Schwerbehinderung: Schmähkritik ist ein Kündigungsgrund

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Wenn Äußerungen eines Beschäftigten als reine Schmähkritik zu bewerten sind, sind sie nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt und rechtfertigen eine Kündigung. So entschied das Landesarbeitsgericht Thüringen gegen einen mit einem Schwerbehinderten gleichgestellten Arbeitnehmer, nachdem dieser Zustände an seinem Arbeitsplatz ebenso massiv wie öffentlich kritisiert hatte. (4 SA 269/22)

Arbeit im therapeutischen Team

Der Betroffene arbeitete als Mitarbeiter im therapeutischen Team und war einem Schwerbehinderten gleichgestellt. Am 17.01.2022 erklärte der Arbeitgeber dem Beschäftigten eine außerordentliche Kündigung.

Dildo basteln als Weihnachtsgeschenk

Der Grund war, dass dieser im Rahmen seiner Arbeit gegenüber im Maßregelvollzug Untergebrachten vorgeschlagen haben sollte, für eine andere Mitarbeiterin einen Holzdildo als Weihnachtsgeschenk zu basteln.

Mitarbeiter schreibt über Bossing und Mobbing

Der Arbeitgeber erfuhr kurz darauf, dass der Beschäftigte für einen Verstorbenen im Maßregelvollzug eine Gedenkseite im Internet eingerichtet hatte. Dort schrieb der Arbeitnehmer wörtlich: „A… durfte nach einem ungleichen Kampf, den er nicht gewinnen konnte, friedlich einschlafen, den er den B… Fachkliniken C… mit seiner Oberärztin D… mit zu verdanken hatte, die ein fachärztliches Konsil über Monate hinweg hinauszögerte.”

Im Internet veröffentlichte er zudem unter Pseudonym einen Artikel mit der Überschrift „Bossing und Mobbing“. Dort kritisierte er ständige Rechtsbrüche im Thüringer Maßregelvollzug durch private Betrieber.

Gleichgestellter schreibt über Bloßstellen von Menschen mit Schwerbehinderung

Er nannte Datenschutzverletzungen durch leitende Mitarbeiter, das Bloßstellen von Angestellten mit Schwerbehinderung sowie das Durchsuchen von Schreibtischen.

Das Gericht erläutert: „Ferner verwies er darauf, dass ein Mitarbeiter auf das Übelste bloßgestellt worden sei und man mit diesem einen “kurzen Prozess“ gemacht habe. Er behauptete weiter, aus Protest gegen die Zustände seien im Maßregelvollzug Untergebrachte in den Hungerstreik getreten und würden medizinisch unzureichend versorgt.“

Der Arbeitgeber erhielt danach einen Brief des Beschäftigten. Auf dem Briefumschlag hatte dieser als Empfänger angegeben: „Fachklinik für Bossing & Mobbing inkl. Verleumdungen und Datenschutzverletzungen“.

Betriebsrat und Integrationsamt stimmen Kündigung zu

Der Betriebsrat stimmt der hilfsweise fristlosen Kündigung ebenso zu wie das zuständige Integrationsamt. Der Betroffene erhielt eine außerordentliche Kündigung. Gegen diese erhob er Klage. Das Verfahren ging bis in die zweite Instanz vor das Landesarbeitsgericht Thüringen.

Landesarbeitsgericht erklärt Kündigung für rechtmäßig

Das Landesarbeitsgericht erklärte die ausgesprochen Kündigung für rechtmäßig. Seine Äußerungen seien keine sachliche Auseinandersetzung mit Missständen. Die arbeitsvertraglichen Pflichten erforderten nach Paragraf 241 des Bürgerlichen Gesetzbuches ein gewisses Maß an Rücksichtnahme auf den Arbeitgeber.

In diesem Fall handle es sich aber um reine Schmähkritik mit dem ausschließlichen Ziel, den Arbeitgeber zu diffamieren, und eine solche rechtfertige eine Kündigung.