Mietpreisbremse in angespanntem Wohnungsmarkt verfassungsgemäß

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Bundesverfassungsgericht verweist auf öffentliches Interesse

Eine in einem angespannten Wohnungsmarkt eingeführte „Mietpreisbremse” ist mit dem Grundgesetz vereinbar und schränkt das Eigentumsgrundrecht von Vermietern nicht unzulässig ein. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Dienstag, 20. August 2019, veröffentlichten Beschluss entschieden und die 2015 eingeführte Berliner Mietpreisbremse gebilligt (Az.: 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18 und 1 BvR 1595/18). Auch die Vertragsfreiheit oder der allgemeine Gleichheitssatz seien nicht verletzt.

Die Berliner Mietpreisbremse trat zum 1. Juni 2015 in Kraft. Das entsprechende Bundesgesetz erlaubt den Ländern eine Begrenzung von Mietsteigerungen in Gebieten, in denen das Angebot an freien Wohnungen regelmäßig geringer ist als die Nachfrage. Das Land Berlin sah solch einen „angespannten Wohnungsmarkt” für das ganze Stadtgebiet gegeben. Bei einer Wiedervermietung darf danach die Miete nicht mehr als zehn Prozent über der örtlichen Vergleichsmiete liegen.

Die 67. Zivilkammer des Verwaltungsgerichts Berlin hielt die Berliner Regelungen zur Mietpreisbremse für verfassungswidrig und hatte zwei Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. So ging es in einem Fall um Mieter einer Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung in Berlin Wedding. Diese meinten, dass ihre monatliche Kaltmiete von 474 Euro gegen die Mietpreisbremse verstößt. Die Vermieterin hielt die Vorschriften dagegen für verfassungswidrig.

Das Verwaltungsgericht urteilte am 7. Dezember 2017, dass mit der Mietpreisbremse unzulässig in die Vertragsfreiheit eingegriffen werde (Az.: 67 S 218/17; JurAgentur-Meldung vom 7. Dezember 2017). Das Eigentumsgrundrecht werde verletzt, und Vermieter in verschiedenen Regionen würden zu Unrecht ungleich behandelt. So habe die ortsübliche Vergleichsmiete im Westen Berlins 2016 bei 7,14 Euro je Quadratmeter gelegen, in München dagegen bei 12,28 Euro.

Vor dem Bundesverfassungsgericht argumentierte im dritten Fall eine Vermieterin ähnlich, die einer Mieterin wegen der Mietpreisbremse überzahlte Miete zurückzahlen sollte.

Die Verfassungsrichter entschieden in ihrem Beschluss vom 18. Juli 2019, dass die beiden Vorlagen des Verwaltungsgerichts wegen einer unzureichenden Begründung unzulässig sind.

Doch auch die Verfassungsbeschwerde der Vermieterin blieb ohne Erfolg. Verfassungsrecht werde mit der Mietpreisbremse nicht verletzt. Zwar greife die Mietpreishöhenregulierung in das Eigentumsgrundrecht von Vermietern ein. Dieser Eingriff sei aber im öffentlichen Interesse gerechtfertigt und verhältnismäßig.

Denn es solle „der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Stadtteilen” entgegengewirkt werden. Es sei durchaus möglich, dass bei einem Wohnungswechsel einkommensschwacher Bevölkerungsschichten ohne eine Mietpreisbremse kein bezahlbarer Wohnraum im bisherigen Stadtteil gefunden werde. Die Regulierung sei geeignet, „Preisspitzen auf angespannten Wohnungsmärkten” abzuschneiden.

Sie sei auch für Vermieterinnen und Vermieter zumutbar. Diese müssten eh mit häufigen Gesetzesänderungen im Mietrecht rechnen und könnten nicht auf den Fortbestand einer ihnen günstigen Rechtslage und auf die Erzielung höchstmöglicher Mieteinnahmen vertrauen. Dauerhafte Verluste seien für Vermieter nicht zu erwarten, so dass auch keine Substanzgefährdung der Mietsache zu befürchten sei.

Vermieter seien auch nicht schutzlos gestellt. Führe eine Landesregierung eine Mietpreisbremse unter fehlerhaften Voraussetzungen ein, könnten Vermieter dies gerichtlich überprüfen lassen.

Der allgemeine Gleichheitssatz werde ebenfalls nicht verletzt. Zwar werde die zulässige Mietobergrenze anhand der ortsüblichen Vergleichsmiete bestimmt, was zu deutschlandweit unterschiedlichen Mietobergrenzen führt. Die einzelnen Wohnungsmärkte seien aber nicht vergleichbar. Zudem sei selbst eine etwaige Ungleichbehandlung wegen des Ziels der Mietpreisbremse, der Verdrängung einkommensschwacher Mieter Einhalt zu gebieten, gerechtfertigt.

Doch Schludern darf der Gesetzgeber bei der Einführung einer Mietpreisbremse auch nicht. So hatte der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 17. Juli 2019 die Hessische Mietpreisbremse von November 2015 aus formalen Gründen gekippt (Az.: VIII ZR 130/18; JurAgentur-Meldung vom 5. August 2019). Werde die vorgeschriebene Begründung einer Mietpreisbremse nur als „Entwurf” veröffentlicht, könne dies rückwirkend nicht mehr korrigiert werden, so die Karlsruher Richter.

Ohne eine korrekte Begründung könnten Mieter und Vermieter nicht „sorgsam” prüfen, ob es nach den bundesrechtlichen Vorgaben in ihrem Gebiet tatsächlich einer Mietpreisbremse bedarf. Seit dem 28. Juni 2019 ist in Hessen eine neue Mietpreisbremse in Kraft, bei der die Begründung ordnungsgemäß veröffentlicht wurde. fle/mwo

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