Eine psychische Erkrankung wegen regelmรครigen Mobbings am Arbeitsplatz ist keine anzuerkennende Berufskrankheit. Da bislang nicht nachgewiesen ist, dass eine bestimmte Berufsgruppe Mobbing hรคufiger ausgesetzt ist und psychisch erkrankt als die รผbrige Bevรถlkerung, ist die Anerkennung als Berufskrankheit nicht mรถglich, entschied das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in Mรผnchen in einem kรผrzlich verรถffentlichten Urteil vom 12. Mai 2021 (Az.: L 3 U 11/20).
Depressionen und Posttraumatische Belastungsstรถrung
Der Klรคger war von 2006 bis August 2012 als Pastoralreferent in einer italienisch-katholischen Gemeinde tรคtig. Wegen der Arbeitsbedingungen schloss er mit dem Bistum 2016 einen Aufhebungsvertrag. Beim Unfallversicherungstrรคger beantragte er wegen seiner erlittenen Depressionen und seiner Posttraumatischen Belastungsstรถrung die Anerkennung als Berufskrankheit.
Er fรผhrte seine psychische Erkrankung auf regelmรครiges Mobbing wรคhrend der Arbeit zurรผck. Als Beweis legte er eine erstellte โMobbing-Chronologie” vor.
Doch der Unfallversicherungstrรคger lehnte den Antrag ab. Die psychische Erkrankung durch Mobbing sei nicht in der Berufskrankheiten-Verordnung und der dazugehรถrigen Berufskrankheiten-Liste aufgefรผhrt, so die Unfallversicherung. Welche Krankheiten in die Verordnung aufgenommen werden, wird auf Vorschlag des beim Bundesministerium fรผr Arbeit und Soziales angesiedelten โรrztlichen Sachverstรคndigenbeirats Berufskrankheiten” entschieden.
Psychische Krankheit wegen Mobbings ist keine Berufskrankheit
Zwar kรถnnten auch nicht darin enthaltene Erkrankungen โwie” eine Berufskrankheit anerkannt werden, so das LSG. Voraussetzung fรผr die Anerkennung als โWie”-Berufskrankheit sei aber, dass eine bestimmte Personengruppe wegen ihrer versicherten Tรคtigkeit โin erheblich hรถherem Maรe” als die รผbrige Bevรถlkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt ist, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft eine Krankheit hervorrufen.
Dass Pastoralreferenten ein hรถheres Mobbing-Risiko haben, sei aber nicht belegt. Eine Anerkennugnn als “Wie-Berufskrankheit scheide daher aus.
Ohne Erfolg verwies der frรผhere Pastoralreferent auf eine Studie von 2002, den sogenannten Mobbing-Report. Danach bestehe im sozial-karitativen und insbesondere im kirchlichen Bereich ein erhรถhtes und spezifisches Mobbingrisiko. Da es im kirchlichen Bereich nur eingeschrรคnkte Mitarbeitervertretungsrechte gebe, kรถnnten Mobbing-Betroffene sich zudem schlecht zur Wehr setzen.
Dem widersprach das LSG. Mobbing sei vielmehr ein gesamtgesellschaftliches Phรคnomen. Bisher habe der รrztliche Sachverstรคndigenbeirat Berufskrankheiten ein erhรถhtes Erkrankungsrisiko infolge von Mobbing fรผr einzelne Berufsgruppen nicht untersucht.
Zwar kรถnne durchaus Mobbing zur psychischen Erkrankung des Klรคgers gefรผhrt haben. Fรผr die Anerkennung als Berufskrankheit komme es aber nicht auf den Einzelfall an.
รhnlich hatte bereits am 23. Oktober 2012 das Hessische LSG in Darmstadt geurteilt (Az.: L 3 U 199/11; JurAgentur-Meldung vom 18. Dezember 2012). Mobbing komme in allen Berufsgruppen und im privaten Umfeld vor. Dass eine bestimmte Berufsgruppe besonders hรคufig betroffen sei, sei bislang nicht nachgewiesen.
LSG Mรผnchen: Keine Berufsgruppe von Mobbing besonders betroffen
Allerdings dรผrfen die Unfallversicherungstrรคger sich auch nicht immer damit herausreden, dass es zur Anerkennung von psychischen Erkrankungen als Berufskrankheiten keine belastbaren Studien gibt.
Da der รrztliche Sachverstรคndigenrat fรผr Berufskrankheiten hierzu keine Prรผfung beabsichtigt, hatte das Bundessozialgericht in Kassel mit Beschluss vom 6. Mai 2021 selbst ein Gutachten in die Wege geleitet (Az.: B 2 U 11/20 R; JurAgentur-Meldung vom Entscheidungstag). Darin soll geklรคrt werden, ob Rettungssanitรคter wegen ihrer Arbeit hรคufiger als die รผbrige Bevรถlkerung eine Posttraumatische Belastungsstรถrung erleiden. fle