Bürgergeld Bezieher begehren die Zwangsvollstreckung von 26.222 € aus einer vom Jobcenter nicht ausgeführten Einstweiligen Anordnung
Ein exekutiv ungehorsames Jobcenter kommt seiner Verpflichtung zur Zahlung in Höhe von 26.222 € nicht nach. Die Bürgergeld Bezieher müssen zur Zwangsvollstreckung das Amtsgericht anrufen, in dessen Bezirk der Hauptsitz des Jobcenters liegt ( so aktuell bekannt gegeben vom Sozialgericht Karlsruhe Az. S 12 AS 1569/25 ER vom 11.07.2025 ).
Das Sozialgericht Karlsruhe hat durch Beschluss vom 20.06.2025 im Verfahren S 12 AS 1569/25 ER das Jobcenter mit Beschluss vom 20.06.2025 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern Bürgergeld in Höhe von 26.222,- € zu gewähren. Hiergegen hat das Jobcenter Beschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt (Az. L 13 AS 2080/25 ER-B), über die noch nicht entschieden worden ist.
Das Sozialgerichts Karlsruhe ist für den Antrag auf Vollstreckung unzuständig
Nach § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden.
Unter diese Zuständigkeitsregelungen fällt der Vollstreckungsantrag der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 12 AS 1569/25 ER am 20.06.2025 vorläufig siegreichen Antragsteller bzw. Vollstreckungsschuldner des Verfahrens nicht.
Für das Zwangsvollstreckungsbegehren der Bürgergeld beziehenden ist stattdessen das Amtsgericht Baden-Baden sachlich und örtlich zuständig.
Denn Falls ein gegenüber dem Gesetz und der Rechtsprechung exekutiv ungehorsames Jobcenter seine Verpflichtung zur Zahlung einer bezifferten Geldforderung aus einer einstweiligen Anordnung eines Sozialgerichts nicht erfüllt, muss der hiervon betroffene Bürgergeldempfänger zur Zwangsvollstreckung das Amtsgericht anrufen, in dessen Bezirk der Hauptsitz des Jobcenters liegt.
Die Vollstreckung von Geldforderungen aus einer einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts richtet sich nach § 198 Abs. 1 SGG
In Verbindung mit § 882a Zivilprozessordnung, wobei es der Einhaltung einer Wartefrist nach § 882a Abs. 5 ZPO nicht bedarf. Zuständiges Vollstreckungsgericht ist nach §§ 198 Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 764, 828 Abs. 2 ZPO das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.07.2012, Az. L 18 AS 1772/12 B ER).
Gründe des Gerichts
1. Die Verweisung des § 198 Abs. 1 SGG auf eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Achten Buches der ZPO steht zwar unter dem Vorbehalt, dass sich aus dem SGG nichts anderes ergibt. Für die Vollstreckung bezifferter Geldforderungen aus einstweiligen Anordnungen bestehen jedoch keine vorrangigen Spezialvorschriften (SG Magdeburg, 17.03.2017, S 11 AS 3642/16 ER).
2. Eine Vollstreckung nach § 201 SGG kommt nicht in Betracht
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Bescheid prüfenDenn diese Norm sieht vor, dass Verpflichtungsurteile im Sinne des § 131 SGG durch das Gericht des ersten Rechtszuges im Wege der Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern vollstreckt werden. Sie ist auf einstweilige Anordnungen zwar grundsätzlich analog anwendbar, jedoch nur, soweit deren Regelungen einem Urteilsspruch nach § 131 SGG entsprechen. Es kommt zwar auch eine analoge Anwendung auf Leistungsurteile in Gestalt von Grundurteilen nach § 130 S. 1 SGG in Betracht, weil auch diese regelmäßig eine Behörde zu einer nicht vertretbaren Handlung verpflichten (vgl. BSG, Beschl. v. 06.08.1999, Az. B 4 RA 25/98 B).
Für Vollstreckungen, die eine bezifferte Geldforderung zum Gegenstand haben, trifft dies jedoch nicht zu, so dass insoweit keine Grundlage für eine (erweiternde) Anwendung des § 201 SGG besteht (vgl. BayLSG, Beschl. v. 11.01.2016, Az. L 16 AS 251/15 B ).
3. Ebenso wenig ergibt sich eine Zuständigkeit des Sozialgerichts Karlsruhe nach § 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit §§ 928, 930 Abs. 1 S. 3 ZPO.
Weiter führt das Gericht aus – Zitat
Das grundrechtsgleiche Verfahrensrecht der Beteiligten auf eine Entscheidung über die Verweisung des Vollstreckungsantrags durch die gesetzlichen Richter des Landessozialgerichts steht wegen der außerordentlichen Eilbedürftigkeit des vorliegenden Vollstreckungsantrags im vorliegenden Einzelfall von Verfassungs Wegen ausnahmsweise hinter dem Anspruch auf einen effektiven und zeitnahen Rechtsschutz der Vollstreckungsgläubiger aus Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 6 Abs.1 EMRK zurück.
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind nicht dafür da, sich nur miteinander und gegenseitig zu befassen; sie wurden eingerichtet, um den sie anrufenden Personen einen effektiven und schnellen Rechtsschutz zu gewährleisten.
Hinweis vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock
Das Sozialgericht Karlsruhe gibt bekannt, dass Bezieher von Bürgergeld im Eilverfahren wegen existenzsichernder Leistungen – nicht mit einem exekutiven Ungehorsam einem an Recht und Gesetz gebundenen Jobcenter rechnen müssen ( SG Karlsruhe Az. S 12 AS 1569/25 ).
Das Jobcenter legt trotz Aufforderung durch das Gericht Beweisurkunden des Antragstellers – nicht vor.
Bürgergeld: Sozialgericht kritisiert “exekutiven Ungehorsam” des Jobcenters