Kann krankheitsbedingtes Duschen die Sozialhilfe erhöhen?

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Ein Sozialhilfebezieher muss täglich krankheitsbedingt 5 mal duschen,um sich sauber und trocken zu fühlen. Er leidet unter fortwährenden Durchfall. Gegenüber der Sozialbehörde machte er deshalb einen Mehrbedarf an Kosten für Strom und Waschmittel geltend.

Die Behörde lehnte ab, ein erhöhter Mehrbedarf an Stromkosten für seinen Durchlauferhitzer sei nicht nachgewiesen. Deshalb zog der Betroffene vor Gericht.

Berechnung eines über die Warmwasserpauschale hinausgehenden Mehrbedarfs für die Kosten einer dezentralen Warmwassererzeugung – Mehrbedarf bei Durchlauferhitzer

Das Sozialgericht verurteilte die Behörde ihm einen Warmwassermehrbedarf in Höhe von 36 € monatlich zu gewähren. Hiermit war der Antragsteller nicht zufrieden und beantragt beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen per Klage ihm weitere Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren.

Das LSG NRW, Urt. v. 27.04.2023 – L 9 SO 209/21 – entschied hier zu Gunsten des Leistungsbeziehers und urteilte wie folgt:
Das Sozialamt muss Zusatzkosten für Warmwassermehrbedarf in Höhe von monatlich ca. 55 € zahlen für krankheitsbedingtes häufiges Duschen.

1. Der Anspruch auf Berücksichtigung eines Warmwassermehrbedarfs über die Warmwasserpauschale hinaus besteht, soweit die Aufwendungen für die Warmwassererzeugung durch die Warmwasserpauschale nicht vollständig gedeckt werden und sie nicht unangemessen sind (BSG Urteil vom 07.12.2017 – B 14 AS 6/17 R).

2. Wenn die Pauschalen nicht ausreichend sind, um die Kosten zu decken, müssen die Gerichte die tatsächlichen Kosten ermitteln und ggf. schätzen. Diese sind dann bis zur Grenze der Angemessenheit zu übernehmen. Hier lassen sich die tatsächlichen Kosten für die Warmwassererzeugung mangels einer separaten Messeinrichtung nur schätzen.

3. Die Kosten sind nach der Rechtsprechung des BSG jedoch nur bis zur Grenze der Angemessenheit zu übernehmen. Sofern keine Besonderheiten des Einzelfalls bestehen ist deshalb dem Energieverbrauch regelmäßig ein durchschnittlicher, als angemessen anzusehender Warmwasserverbrauch zu Grunde zu legen, hier kommt eine Begrenzung auf die durchschnittlichen Kosten jedoch nicht in Betracht, denn es liegen Besonderheiten des Einzelfalls vor.

4. Krankheitsbedingtes häufiges Duschen kann einen Warmwassermehrbedarf begründen (zur Berechnung eines über die Warmwasserpauschale hinausgehenden Mehrbedarfs für die Kosten einer dezentralen Warmwassererzeugung vgl. LSG Hessen Urteil vom 26.10.2020 – L 9 AS 573/19; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 22.05.2019 – L 13 AS 207/18 ZVW ).

Lesetipp Redakteur: Mehrbedarf bei Durchlauferhitzer – von RA Dr. Robin von Eltz:

Unter Umständen besteht bei Verwendung eines Durchlauferhitzers oder einer Gastherme für die Warmwassererzeugung ein Anspruch auf Mehrbedarf, der über die Pauschale nach § 21 Abs. 7 SGB II hinausgeht. Dies hat das LSG Niedersachsen-Bremen am 22.05.2019 – L 13 AS 207/18 ZVW entschieden.

Bei einem 1-Personen-Haushalt sei davon auszugehen, dass knapp 1/4 des monatlichen Stromabschlags auf den Durchlauferhitzer entfalle. Liege dieser Betrag über der Pauschale nach § 21 Abs. 7 SGB II, bestehe ein zusätzlicher Anspruch auf Mehrbedarf in Höhe der Differenz.
Dies gelte nur dann ausnahmsweise nicht, wenn der Stromverbrauch des Durchlauferhitzers unangemessen hoch sei.

