Mietkosten bei Bürgergeld: Keine Einzelüberprüfung ohne Einwand gegen das Berechnungskonzept

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Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt urteilte in einem Streit zwischen Jobcenter und Bürgergeld-Bedürftigen über die Höhe der Zahlungen für Heiz- und Wohnkosten. Erstens beruhe die Mietwerterhebung auf einem schlüssigen Konzept.

Zweitens bedürfe es keiner in Detail gehenden Einzelüberprüfung, wenn die Betroffenen weder gegen das ursprüngliche noch gegen das im Berufungsverfahren nachgebesserte Konzept fundierte Einwände erheben.(L 5 AS 440/21)

Berechnung der Heizkosten durch das Jobcenter war nicht korrekt

Um angemessene Heizkosten zu bestimmen sei im Landkreis Harz auf die Werte des allgemeinen Heizspiegels zurückzugreifen. Die zu berücksichtigenden Heizkosten seien aber nicht korrekt ermittelt worden, sondern unzulässig pauschaliert.

Das Jobcenter wird dazu verurteilt, den Bürgergeld-Bedürftigen für März bis Juli 2018 jeweils weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in der Höhe von 1,20 Euro pro Monat zu zahlen.

Was fehlt?

Dem Gericht zufolge wurden die klimatischen Bedingungen nicht einbezogen, die Energiepreisentwicklung nicht berücksichtigt, und auch nicht die typischen Energieträger einfacher Wohnhäuser, der Gebäudestandard und der Stand der Heizungsanlagen.

Der Preisindex wurde berücksichtigt

Hingegen sei für die Zeiträume ab August 2018 die Fortschreibung des Konzeptes nach Maßgabe des Preisindexes für die Entwicklung der Mietkosten in Sachsen-Anhalt korrekt gewesen.

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Methode der Angemessenheitsermittlung in Frage gestellt

Die Bürgergeld-Empfänger hatten die Methode in Frage gestellt, mit denen ein angemessener Mietpreis ermittelt wurde. Mit 58 Prozent der Mietwerte hätten deutlich die Wohnungen mit eher einfachem Standard im Zentrum gestanden – kein repräsentativer Wohnungsbestand. Reale Wonhungsangebote seien nicht in Analyse und Konzepte einbezogen worden.

Kalte Betriebskosten fehlerhaft berechnet

Die Rohdaten zu den kalten Betriebskosten seien fehlerhaft, und bei den Heizkosten müsse der bundesweite Heizspiegel gelten, und damit seien 81 Euro pro Monat angemessen.

“Methode ist anerkannt”

Das Jobcenter argumentierte, das angewandte iterative Verfahren sei eine anerkannte statistische Methode zur Ermittlung der hier relevanten Werte. Außerdem seien die Mietdaten der privaten und institutionellen Vermieter eingeflossen und Angebotsmieten gesichtet worden.

“Gewählte Methoden sind nachvollziehbar

Das Gericht stimmte dem Jobcenter im Kern zu. Die zur Ermittlung der angemessenen Kosten gewählten Methoden seien nachvollziehbar, weder erkennbar „unschlüssig“ (willkürlich oder widersprüchlich) noch beruhten sie auf fehlerhaften Prämissen. Ein Verstoß gegen die vom Bundessozialgericht geforderten Grundsätze sei nicht erkennbar.

“Mietwerterhebung im Harz ist valide”

Das Verfahren, um die Mietwerte im Harz zu erheben, sei nicht zu beanstanden. Es basiere auf einer umfangreichen Vermieterbefragung zu Mietvertragsbeginn, letzte Mietänderung, Wohnungfläche, Netto-Kaltmiete, kalte Betriebskosten (Vorauszahlungsbetrag), kalte Betriebskosten mit Wasserkosten. Außerdem seien, im Unterschied zur Darstellung der Betroffenen, Angebotsmieten erhoben worden.

Wörtlich vermerkt das Gericht: “Entgegen der klägerischen Auffassung bestehen für den Senat keine ernsthaften Bedenken, dass der Umfang der erhobenen Daten nicht repräsentativ wäre.” Das gelte für die Miete ebenso wie für die kalten Betriebskosten.

Höherer Bedarf bei Bruttokaltmiete

Das Gericht stimmte allerdings zu, dass der bundesweite Heizspiegel von 81 Euro gültig sei. Bei der Berechnung von angemessener Bruttokaltmiete und angemessenen Heizkosten kam das Gericht zu einem monatlichen Anspruch der beiden Bürgergeld-Bedürftigen von 397,80 Euro.

Jobcenter muss 2,40 pro Monat zahlen

Die Differenz zum vom Jobcenter ausgezahlten Betrag beträgt 2,40 Euro pro Monat, also 1,20 pro Bürgergeld-Bedürftigen. Das Gericht verurteilte die Behörde dazu, diesen Betrag auszuzahlen. (Hinweis: Tacheles e.V.)