Kein Anspruch auf Rente bei Schwerbehinderung im Ausland – Grundsatzurteil

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Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil (Az. B 13 R 15/15 R) klargestellt, dass die โ€žAltersrente fรผr schwerbehinderte Menschenโ€œ nicht exportierbar ist, sobald der Wohnsitz vor Rentenantragstellung in ein Land ohne Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland verlegt wird.

Um was ging es genau?

Geklagt hatte ein deutscher Staatsangehรถriger, dem aufgrund eines Arbeitsunfalls bereits in Deutschland ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 bescheinigt worden war.

Nach seiner รœbersiedlung nach Paraguay stellte er dort den Antrag auf Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen. Die Deutsche Rentenversicherung lehnte ab โ€“ zu Recht, wie das hรถchste Sozialgericht bestรคtigte.

Entscheidend sei, so der 13. Senat, dass fรผr diese besondere Rentenart neben dem Mindest-GdB von 50 ein sogenannter Inlandsbezug bestehen mรผsse. Dieser fehlte, “weil Paraguay weder Mitglied der Europรคischen Union noch Vertragspartner in Fragen der sozialen Sicherheit ist”, so das Gericht.

Rechtsgrundlage: Inlandsbezug und Schwerbehinderteneigenschaft

Die Richter stรผtzten sich dabei auf ยง 2 Abs. 2 SGB IX. Danach gelten Menschen nur dann als schwerbehindert, wenn sie nicht nur den erforderlichen GdB aufweisen, sondern zusรคtzlich ihren Wohnsitz, gewรถhnlichen Aufenthalt oder Arbeitsplatz โ€žim Geltungsbereich dieses Gesetzbuchsโ€œ โ€“ also in Deutschland โ€“ haben.

Zugleich verweist ยง 37 SGB VI fรผr die Altersrente ausdrรผcklich auf die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch nach dem SGB IX. Wird diese Anerkennung durch den Wegzug in ein vertragsloses Drittland automatisch beendet, fehlt es an einer der konstitutiven Anspruchsvoraussetzungen.

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Rente mit Schwerbehinderung nur in der EU und in Abkommensstaaten

Wer innerhalb der Europรคischen Union, des Europรคischen Wirtschaftsraums oder in der Schweiz lebt, muss die Entscheidung nicht fรผrchten: Auf diese Staaten ist die europรคische Verordnung (EG) 883/2004 anwendbar, die Rentenleistungen grenzรผberschreitend sichert.

Gleiches gilt โ€“ soweit ausdrรผcklich vereinbart โ€“ fรผr Lรคnder, mit denen Deutschland bilaterale Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat, etwa die USA, Kanada oder die Tรผrkei. AuรŸerhalb dieses Geflechts โ€“ in โ€žvertragslosenโ€œ Staaten wie Paraguay oder Thailand โ€“ entfรคllt die Schwerbehinderteneigenschaft allerdings, sobald der gewรถhnliche Aufenthalt dorthin verlegt wird.

Folgen fรผr bereits bewilligte Renten bei Schwerbehinderung

Das BSG stellte zugleich klar, dass ein bereits bewilligter Anspruch nicht automatisch erlischt, wenn die Auswanderung erst nach Rentenbeginn erfolgt.

Denn in diesem Fall bleibt die zum Rentenstart wirksam festgestellte Schwerbehinderteneigenschaft bestehen und wirkt fort. Die Entscheidung betrifft daher in erster Linie diejenigen, die vor dem Antrag den Schritt ins Ausland wagen.

Andere Rentenarten kรถnnen gelten

Wer den Anspruch verliert oder gar nicht erst erwerben kann, ist nicht zwingend auf die Regelaltersrente verwiesen. Je nach Versicherungszeit kommen andere Rentenarten in Betracht โ€“ etwa die Altersrente fรผr langjรคhrig Versicherte nach 35 Beitragsjahren, die ab 63 beginnt, allerdings dauerhaft mit Abschlรคgen verbunden ist, oder die Altersrente fรผr besonders langjรคhrig Versicherte nach 45 Beitragsjahren, die abschlagsfrei bezogen werden kann und aktuell je nach Geburtsjahr frรผhestens mit 63 beginnt, kรผnftig aber wieder bis auf 65 Jahre ansteigt.

Beratung vor dem Umzug ist unverzichtbar

Die Entscheidung wirkt wie ein Warnsignal fรผr alle Schwerbehinderten mit Auswanderungsplรคnen. Vor dem endgรผltigen Schritt sollten Betroffene unbedingt eine verbindliche Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung einholen oder sich von einem zugelassenen Rentenberater beraten lassen.

Nur so lรคsst sich klรคren, ob es sinnvoller ist, zunรคchst den Rentenantrag in Deutschland zu stellen und anschlieรŸend umzuziehen oder ob der Verlust der besonderen Rentenart durch andere Ansprรผche kompensiert werden kann.

Fazit

Die BSG-Entscheidung setzt enge geografische Grenzen fรผr die Altersrente schwerbehinderter Menschen. Wer dauerhaft in ein vertragsloses Drittland zieht, verliert seinen Anspruch, sofern er die Rente nicht bereits vor dem Umzug bewilligt bekommen hat.

Schwerbehinderte Auswanderer sollten daher rechtzeitig prรผfen, welche Rentenleistungen im Zielland noch gelten, und gegebenenfalls ihre Strategie anpassen, um EinbuรŸen zu vermeiden.