So lässt sich die gesetzliche Rente um bis zu 122,37 Euro pro Monat erhöhen

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Das vermeintliche Wunder liegt nicht in riskanten Anlageprodukten, sondern in einer gesetzlich verbürgten Leistung: den Kindererziehungszeiten. Seit der Rentenanpassung zum 1. Juli 2025 ist jeder persönliche Entgeltpunkt 40,79 Euro wert.

Drei solcher Punkte – die Maximalgutschrift für Kinder, die nach dem 31. Dezember 1991 geboren wurden – ergeben 122,37 Euro brutto und wirken sich dauerhaft auf jede zukünftige Rentenanpassung aus.

Kindererziehungszeiten sind der Schlüssell?

Kindererziehungszeiten werden im Sozialgesetzbuch VI (§ 56 SGB VI) als Pflichtbeiträge gewertet.

Für jeden vollen Kalendermonat in den ersten drei Lebensjahren des Kindes erhält der erziehende Elternteil so viele Rentenpunkte, als hätte er oder sie in dieser Zeit genau den Durchschnittsverdienst aller Versicherten verdient. Damit wird unbezahlte Care-Arbeit in Geldwert übersetzt und die spätere Altersversorgung messbar verbessert.

Wer entscheidet, welchem Elternteil die Punkte gutgeschrieben werden?

Bei gemeinsamer Erziehung können Mutter und Vater ihre „übereinstimmende Erklärung“ beim Rentenversicherungsträger abgeben. Sie gilt prinzipiell nur für die Zukunft, höchstens zwei Kalendermonate rückwirkend.

Wird keine wirksame Erklärung abgegeben, ordnet die Rentenversicherung die Zeit dem Elternteil zu, der das Kind überwiegend betreut. Das ist oft die Mutter – ein Umstand, der in der Praxis Väter benachteiligt.

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Welche Fristen dürfen frischgebackene Eltern nicht verpassen?

Die Wahl, wem die Erziehungszeit zugerechnet wird, muss innerhalb von drei Jahren nach der Geburt getroffen werden. Erfolgt die Erklärung deutlich später, zählt sie nur noch ab dem Monat nach Eingang bei der Rentenversicherung. Fachleute raten deshalb, das Thema bereits in den ersten Lebensmonaten des Kindes zu klären, um keine Rentenmonate zu verlieren.

Wie funktioniert der Antrag V0800 – analog oder digital?

Der offizielle Weg führt über das Formular V0800 („Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten“). Es kann handschriftlich ausgefüllt, als barrierefreies PDF heruntergeladen oder komplett online eingereicht werden.

Zusätzlich fordert die Deutsche Rentenversicherung Geburtsurkunden oder Meldebescheinigungen sowie – bei Pflege- oder Adoptivkindern – Nachweise des Jugendamts. Wer bereits einen lückenlosen Versicherungsverlauf hat, muss meist nur prüfen, ob die Kinder dort korrekt erfasst sind.

Warum bleibt die Anerkennung für Väter häufig ein Hindernislauf?

Das Bundesverfassungsgericht hielt 2007 eine Ungleichbehandlung, die Väter faktisch benachteiligte, für verfassungsgemäß, weil sie die statistische Realität widerspiegele.

Praktisch bedeutet das: Väter, die erst nach Feierabend betreuen, können den Nachweis der „überwiegenden Erziehung“ schwer erbringen. Sie müssen detaillierte Zeugnisse, Arbeitszeitnachweise oder eidesstattliche Erklärungen vorlegen, um gegen die Vermutung zugunsten der Mutter anzukommen.

Mütterrente

Seit der Reform „Mütterrente II“ (2019) erhalten Erziehende für vor 1992 geborene Kinder 2,5 Rentenpunkte, für später geborene unverändert drei Punkte. Damit wurde eine jahrzehntelange Gerechtigkeitslücke teilweise geschlossen, denn Millionen Mütter der Babyboomer-Generation hatten zuvor nur einen oder zwei Punkte pro Kind erhalten. Das Zusatzvolumen wird vollständig aus Steuermitteln finanziert.

Wie wirkt die Rentenanpassung 2025 auf bestehende Kindererziehungspunkte?

Punktegutschriften multiplizieren sich automatisch mit jedem neuen aktuellen Rentenwert. Steigt dieser – wie 2025 – auf 40,79 Euro, wächst auch der Gegenwert bereits anerkannter Kindererziehungszeiten. Wer seine Punkte frühzeitig festschreibt, profitiert bei jeder künftigen Erhöhung ein Leben lang.

Was sollten Rentenversicherte jetzt veranlassen?

Zuerst lohnt ein Blick in den persönlichen Versicherungsverlauf: Sind alle Kinder mit Geburtsdatum eingetragen, ist meist nichts weiter zu tun. Fehlt ein Eintrag, sollte unverzüglich der Antrag V0800 gestellt werden – unabhängig vom Alter des Kindes.

Wer noch keine Zuordnung getroffen hat, sollte sich mit dem anderen Elternteil abstimmen und die Entscheidung in einer gemeinsamen Erklärung festhalten. Fachanwältinnen für Sozialrecht oder zertifizierte Rentenberater helfen, wenn Nachweise fehlen oder die Zuordnung strittig ist. Denn jeder Monat, der ungeklärt vergeht, kostet bares Geld und mindert die spätere Rente dauerhaft.

Fazit: Weshalb sich der „Formularkleinkram“ langfristig auszahlt
122 Euro monatlich mögen auf den ersten Blick wie eine nette Zulage wirken. Auf 20 Jahre Rentenbezugsdauer addiert sich dieser Betrag jedoch zu fast 30 000 Euro.

Eltern, die ihre Kindererziehungszeiten noch nicht festgeschrieben haben, verschenken damit einen erheblichen Teil ihrer Altersversorgung. Ein rechtzeitiger Antrag ist deshalb kein Bürokratieaufwand, sondern eine Investition in finanzielle Souveränität im Ruhestand.