Eine verspätete Wiedereingliederung von Arbeitnehmern mit Schwerbehinderung rechtfertigt unter bestimmten Umständen des Anspruch auf Schadensersatz.
Denn die Betroffenen haben einen besonderen Anspruch auf eine stufenweise Wiedereingliederung, um nach längerer Krankheit wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren.
Der Arbeitgeber muss die Wiedereingliederung ermöglichen, sofern dem keine wichtigen Gründe entgegen stehen.
Schadensersatz für entgangenen Verdienst
Auch eine Verzögerung der Wiedereingliederung ohne triftigen Grund kann Schadensersatz bedeuten. Der Schadenersatz bemisst sich dann gewöhnlich nach dem durch die Verspätung entgangenen Verdienst. Deshalb entschied das Landesarbeitsgericht Berlin zugunsten einer Lehrerin mit Schwerbehinderung. (15 Sa 1700/17)
Was sind die Voraussetzungen für Schadensersatz bei Verspätung?
Der Arbeitnehmer muss erstens nachweisen, dass er eine ärztliche Bescheinigung für die Wiedereingliederung vorlegte, und dass zweitens der Arbeitgeber die Verspätung verursachte. Lehnt der Arbeitgeber eine Wiedereingliederung ab, dann trifft ihn die Beweispflicht, dass diese nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Lehrerin erkrankt arbeitsunfähig
Die Betroffene ist als schwerbehindert anerkannt und arbeitete als Lehrerin. Sie erkrankte arbeitsunfähig und beantragte am 20.01.2014 die Durchführung einer Wiedereingliederung ab dem 09.02.2015. Ihre ärztliche Bescheinigung gab als Zeitpunkt der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit den 28.03.2015 an.
Das Land lehnt ab
Das Land als Arbeitgeber lehnte dies ab. Die Lehrerin legte eine weitere ärztliche Bescheinigung nach, und beide Parteien schlossen jetzt einen Vertrag zur stufenweisen Eingliederung ab dem 07.04.2015. Ab dem 13.05.2015 arbeitete die Frau wieder in Vollzeit.
Betroffene fordert Schadensersatz
Die Lehrerin klagte vor dem Arbeitsgericht Berlin. Sie forderte Schadensersatz für den Verdienstausfall, der entstanden sei, weil das Land den ersten Antrag auf Wiedereingliederung ohne triftigen Grund abgewiesen hätte.
Somit sei das Land für das Versäumnis verantwortlich. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, und die Lehrerin legte vor dem Landesarbeitsgericht Berufung ein. Hier erhielt sie Recht.
Alle Voraussetzungen waren erfüllt
Das Landesarbeitsgericht bestätigte, dass die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 20.01.2018 alle Kriterien für eine Wiedereingliederung erfüllt hätte. Die ärztliche Bescheinigung hätte alle notwendigen Angaben enthalten, und insbesondere auch den 28.03.2015 als Zeitpunkt der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit.
Keine Angabe zur Zumutbarkeit
Das Land hätte auch keine Äußerung abgegeben, nach dem der Anspruch auf Wiedereingliederung zu besagtem Zeitpunkt unzumutbar oder unverhältnismäßig gewesen sei.
Die ärztliche Prognose lasse auch den Schluss zu, dass bei einem früheren Beginn der Wiedereingliederung am 09.02.2015 die Arbeitsfähigkeit am 28.03.2015 wieder voll hergestellt worden sei.
Das Land muss mehr als 2.000 Euro zahlen
Das Land zahlte der Lehrerin während der Wiedereingliederung zwar eine Vergütung. Hätte sie jedoch zum ursprünglich veranschlagten Zeitpunkt ihre volle Arbeitskraft erreicht, dann hätte sie zusätzlich 1.680,70 Euro für April 2015 erhalten und 597, 48 Euro für Mai 2015 bekommen.
Das Landesarbeitsgericht verurteilte deshalb das Land dazu, an die Klägerin 2.278,18 Euro brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.