Schwerbehinderung: Arbeitgeber muss auf den Zusatzurlaub bei Behinderung hinweisen

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Arbeitgeber mรผssen Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung darauf hinweisen, dass diese zusรคtzliche Urlaubstage haben. Diese Informationspflicht berechtigt betroffene Arbeitnehmer zu Schadensersatzansprรผchen. So entschied das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (2 Sa 567/18)

Der Fall

Eine schwerbehinderte Arbeitnehmerin klagte nach dem Ende ihres Arbeitsverhรคltnisses auf Schadensersatz in Form einer Abgeltung. Sie hatte in den Jahren zuvor ihre zusรคtzlichen Urlaubstage nicht genommen, die ihr als Mensch mit Schwerbehinderung zustehen.

Schadensersatz forderte sie mit der Begrรผndung, dass der Arbeitgeber sie auf diesen Anspruch hรคtte hinweisen mรผssen, dies aber nicht getan hรคtte. Laut der Klรคgerin hรคtte der Arbeitgeber sich pflichtwidrig verhalten.

Klage scheitert vor dem Arbeitsgericht

Das Arbeitsgericht in Hameln teilte diese Ansicht nicht. Ein Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichtgewรคhrung des Zusatzurlaubs fรผr Schwerbehinderte bestรผnde nicht. Vielmehr sei die Klรคgerin selbst in der Verantwortung gewesen, diese Urlaubstage geltend zu machen.

Die Arbeitnehmerin ging in Berufung und gewann.

Landesarbeitsgericht stimmt der Klรคgerin zu

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen stimmte dann der Klรคgerin zu und verpflichtete den Arbeitgeber dazu, den Schadensersatz auszuzahlen. Es hob die Entscheidung des Arbeitsgerichts Hameln auf.

Die Klรคgerin hรคtte diesen Anspruch auf Schadensersatz, weil der Arbeitgeber sie wรคhrend der kompletten Arbeitszeit weder auf den zusรคtzlichen Urlaub hingewiesen hรคtte noch sie dazu aufgefordert hรคtte, diesen in Anspruch zu nehmen.

Es bestรผnde aber eine Informations- und Hinweispflicht des Arbeitgebers. Komme er dieser nicht nach, dann bestรผnde Anspruch auf Schadensersatz in Form eines Ersatzurlaubs. Sei das Arbeitsverhรคltnis beendet, dann bedeute dies eine Abgeltung.

Das Landesarbeitsgericht berief sich dabei auf den Paragrafen 241, Absatz 2 des Bรผrgerlichen Gesetzbuches: Dort steht zu Pflichten aus dem Schuldverhรคltnis: Das Schuldverhรคltnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rรผcksicht auf die Rechte, Rechtsgรผter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung

Ein Nachteilausgleich fรผr Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung sind zusรคtzliche Urlaubstage. Die Hรถhe dieses Zusatzurlaubs hรคngt ab von den wรถchentlichen Arbeitsstunden. Bei fรผnf Arbeitstagen pro Wochen sind es fรผnf zusรคtzliche Urlaubstage pro Jahr, bei vier Arbeitstagen verringern sich die zusรคtzlichen Urlaubstage auf vier.

Diesen zusรคtzlichen Urlaub muss der Arbeitgeber zusรคtzlich zum Grundurlaub gewรคhren. Der Anspruch gilt ab dem Zeitpunkt, in dem das zustรคndige Amt die Schwerbehinderung feststellt. Dabei gelten die gleichen Grundsรคtze auf Entstehung, Gewรคhrung und Abgeltung wie bei dem Grundurlaub.

Da fรผr schwerbehinderte Arbeitnehmer dieser Anspruch gesetzlich besteht, muss er nicht extra im Arbeitsvertrag erwรคhnt werden, um gรผltig zu sein.
Es kann zwar tariflich oder im Arbeitsvertrag fรผr den schwerbehinderten Arbeitnehmer ein lรคngerer Zusatzurlaub vereinbart werden, ein kรผrzerer Zusatzurlaub ist hingegen nicht erlaubt.