Als Behinderung gilt eine Funktionsbeeinträchtigung (seelisch, geistig oder körperlich), die länger als sechs Monate andauert und die Betrofffenen in ihrem Alltag einschränkt.
Die Schwere einer Behinderung wird in Zehnerschritten von 20 bis 100 festgelegt. Ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 handelt es sich um eine Schwerbehinderung. Ab wann kann man jedoch Nachteilsausgleiche (sog. Vorteile) in Anspruch nehmen?
Inhaltsverzeichnis
Der Nachteilsausgleich
Behinderte und schwerbehinderte Menschen erhalten Ausgleich für die Nachteile, die sich aus ihrer Behinderung ergeben. Dazu gehören Vorteile bei der Steuer, erhöhter Kündigungsschutz, zusätzlicher Urlaub und frühere Rente. Nachteilsausgleich richtet sich nach Schwere der Behinderung und Merkzeichen.
Alle Nachteilsausgleiche bei einem GdB 30
Vorteil | Erläuterung / Voraussetzung |
Behinderten-Pauschbetrag (Steuerfreibetrag) | Pauschaler Abzug von 620 € pro Jahr vom zu versteuernden Einkommen (§ 33 b EStG) – automatisch möglich ab GdB 30, unabhängig von Gleichstellung. |
Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Abs. 3 SGB IX) | Auf Antrag bei der Agentur für Arbeit kann eine Arbeitnehmerin mit GdB 30 (oder 40) den Status „gleichgestellt“ erhalten, wenn ohne diese Gleichstellung der Arbeitsplatz gefährdet ist oder kein geeigneter Arbeitsplatz gefunden wird. |
Besonderer Kündigungsschutz | Nach erfolgter Gleichstellung darf eine Kündigung nur mit Zustimmung des Integrationsamts ausgesprochen werden; dies erschwert betriebliche oder personenbedingte Entlassungen. |
Begleitende Hilfen im Arbeitsleben | Integrationsamt/Agentur für Arbeit können – nach Gleichstellung – Kosten für Arbeitsplatzanpassungen, technische Hilfsmittel, Arbeitsassistenz oder Qualifizierungen übernehmen (§ 185 SGB IX). |
Lohnkostenzuschuss für Arbeitgeber | Arbeitgeber können einen befristeten Zuschuss zu den Lohnkosten erhalten, wenn sie eine gleichgestellte Person einstellen oder weiterbeschäftigen; senkt die Hürde bei Einstellung und sichert Beschäftigung. |
Bevorzugte Berücksichtigung im öffentlichen Dienst | Bei gleicher Eignung müssen öffentliche Arbeitgeber Bewerber*innen mit Gleichstellung vorrangig einstellen („Nachteilsausgleich bei Stellenbesetzung“). |
Gut zu wissen
- Ein GdB 30 allein verleiht keinen Schwerbehindertenausweis, keinen Zusatzurlaub, keine unentgeltliche ÖPNV-Beförderung und keine Kfz-Steuerermäßigung; dafür ist mindestens GdB 50 oder ein spezielles Merkzeichen nötig.
- Die Gleichstellung erschließt viele arbeitsbezogene Rechte, ändert aber nichts an steuerlichen oder sonstigen Vergünstigungen jenseits des Arbeitsplatzes.
- Der Antrag auf Gleichstellung kann formlos gestellt werden; legen Sie aussagekräftige ärztliche Unterlagen und eine kurze Begründung (Gefährdung des Arbeitsplatzes / Schwierigkeiten bei Stellensuche) bei. Entscheidet die Agentur für Arbeit positiv, gilt die Gleichstellung ab Bescheiddatum.
Ab wann gelten Nachteilsausgleiche?
Bestimmte Nachteilsausgleiche gelten ab einem Grad der Behinderung von 30. Dazu gehören die Möglichkeit, eine Gleichstellung mit Schwerbehinderten zu bekommen und ein möglicher Steuerfreibetrag. Schwerbehindertenausgleich kann man ab einem Grad der Behinderung von 50 erhalten.
Lesen Sie auch:
Was bringt der Schwerbehindertenausweis?
Kommunen, Privatunternehmen und viele Institutionen bieten Ermäßigungen für Schwerbehinderte an (wobei der Ausweis vor Ort die Schwerbehinderung nachweist).
Dazu gehören Schwimmbäder, die vergünstigten Zugang für Schwerbehinderte anbieten; Theater, Museen und Sportveranstalter, die nicht nur billigere Tickets, sondern oft auch einen Extraservice und spezielle Plätze ür Menschen mit Behinderungen im Angebot haben.
Verkehrsunternehmen ermöglichen Schwerbehinderten oft ermäßigte oder sogar freie Fahrten mit Bus, Bahn und Zug.
Welche besonderen Rechte haben Schwerbehinderte?
Hinzu kommen die rechtlich festgeschriebenen Nachteilsausgleiche bei einem Schwerbehindertenausweis.
Diese sind erstens fünf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr bei einer Fünf-Tage-Woche, zweitens ein pauschaler Freibetrag bei der Einkommenssteuer (der bei den Merkzeichen Hilflos / H, Blind / bl oder Taubblind / Tbl sogar 7.400 Euro beträgt).
Drittens können Schwerbehinderte zwei Jahre vorher ohne Abschläge in Rente gehen, und viertens genießen sie erhöhten Kündigungsschutz.
Schwerbehinderung im Arbeitsrecht
Bei der Kündigung von Schwerbehinderten muss der Arbeitgeber vom Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung bekommen. Zudem dürfen Schwerbehinderte nicht gegen ihren Willen mit Mehrarbeit belastet werden.
Der Gleichstellungsantrag
Bei einem Grad der Behinderung von 30 oder 40 kann ein Antrag bei der Agentur für Arbeit gestellt werden, der die Betroffenen mit Schwerbehinderten gleich stellt.
Diese Gleichstellung kann anerkannt werden, wenn die Behinderung am konkreten Arbeitsplatz ebenso einschränkt wie eine Schwerbehinderung. Dann besteht zusätzlicher Schutz bei der Gefahr, den Job zu verlieren.
Ermäßigung für Rundfunkgebühren
Blinde und Sehbehinderte mit einem Grad der Behinderung von mindestens 60 und Hörgeschädigten von mindestens 50 können Rundfunkgebühren erlassen / ermäßigt werden. Dies gilt mit einem Grad der Behinderung von 80 und mehr, wenn die Einschränukungen die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen unmöglich machen.
Die Merkzeichen
Im Schwerbehindertenausweis sind Merkzeichen notiert. So bedeutet G “erheblich beeinträchtigt in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr”. Merkzeichen können zu weiteren Nachteilsausgleichen führen. G bietet zum Beispiel eine reduzierte KFZ-Steuer.
Schwerbehinderung bei der Bewerbung?
„Bei gleicher Eignung werden Schwerbehinderte bevorzugt eingestellt“, ist eine gängige Formulierung in Stellenausschreibungen. Eine Garantie, den Job zu bekommen, ist das nicht, denn “gleiche Eignung” liegt im Ermessen des Stellenanbieters.
Allerdings werden nach einschlägigen Gerichtsurteilen, Arbeitgeber Schwerbehinderte zumindest zum Vorstellungsgespräch laden, um nicht juristisch wegen Diskriminierung belangt zu werden.