Rechtstipp: Gilt auch beim Bürgergeld

Berücksichtigung eines Warmwassermehrbedarfs auch bei krankhaftem Waschzwang (vgl. dazu LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 23.02.2011 – L 13 AS 90/08 -)

Dies sollte man wissen – Hinweis Redakteur. Berücksichtigung eines Warmwassermehrbedarfs, wenn dieser krankheitsbedingt 5 mal täglich 5-10 Min. duschen muss. Dies kann ohne wenn und aber auch im SGB II – allso beim Bürgergeld gelten – § 21 Abs.7 SGB II.

Was können Betroffene nun tun?

Was muss der Leistungsempfänger tun, um höhere Kosten für Nebenkosten wie Wasser, oder Strom vom Sozialleistungsträger zu bekommen?
1. Antrag bei der zuständigen Behörde stellen (Jobcenter oder Sozialhilfe ) auf Übernahme der Kosten aufgrund von Krankheitsbedingtes

2. Ein aktuelles Attest ( nicht älter wie 6 Monate – so die Rechtsprechung )) sollte dem Antrag beigefügt sein, aus diesem muss die genaue Diagnose hervor gehen. Eine ärztliche Begründung, warum der Mehrverbrauch medizinisch notwendig ist. Der Arzt sollte eine Prognose abgeben, wie lange der Krankheitszustand andauern wird – auch wenn chronisch krank, denn ebend ein Leben lang. Zur Frage Stellung beziehen, ob Alternativen bestehen.

3. Abrechnungen des Energieversorgers sollten beigefügt sein (Nebenkostenabrechnung, Stromabrechnung).

4. Bei Ablehnung des Antrags ist ein Widerspruchsverfahren möglich sowie der Klageweg zum Gericht. Ein Rechtsanwalt sollte dies übernehmen!

Das gilt zu beachten

Folgende Anspruchsgrundlagen sind zu beachten: Bei einem Mehrbedarf für erkrankungsbedingten Strommehrverbrauch zum Beispiel bei Elektrotherapie, eine Heizdecke kommt als Mehrbedarf der Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II in Betracht.

Nach dieser Vorschrift wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Hierzu können auch erhöhte Stromkosten für den krankheitsbedingt notwendigen Betrieb medizinischer Geräte gehören (vgl. von Boetticher in Münder: Lehr- und Praxiskommentar SGB II, 6. Aufl. 2017, § 21 Rn. 43 mit weiteren Nachweisen).

Unabweisbar bedeutet, dass es sich um einen unaufschiebbaren Bedarf handelt, dessen Deckung zur Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums erforderlich ist (vgl. von Boetticher in Münder: Lehr- und Praxiskommentar SGB II, 6. Aufl. 2017, § 21 Rn. 36).

Bei einem Strommehrverbrauch z. Bsp. Wegen Waschzwang oder mehrmaligem, täglichen Duschen oder Baden ist der Warmwassermehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II zu beantragen oder für die Sozialhilfe § 30 Abs. 7 SGB XII .

Bei einem zu hohen Nebenkostenverbrauch z. Bsp. Wassermehrverbrauch gilt als Anspruchsgrundlage § 22 Abs. 1 SGB II bzw. § 35 Abs. 1 SGB XII für die Sozialhilfe.

Wie kann man die erhöhten Stromkosten nachweisen?

Befindet sich in der Wohnung keine separate Messeinrichtung, können die Stromkosten durch das Gericht z. Bsp. für den Durchlauferhitzer geschätzt werden. Wenn die Pauschalen nicht ausreichend sind, um die Kosten zu decken, müssen die Gerichte die tatsächlichen Kosten ermitteln und ggf. schätzen. Diese sind dann bis zur Grenze der Angemessenheit zu übernehmen (BSG Urteil vom 07.12.17 – B 14 AS 6/17 R).

Lesetipp: Bürgergeld Mehrbedarf für Strom so beantragen, ein Beitrag von Sebastian Bertram