Arbeitslosengeld: Kündigung wegen Sucht – ALG-Sperre droht

Lesedauer 3 Minuten

Die Bundesagentur für Arbeit darf eine Sperrfrist bei der Auszahlung des Arbeitslosengeldes verhängen, wenn Sie die Erwerbslosigkeit durch eigenes Verhalten selbst verschuldet haben. Ein solches Verhalten wäre es, wenn der Arbeitgeber Ihnen kündigt, weil Sie etwa alkoholisiert zur Arbeit kommen und in diesem Zustand Mitarbeiter und Kunden beleidigen.

Was ist aber, wenn Sie dieses Verhalten nicht kontrollieren konnten, weil Sie an einer Suchterkrankung leiden, also über Ihren Zustand nicht willentlich entscheiden konnten. Gilt auch dann eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld.

Wir zeigen Ihnen in diesem Beitrag, wie Gerichte zu dieser Frage entschieden haben und worauf Sie achten müssen.

Gerichtsurteile zur Sperrfrist bei Alkohol- und Drogensucht

Bereits 2002 entschied das Bundessozialgericht, dass eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld, wenn die Tat, die zur Kündigung führte, durch die Alkoholkrankheit des Betroffenen bedingt war. In diesem Fall hatte der Arbeitgeber einem Kraftfahrer fristlos gekündigt. Dieser verlor seinen Führerschein wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr mit seinem Privat-Pkw.

Ihm wurde eine Sperrfrist von 12 Wochen beim Arbeitslosengeld verhängt, weil er den Zustand, der zur Kündigung führte, selbst verschuldet habe. Das Bundessozialgericht wies das Verfahren jedoch zur Klärung der medizinischen Situation zurück. Es betonte: Ein Verschulden liege nicht vor, wenn der Betroffene alkoholkrank gewesen sei. (B 11 AL 69/02 R).

In einem Fall in Gießen entschied das zuständige Sozialgericht, dass ein Arbeitnehmer, der wegen des Konsums von und des Handels mit Amphetaminen am Arbeitsplatz gekündigt worden war, nicht beim Arbeitslosengeld gesperrt werden durfte. Die Begründung lautete, dass er wegen seiner Suchterkrankung die rechtlichen Folgen seines Handelns nicht hätte erkennen können. (S 102 AL 339/21)

Kündigung wegen Alkoholmissbrauchs während der Arbeitszeit

Wenn Sie wegen Alkohol- oder Drogenmissbrauchs während der Arbeitszeit gekündigt werden, dann müssen Sie grundsätzlich mit einer Sperre von zwölf Wochen beim Arbeitslosengeld rechnen. Eine Kündigung wegen Alkohol- oder Drogenkonsums ist möglich, wenn Sie deshalb Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten nicht erfüllen können.

Gilt das auch bei Kündigung wegen Suchterkrankung?

Hier kommt es darauf an, ob Ihre Suchterkrankung anerkannt ist und auch auf Ihren Umgang mit der Sucht. Zuerst einmal darf Ihr Arbeitgeber Ihnen bei einer ärztlich bestätigten Suchterkrankung nicht wegen Verhalten kündigen, das aus der Krankheit folgt.

Wenn Sie zum Beispiel nicht alkoholkrank sind und betrunken im Dienst sind oder wegen Alkoholkonsums ständig zu spät zum Dienst kommen, dann kann (und wird vermutlich) Ihr Arbeitgeber Ihnen verhaltensbedingt kündigen. Mit einer Sperre beim Arbeitslosengeld müssen Sie rechnen.

Anders sieht es aus, wenn Sie willentlich nicht darüber entscheiden können, betrunken bei der Arbeit zu erscheinen, weil Sie süchtig sind. Ist dies ärztlich diagnostiziert, dann könnte Ihr Arbeitnehmer Ihnen lediglich krankheitsbedingt kündigen. Dazu muss es erhebliche Fehlzeiten geben und eine negative Prognose der Entwicklung der Erkrankung.

Wegen einer krankheitsbedingten Kündigung darf die Agentur für Arbeit Ihnen keine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld verhängen. Doch auch bei einer Suchterkrankung kommt es hier auf Ihr eigenes Verhalten an.

Lesen Sie auch:

Die Mitwirkung der Betroffenen zählt

Für eine Kündigung spielt es eine große Rolle, ob Sie sich bei einer Suchterkrankung einer Entziehungskur unterziehen oder andere vom Arzt verschriebene Therapien durchführen. Dann kann der Arbeitgeber Ihnen nicht einfach kündigen.

Wenn Sie sich weigern, eine Entziehungskur durchzuführen, diese abbrechen oder nach einer erfolgreichen Entziehung rückfällig werden, dann ist eine Kündigung möglich. Was bedeutet eine solche Kündigung dann beim Arbeitslosengeld?

Weigerung bedeutet Selbstverschulden

Die Weigerung, eine Entziehungskur zu unternehmen, fällt in den Bereich Ihres eigenen Verhaltens. Zwar darf die Agentur für Arbeit aus der Sucht resultierendes Verhalten nicht als “Selbstverschulden” bewerten. Sich einer Therapie zu verweigern fällt aber vermutlich unter Selbstverschuldung und damit ist eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld möglich.

Bei Rückfall kommt es auf die Umstände an

Anders sieht es bei einem Rückfall aus. Hier kommt es besonders auf die medizinische Einschätzung an und auf den genannten Kündigungsgrund. Spricht der Arbeitgeber nämlich eine krankheitsbedingte Kündigung aus, mit der Begründung, dass medizinische Maßnahmen erfolglos waren, dann ist das kein Grund für eine Sperrfrist. Ist als (fragwürdiger) Grund jedoch Ihr Verhalten genannt, dann könnte eine Sperrfrist verhängt werden.

Was müssen Sie unternehmen?

Ein großes Problem bei Suchterkrankungen ist, dass die Betroffenen sich diese oft nicht eingestehen und es auch fließende Übergänge gibt, zum Beispiel zwischen riskantem Alkoholverhalten, Alkoholmissbrauch und (körperlicher) Alkoholerkrankung.

Wer häufiger wichtige Termine wegen exzessiven Alkoholkonsums versäumt, wer oft unter Alkoholeinfluss Dinge tut und sagt, die er später bereut, und wer schleichend die Kontrolle über sein Alkoholverhalten verliert, der hat ein Alkoholproblem.

Bei Kündigung und Sperrfrist gibt es jetzt eine weitere Falle. Solange nicht durch Fachleute bestätigt ist, also durch Ärzte, Therapeuten oder auch Berater der Sozialverbände, dass Sie ein objektives Problem haben, gilt Ihr Verhalten als willentlich steuerbar, und damit sind Sie bei einer Kündigung verantwortlich.

Sie sollten sich also unbedingt um eine ärztliche Bescheinigung Ihres Drogen- oder Alkoholproblems bemühen, um im besten Fall bereits die Kündigung zu vermeiden, zumindest aber die Sperrfrist beim Arbeitslosengeld.