Bürgergeld: Seit Januar leiten die Jobcenter massenhaft Kostensenkungsverfahren ein

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Wie bereits berichtet und befürchtet gehen die Jobcenter dazu über, sogenannte Kostensenkungsverfahren einzuleiten. Verantwortlich hierfür ist bei vielen Leistungsbeziehenden das Ende der Karenzzeit. Für Bürgergeld Beziehende bedeutet dies, sich wieder mit den Behörden um die Unterkunftskosten zu streiten.

Jobcenter Brief zur Aufforderung der Senkung der Unterkunftskosten.

Nach § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II werden die Kosten für Unterkunft und Heizung übernommen, sofern diese als „angemessen“ beurteilt werden. Diese Prüfung hat für die Mietkosten einerseits und die Heizkosten andererseits getrennt zu erfolgen, wobei bei Anwendung einer Gesamtangemessenheitsgrenze nach Absatz 10 die Heizkosten im gleichen Umfang zu berücksichtigen sind wie bei einer getrennten Prüfung.

Zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung gehören nicht nur die laufenden Kosten für Miete und Heizung, sondern auch einmalige Ausgaben wie Heizkostennachzahlungen.

Jobcenter schicken Anhörung bei Überschreitung der Mietobergrenze

Ab Januar 2024 treten im Sozialgesetzbuch II und XII Änderungen in Bezug auf die Unterkunftskosten in Kraft. Der Ablauf der Karenzzeit gemäß § 20 Abs. 1 S. 2 SGB II/§ 35 Abs. 1 S. 2 SGB XII führt zu einer Reihe von Kostensenkungsverfahren für Bürgergeld-Beziehende, die bereits vor Einführung der Karenzzeit Bürgergeld bezogen (sog. Bestandsfälle).

Wenn die Bedarfe der Unterkunft eine festgelegte Mietobergrenze übersteigen, erfolgt seitens des Jobcenters oder Sozialamts eine Anhörung bezüglich unangemessener Unterkunftskosten.

In dieser Anhörung werden angemessene Mietkosten definiert und die potenziellen Konsequenzen einer Nichtsenkung erläutert. Eine sechsmonatige Frist wird in der Regel seitens des Jobcenters gesetzt.

Sollte bis zum Fristende keine angemessene Wohnung gefunden werden und keine ausreichenden Nachweise erbracht werden, erfolgt eine Absenkung der Mietkosten auf die festgelegte “Angemessenheitsgrenze”. Was können Leistungsbeziehende dann tun?

Was tun, wenn das Jobcenter eine Aufforderung der Senkung der Unterkunftskosten schickt?

Um in der Wohnung verbleiben zu können, sollten folgende Schritte in Betracht gezogen werden:

Wichtige Gründe für den Verbleib: Existieren Gründe, die den Verbleib in der aktuellen Wohnung rechtfertigen? Beispiele hierfür sind ärztliche Atteste, die schwere gesundheitliche Gründe oder eine besondere psychische Belastung durch einen Umzug bescheinigen. Auch die bevorstehende Altersrente oder eine Vergrößerung der Bedarfsgemeinschaft können solche Gründe darstellen.

Eine Vergrößerung der Bedarfsgemeinschaft kann beispielsweise die Geburt eines Kindes sein. Oder eine andere Person zieht in die Wohnung mit ein.

Kinderwohngeld für Alleinerziehende: Insbesondere bei Alleinerziehenden stellt sich die Frage nach dem Anspruch auf das Kinderwohngeld. Falls das Kinderwohngeld den Bedarf des Kindes decken kann, wird es nicht mehr als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft betrachtet.

Dies führt zur Anpassung der Mietobergrenze für die verbleibenden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft und kann die Angemessenheit der aktuellen Wohnung beeinflussen.

Nachweise bei erfolgloser Wohnungssuche: Falls keine angemessene Wohnung gefunden wurde, sind ausführliche Nachweise über die erfolglose Suche erforderlich. Eine detaillierte Dokumentation dieses Prozesses ist notwendig, ohne eine festgelegte Mindestanzahl an Nachweisen.

Um einen solchen Nchweis zu erbringen, hat Arbeits- und Sozialberatungs- Gesellschaft e.V. aus Hannover hier einen Vordruck bereit gestellt. Dieser kann hier im PDF-Format als Vordruck zum Selbstausfüllen heruntergeladen werden.

Kostensenkungsverfahren gilt auch für Heizkosten

Das Bundessozialgericht hatte nämlich geurteilt, dass diese Kostensenkungsverfahren nicht nur für Miet- sondern auch für Heizkosten anzuwenden sind (Az.: B 14 AS 57/19 R).

“Die konkrete Angemessenheitsprüfung und die Notwendigkeit einer Kostensenkungsaufforderung gelten auch in Bezug auf eine Heizkostennachforderung, die den Grenzwert aus dem bundesweiten Heizkostenspiegel überschreitet.”

Ziel ist es, den Betroffenen Klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welcher Höhe die Kosten als „unangemessen“ eingestuft werden und welche Rechtslage einschlägig ist, um einen Widerspruch oder eine Anpassung des Verbrauchsverhaltens zu ermöglichen.

Voraussetzung für die Einleitung eines solchen Verfahrens ist jedoch, dass das Jobcenter einen eindeutigen Hinweis auf die Kostenüberschreitung und die Rechtslage erteilt. Ist dies nicht der Fall, kann ein Widerspruch eingelegt werden.

Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich die Grundlage hierfür aus der ersten Nebenkostenabrechnung am Ende des ersten Abrechnungszeitraums in einer neuen Wohnung.

Ohne Hinweis: Heizkostennachzahlungen, auch wenn Verbrauch zu hoch war

Unterlässt das Jobcenter einen solchen Hinweis, muss es die Heizkostennachzahlung auch dann übernehmen, wenn der Verbrauch den „Angemessenheitsrahmen“ überschreitet.

Bürgergeld-Beziehende haben in solchen Fällen dennoch Anspruch auf die volle Übernahme. Siehe dazu auch ein Urteil des Bundessozialgerichts (Az.: B 14 AS 57/19 R).

“Die konkrete Angemessenheitsprüfung und die Notwendigkeit einer Kostensenkungsaufforderung gelten auch in Bezug auf eine Heizkostennachforderung, die den Grenzwert aus dem bundesweiten Heizkostenspiegel überschreitet”, so der Tenor des Urteils.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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