Ein schwerbehinderter Medienberater in Schleswig-Holstein erhielt eine Kündigung wegen mangelnder Leistung. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht erklärte die Zustimmung zur Kündigung für rechtmäßig, da die unzureichende Leistung nicht an der Behinderung lag (15 A 67/22).
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Kundenbetreuung per Telefon
Der Betroffene arbeitete als Medienberater für einen Zeitschriftenverlag. Er warb per Telefon neue Kunden und betreute die bestehenden – 25 Stunden pro Woche an jeweils vier Tagen. Er hat einen anerkannten Grad der Behinderung von 50. Damit gilt er als schwerbehindert und hat Anspruch auf einen besonderen Kündigungsschutz.
Kündigung wegen mangelnder Leistung
Der Verlag beantragte beim Integrationsamt die Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung. Er begründete dies damit, dass der Betroffene seine im Arbeitsvertrag festgelegten Leistungen nicht erfüllt hätte.
Wenige oder gar keine Anrufe
Er habe viel zu wenig Kunden angerufen, kaum neue Kunden gewonnen und Arbeitsanweisungen nicht befolgt, nach denen er seine Werbeanrufe verstärken sollte. Der Verlag belegte dies mit Auswertungen von Telefonprotokollen. Diese zeigten, dass der Medienberater an manchen Tagen nur sehr wenige oder gar keine Kunden kontaktiert hatte. Seine Leistung sei deutlich schlechter gewesen als die seiner Kollegen.
Betroffener bezeichnet die Aussage als falsch
Der Arbeitnehmer bezeichnete diese Vorwürfe als falsch. So habe er seine Anrufe stetig gesteigert und sei auch nie auf mangelnde Telefonate hingewiesen worden. Doch das Integrationsamt stimmte der Kündigung zu. Der Medienberater legte Widerspruch gegen den Bescheid ein.
Niedrigerer Blutdruck führt zu langsamerer Arbeit
In diesem verwies er darauf, dass eine mögliche geringere Leistung mit seiner Schwerbehinderung zusammenhänge, was die Kündigung unwirksam gemacht hätte. Denn er leide wegen seiner Herzmedikamente unter niedrigem Blutdruck, und dies führe zu einem langsameren Arbeitsstil. Diese Aussage belegte er mit einer ärztlichen Bescheinigung.
Außerordentliche Kündigung
Über das Widerspruchsverfahren war noch nicht entschieden, da bat der Verlag erneut um die Zustimmung zu einer Kündigung, dieses Mal sogar zu einer außerordentlichen. Jetzt behauptete der Arbeitgeber, eine vertiefte Auswertung der Telefondaten hätte ergeben, dass der Arbeitnehmer sogar über einen längeren Zeitraum unzureichend gearbeitet hätte.
Der Arbeitnehmer verwies darauf, dass die Kontrolle seines Telefons und die Speicherung der Daten rechtswidrig seien und deshalb nicht als Beweis verwendet werden dürften.
Dennoch stimmte das Integrationsamt der Kündigung zu, mit der Begründung, dass die Leistungsminderung nichts mit seiner Behinderung zu tun habe. Der Betroffene klagte vor dem Verwaltungsgericht, um die Kündigung für unwirksam erklären zu lassen.
Integrationsamt hat Ermessen korrekt ausgeübt
Das Gericht prüfte, ob das Integrationsamt formell korrekt gehandelt hatte und bestätigte dies. Der besondere Kündigungsschutz solle Nachteile für schwerbehinderte Menschen auf dem Arbeitsmarkt ausgleichen. Er sei dann besonders stark, wenn eine Kündigung direkt wegen der Behinderung erfolge und sei schwächer, wenn Kündigungsgrund und Behinderung nicht zusammenhingen.
Das Integrationsamt hätte außerdem den Sachbestand ausreichend ermittelt und die Stellungnahmen des Betroffenen sowie dessen ärztliche Bescheinigung berücksichtigt. Damit liege kein Ermessensfehler vor.
Der niedrige Blutdruck erklärt nicht die geringe Zahl an Anrufen
Das Gericht betonte, dass der Betroffene anfangs die mangelnde Leistung bestritten und erst später seine Schwerbehinderung als Grund für die unzureichende Arbeit genannt hätte. Die konkret nachgewiesene geringere Zahl an Anrufen sei durch seine Behauptung, der niedrige Blutdruck sei schuld, nicht überzeugend erklärt. Dazu sei auch die ärztliche Stellungnahme nicht konkret genug.
Er hätte durch seine Mitwirkungspflicht aktiv zum Sachverhalt beitragen müssen.
Gutachten eines Herzspezialisten
Das Gericht zog einen Herzspezialisten hinzu, um die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Behinderung und mangelnder Arbeitsleistung zu bewerten. Dieser sah keinen direkten Zusammenhang zwischen der Herzerkrankung und der geringeren Leistung bei einer sitzenden Tätigkeit.
Die Medikamente könnten zwar eine reduzierte Leistungsfähigkeit erklären, es sei aber weder messbar noch zwingend, dass sie die Ursache der mangelnden Leistung seien.
Kein Beweisverwertungsverbot
Das Gericht erklärte auch, dass die Auswertung der Telefondaten zulässig gewesen sei. Der Arbeitgeber hätte nicht den Inhalt der Gespräche aufgezeichnet, sondern nur Daten wie Zeitpunkt, Zielnummer und Häufigkeit der Anrufe.
Das Interesse des Verlags an der Arbeitsleistung wiege hier schwerer als das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Telefonate seien die Hauptarbeitsleistung, und der Verlag hätte keine andere Möglichkeit, die Anzahl der Telefonate zu überprüfen.
Die Zustimmung zur Kündigung ist rechtmäßig
Aus diesen Gründen erklärte das Verwaltungsgericht die Zustimmung zur Kündigung für rechtmäßig. Mangelnde Leistung sei auch bei Schwerbehinderung ein Kündigungsgrund, wenn der Grund dafür nicht in der Behinderung liege.