Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt für Klarheit gesorgt: Die Inflationsausgleichsprämie gilt auch für Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit. Diese auszuschließen verstoße gegen das Teilhabe- und Befristungsgesetz, denn es gebe keine sachlichen Gründe für eine Ungleichbehandlung (Az: 9 AZR 71/24).
Tarifvertrag schließt Altersteilzeit von der Prämie aus
Im konkreten Fall war im Tarifvertrag festgelegt, dass Arbeitnehmer während der Passivphase ihrer Altersteilzeit keinen Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro haben.
Ein betroffener Arbeitnehmer legte Klage ein und argumentierte, dass diese Regelung eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung darstelle. Er wies darauf hin, dass die Zahlung unabhängig von der geleisteten Arbeit dazu diene, die gestiegenen Lebenshaltungskosten abzufedern.
Arbeitgeber dürfen Teilzeitkräfte nicht ohne Grund benachteiligen
In den ersten Instanzen blieb die Klage ohne Erfolg, doch das Bundesarbeitsgericht gab dem Kläger am Ende recht. Es berief sich dabei auf den Paragrafen 4 Ansatz 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes.
Diesem zufolge dürften Teilzeitbeschäftigte nur dann schlechter gestellt werden als Vollzeitkräfte, wenn dafür sachliche Gründe vorliegen. Solche konnte das Gericht im strittigen Tarifvertrag nicht erkennen.
Die Prämie gilt für alle Arbeitnehmer
Die Prämie gilt für alle Arbeitnehmer im Sinne des Steuerrechts. Dazu zählen nicht nur Vollzeitkräfte, sondern auch diejenigen, die in Teilzeit arbeiten, Minijobber ebenso wie Aushilfsarbeiter in der Landwirtschaft.
Weitere Berechtigte sind Auszubildende wie bestimmte Praktikanten, Kurzarbeiter, Beschäftigte in Elternzeit, Beschäftigte, die Krankengeld beziehen, Freiwillige nach dem Bundesfreiwilligengesetz oder Menschen mit Behinderungen, die in Werkstätten tätig sind und noch mehrere andere Gruppen.
Ausdrücklich gilt die Inflationsprämie also auch bei Teilzeitarbeit.
Inflationsprämie ist nicht an Arbeitsleistung gebunden
Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung läge zum Beispiel vor, wenn eine Prämie an Arbeitsstunden gekoppelt wäre, die Arbeitnehmer in Teilzeit nicht leisten. Darum geht es beim Inflationsausgleich aber nicht, denn dieser soll Arbeitnehmern helfen, die höheren Verbraucherpreise zu decken.
Der Tarifvertrag führt mögliche weitere Gründe, die eventuell eine Ungleichbehandlung rechtfertigen, nicht auf.
Die Prämie ist freiwillig, aber die Gleichbehandlung nicht
Seit dem 26. Oktober 2022 haben Arbeitgeber die Möglichkeit, ihren Arbeitnehmern eine Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 Euro zu zahlen. Diese Regelung wurde von der Ampelregierung per Gesetz eingeführt. Die Auszahlung der Prämie ist jedoch freiwillig, das heißt, Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, diese Zahlung zu leisten.
Die Inflationsausgleichsprämie ist kein Teil des Arbeitslohns, sondern eine zusätzliche Zahlung, und es fallen keine Steuern sowie Abgaben an. Der Arbeitgeber muss bei Auszahlung der Prämie deutlich machen, dass diese wegen der gestiegenen Preise ausgezahlt wird, zum Beispiel durch einen Vermerk auf der Überweisung an den jeweiligen Arbeitnehmer.
Wenn Arbeitgeber diese Prämie leisten, dann müssen sie bestehende Gesetze zur Gleich- und Ungleichbehandlung der jeweiligen Beschäftigten einhalten. Dies hat das Bundesarbeitsgericht noch einmal bestätigt.
Urteil zugunsten der Arbeitnehmer
Das Bundesarbeitsgericht stützt mit diesem Urteil die Rechte derjenigen Arbeitnehmer, die in Teilzeit arbeiten. Für diese besteht auch in der Passivphase der Altersteilzeit ein Anspruch auf die Inflationsprämie, und dies auch ohne aktive Arbeitsleistung.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.