Bedรผrfnis nach Freizeitgestaltung zu Grunde liegt, zum denkbaren Eingliederungshilfebedarf gehรถren allerdings nur die im Einzelfall notwendigen behinderungsbedingten Mehraufwendungen fรผr eine angemessene Freizeitgestaltung (BSG, Urteil vom 19.05.2022 – B 8 SO 13/20 R – zu den Mehrkosten fรผr eine Begleitperson bei einer Urlaubsreise).

Leistungen der Sozialen Teilhabe betreffen aber – nicht allgemeine Kosten der Lebensfรผhrung, die dem Regelbedarf zuzuordnen sind und nicht notwendig behinderungsbedingt sind.

Besuch eines Fitnessstudios muss aus dem Regelsatz finanziert werden

Denn der Besuch eines Fitnessstudios ist als Freizeitbeschรคftigung Teil der selbstgewรคhlten allgemeinen Lebensfรผhrung, vergleichbar mit Spazierengehen, regelmรครŸigem Dauerlauf, dem Besuch eines Cafรฉs oder Kinos. Ein notwendiger behinderungsbedingter Mehrbedarf, etwa Zusatzkosten fรผr eine besondere behinderungsspezifische Ausstattung des Studios, ist im konkreten Fall nicht gegeben.

Anmerkung vom Sozialrechtsexperten von Tacheles e. V.

1. Die Kosten fรผr eine Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio sind auch nicht unausweichlich im Sinne von ยง 27a Abs. 4 Nr. 2 SGB XII.

2. Die Voraussetzungen fรผr einen hรถheren Regelsatz sind nicht gegeben. Die Ausgaben in Hรถhe von monatlich 69,99 Euro fรผr eine Premiummitgliedschaft in einem gehobenen Fitnessstudio sind nicht unabweisbar.

3. Wenn รผberhaupt ein Fitnessstudio notwendig wรคre, dann wรคre eine einfache Mitgliedschaft in einem normalen Studio ausreichend. Dann geht es um monatlich 20,- bis 30,- Euro. Diese Betrรคge liegen nicht oberhalb der durchschnittlichen Bedarfe, die sich aus den statistisch ermittelten Verbrauchsausgaben ergeben.