Das Merkzeichen Bl im Scherwerbehindertenausweis steht für “Blind”. Anspruch auf dieses Merkzeichen haben aber nicht nur vollständig Erblindete, sondern auch Menschen mit besonders ausgeprägten Sehstörungen. Viele Betroffene wissen das nicht, beantragen deshalb beim Versorgungsamt keine Feststellung dieses Merkzeichens und verzichten so auf die damit verbundenen Nachteilsausgleiche.
Wie zeigen Ihnen in diesem Beitrag, wann das Merkzeichen Bl gilt, worauf Sie achten müssen, und wie Sozialgerichte in Grenzfällen entschieden haben.
Wann gilt das Merkzeichen Bl?
Auf das Merkzeichen BL haben Sie einen Anspruch bei vollständiger Erblindung. Es gilt auch dann, wenn Ihre Gesamtsehschärfe auf beiden Augen maximal ein Fünzigstel (Visus von 0,02) auf beiden Augen beträgt. Außerdem haben Sie den Anspruch auf dieses Merkzeichen, wenn eine andere Sehstörung vorliegt, deren Auswirkung mit diesen beiden Kriterien gleichzusetzen ist.
Das gilt, wenn durch Ihre Einschränkung Ihr Gesichtsfeld erheblich eingeschränkt ist.
Genau gesagt: Die Grenze des Restgesichtsfeldes muss zum Beispiel bei einer Sehschärfe von 0,05 oder weniger in keine Richtung mehr als 15 Grad vom Zentrum entfernt liegen. Bei einer Sehschärfe von 0,1 oder weniger darf das Gesichtfeld in keine Richtung mehr als 7,5 Grad vom Zentrum entfernt sein.
Auch ein nachgewiesener vollständiger Ausfall der Sehrinde rechtfertigt das Merkzeichen Bl. Das ist die sogenannte Rindenblindheit.
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Ein Beispiel, bei dem kein Anspruch auf das Merkzeichen besteht
Kein Anspruch auf das Merkezeichen besteht hingegen bei einem verbliebenen Visus von 0,05, wenn es keinen Nachweis einer zusätzlichen Sehstörung gibt.
In diesem Fall ließ sich der bestehende Ausfall des Gesichtsfeldes nicht genau feststellen. Ursache der Sehstörung war ein angeborenes Glaukom mit Gesichtsfeldausfällen und Myopie beiderseits. So urteilte das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 8 SB 2071/20).
Eine fehlende Sinneswahrnehmung führt nicht zum Merkzeichen Bl
Schwierig war der Fall einer Frau, die seit ihrer Geburt durch eine Hirnstörung an einer ausgeprägten Stoffwechselerkrankung leidet. Im Verfahren ging es darum, ob Sie Anspruch auf das Merkzeichen Bl hätte. Die Argumentation der Klägerin lautete: Die Betroffene sei zwar weder erblindet noch habe sie eine extreme Sehstörung nach den oben genannten Kriterien.
Doch durch ihre Stoffwechselstörung sei sie nicht zu einer differenzierten Sinneswahrnehmung in der Lage und damit auch nicht zum Sehen. Sie sei also mit Blinden gleichzustellen, da sie eine cerebral bedingte Sehstörung habe.
Das Bundessozialgericht erkannte hier jedoch keinen Anspruch auf das Merkzeichen Bl. Eine Unfähigkeit zur Sinneswahrnehmung sei auch bei schwerst Hirngeschädigten gesetzlich eindeutig nicht als Blindheit aufzufassen.(B 9 SB 1/18 R).
Wie begründet sich das Urteil?
Behinderungen und auch die gesundheitlichen Merkmale, um Merkzeichen zu vergeben, definiert das Schwerbehindertenrecht ausschließlich nacg medizinischen Gesichtspunkten. Diese werden nach Organ- und Funktionseinheiten bewertet und danach insgesamt in ihren Auswirkungen auf die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben berücksichtigt.
Blindheit beschränkt sich demzufolge auf Störungen des Sehapparates und nicht auf neuropsychologische wie gnostische Störungen des visuellen Erkennens. Für solche Einschränkungen hat das Schwerbehindertenrecht vielmehr andere Merkzeichen, die genau darauf zugeschnitten sind.